Goetheherz. Bernd Köstering

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Goetheherz - Bernd Köstering

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      Richard wusch sich die Hände und sah ihn über den Spiegel an. »Wie, was meinst du?«

      »Da ist etwas zwischen euch, eine Spannung, eine … Verbindung.«

      Sein Freund schüttelte den Kopf. »Manchmal nervst du. Wir waren mal zusammen.«

      »Du und Sandra Prager?« Hendrik konnte den erstaunten Tonfall nicht unterdrücken.

      »Ja, ich weiß, sie ist viel jünger als ich. Hat auch nicht lange gehalten.«

      »Hm, schade!«

      Richard lächelte. Sie gingen zurück in den Konferenzraum.

      Sandra Prager gab das Zeichen zur Fortsetzung. »Herr Dr. Wilmut?«

      »Ja, danke. Ich muss etwas ausholen und bitte Sie um ein wenig Geduld.« Er warf einen Blick in die Runde und konnte weder Zustimmung noch Ablehnung erkennen. »Goethe hatte zahlreiche Beziehungen zu Frauen. Dazu gehören jeweils verschiedene Stationen seines Lebens und damit verbundene Örtlichkeiten. Seinem Lebenslauf folgend begann es in Leipzig mit Anna Katharina Schönkopf, meistens Käthchen genannt, die Tochter des Wirts, bei dem er als Student regelmäßig sein Mittagessen einnahm. In der Nähe von Straßburg war es Friederike Brion, eine Pfarrerstocher, in Wetzlar die berühmte Lotte, in Offenbach Elisabeth Schönemann, genannt Lili, Tochter eines Frankfurter Bankiers, mit ihr war er verlobt. In Weimar hatte er zunächst die bekannte geistig-platonische Beziehung zu Charlotte von Stein. Während seiner Italienreise – ich verschone Sie mit Details …«

      »Danke!«, kam es dumpf vom Kriminaldirektor.

      »… unterhielt er in Rom Beziehungen zu der Wirtstochter Constanza Roesler und der Malerin Angelika Kauffmann. Nach seiner Rückkehr lernte er in Weimar Christiane Vulpius kennen, mit ihr teilte er Tisch und Bett und heiratete sie. In Frankfurt traf er später Marianne von Willemer, die Einzige, die ihm literarisch ebenbürtig schien, in Jena Wilhelmine Herzlieb, genannt Minchen, und zum Schluss Ulrike von Levetzow, der er in Marienbad begegnete und im Alter von 74 Jahren einen Heiratsantrag machte, den sie – 19 Jahre alt – ablehnte.«

      »Sehr ordentlich!«, meinte Sandra Prager.

      »All die Frauen, mit denen er Briefe austauschte, ohne sie persönlich zu kennen, habe ich nicht erwähnt. So, wir haben demnach neun Orte und elf Frauen. In fünf von diesen neun Orten starben kürzlich Frauen mit denselben Vornamen, das kann kein Zufall sein!« Hendrik machte eine Pause. Er blickte in erstaunte Gesichter.

      »Und was wollen Sie uns damit sagen?«, fragte der Kriminaldirektor.

      »Ich bin überzeugt, dass wir es mit einem Serienmörder zu tun haben, der Frauen als Stellvertreterinnen von Goethes Herzdamen umbringt!«

      Richard trat ihm auf den Fuß. Er drehte sich um. Was war los?

      »Soso«, sagte Sandra Prager langsam. »Sie sind also überzeugt. Das ist ja schön. Wir sind davon allerdings noch lange nicht überzeugt. Denn uns überzeugen keine literarischen Zusammenhänge, sondern Fakten. Verstehen Sie? Fakten!«

      Verdammt, er hatte es verpatzt. Dabei hatte es so gut begonnen. Richard hatte ihm eingeschärft, nur im Konjunktiv zu sprechen, und er hatte es vergessen.

      Man merkte deutlich, dass KOK Prager versuchte, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. »Herr Dr. Wilmut, Ihr Gedankenspiel – und mehr ist es für mich nicht – hat folgende Haken: Erstens stammte Friederike Brion nicht aus Straßburg, sondern aus der Nähe, aus diesem Kaff …«

      »Sessenheim«, sagte Hendrik.

      »Ja, aus Sessenheim. Das ist wie weit von Straßburg entfernt?«

      »Etwa 40 Kilometer«, antwortete Hendrik leise.

      »So! Außerdem ist bekannt, dass Serienmörder fast immer dort töten, wo sie sich sicher fühlen, oft in der Nähe ihres Wohnortes oder an einem Ort, den sie gut kennen. Zumindest in einer Gegend, in der sie die lokale Sprache beherrschen. Lernt man das noch so auf der Polizeihochschule, Pascal?«

      »Ja«, antwortete Simon.

      »Damit fallen Straßburg, Rom und Marienbad weg. Und wie schon gesagt, an der Selbsttötung von Lotte Schneider existiert kein Zweifel. Also entfällt auch Wetzlar und es bleiben insgesamt nur noch fünf Orte statt neun. Nicht mehr so überzeugend, oder?«

      Hendrik erkannte, dass er Sandra Prager unterschätzt hatte. Vielleicht fühlte sie sich angegriffen wegen des Falls Lotte Schneider. Immerhin hatte er indirekt ihre Fachkompetenz angezweifelt.

      »Und außerdem, Herr Dr. Wilmut«, schaltete sich Germer ein. »Ich habe schon mehrere Serientäter gejagt, zweimal als Leiter einer Soko. Immer gab es einen Modus Operandi, eine einheitliche oder zumindest ähnliche Vorgehensweise des Mörders. Bei unseren aktuellen Fällen haben wir eine breite Palette von Mordmethoden: professioneller Schusswaffengebrauch, heimtückischer Giftmord, profane K.-o.-Tropfen, und – falls wir Straßburg mit dazunehmen – eine Würgetechnik. Erkennt da jemand eine Systematik?«

      »Moment bitte!«, sagte Siggi. »Das ist vielleicht der richtige Zeitpunkt für die vorläufige Tathergangsanalyse, die beantwortet einiges davon.«

      Keiner widersprach.

      »Also, ich habe die mir zur Verfügung gestellten Daten der besagten vier Morde analysiert. Den Fall Lotte Schneider habe ich nicht einbezogen. Der zugrunde gelegte Ermittlungsstand entspricht dem, was wir soeben gehört haben. Die BKA-Checkliste für die Tathergangsanalyse habe ich als Arbeitsgrundlage benutzt. Dabei fand ich keine Übereinstimmung in den folgenden Punkten. Erstens: die Tötungsart. Hier sehe ich sogar ein Gegenargument, denn solch eine Diversifizierung der Tötungsmethoden, wie bereits von Herrn Germer erwähnt, wäre sehr ungewöhnlich für einen einzelnen Täter. Zweitens: der Opferfundort. Zweimal Wohnung, einmal Straße, ein Hafenbecken – keine Struktur erkennbar. Drittens: die Tatzeit. Keinerlei Übereinstimmungen. Weiterhin habe ich geprüft, ob der Täter überfallartig gehandelt hat oder die Opfer vorher kontaktierte, sie angelockt oder sogar mit ihnen Zeit verbracht hat. Dies ist nach dem derzeitigen Wissensstand nicht klar zu beantworten. Im Fall Schmidt hat er nach dem Schuss fluchtartig den Tatort verlassen, im Fall Müller wissen wir darüber nichts, ebenso wenig wie im Fall Meyer. Bei Frau Becker war der Täter im Café, das wir als erweiterten Tatort ansehen können, aber keiner weiß, wann und wie lange. In zwei Fällen ist der Leichenfundort auch der Tatort, in einem Fall nicht, in einem ist es unklar. Ebenso offen ist die Frage der Täter-Opfer-Beziehung, logischerweise, da wir bislang keinen Verdächtigen haben. Die Ermittlungsteams in Frankfurt und Weimar haben keine Beziehung der Opfer untereinander feststellen können. Damit meine ich die konkreten Opfer in der heutigen Welt, unabhängig davon, dass ihre Namensgeber alle Goethes Herzdamen waren.«

      Der Kriminaldirektor lachte.

      »Nun zu den Gemeinsamkeiten. Hier unterscheiden wir zwischen weichen und harten Faktoren. Weiche Faktoren sind meistens Ausschlussfaktoren, so können wir in allen vier Fällen sexuelle Handlungen ausschließen, genauso wie sadistische Umtriebe oder Zurschaustellung der Leiche. Weiterhin können wir ausschließen, dass der Täter Gegenstände vom Tatort – soweit dieser bekannt ist – mitgenommen hat. Das kommt bei Serienmördern vor, teils werden solche Objekte als eine Art Fetisch genutzt. Nun zu den harten Faktoren. In allen vier Fällen hat der Täter versucht, den Mord zu vertuschen. Bei Frau Müller hat er sehr viel Wert darauf gelegt, und wenn wir die Insulinpatrone nicht gefunden hätten, wäre der Mord wohl nie nachweisbar gewesen. Im Fall Schmidt gelang es ihm nicht, die Gewalttat zu vertuschen, mehr

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