Mörderisches aus Sachsen. Petra Steps

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Mörderisches aus Sachsen - Petra Steps

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zur Hand. Der tägliche Blick in die regionale Tageszeitung gehörte zu den Ritualen am Beginn ihrer Arbeitstage. Durch die Zeitung war sie schon auf manche Attraktion aufmerksam geworden, die dann später gut recherchiert Eingang ins Tourismusportal gefunden hatte.

      »Guck dir das an!« Ihre Stimme ließ Olis Alarmglocken schrillen.

      »Was gibt es? Ich hätte mich beinahe geschnitten vor Schreck. Wenn ich fertig bin mit Rasieren, komme ich zu dir.«

      Adina begann, den Artikel hastig zu überfliegen.

      »In Chemnitz hat man einen Toten gefunden.«

      »So etwas ist nicht ungewöhnlich. Was meinst du, wie oft die Feuerwehr zu Türnotöffnungen gerufen wird!«, erwiderte Oli.

      »Das glaubst du nicht!«

      »Na los, sag schon!« Olis Neugier war geweckt, obwohl er in Boxershorts und weißem Feinripphemd gerade keine klassische Beamtenfigur abgab. Der Rest Rasierschaum am Kinn störte ihn nicht, als er ins Wohnzimmer lief. Auf dem Titelblatt war ein riesiges Foto von einem Auto mit geöffnetem Kofferraum. »Das ist doch …«

      Adina ließ ihn nicht ausreden. »Genau das ist es. Das Auto der Kunstaktion in Chemnitz, über das wochenlang heiß diskutiert wurde.«

      Adina drückte Oli die Zeitung in die Hand und begab sich zum Computer. »Das muss ich mir genauer anschauen«, sagte sie und begann mit der virtuellen Suche nach Informationen.

      Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, hatte Oli die Zeitungen der letzten Tage gelesen. »Ein Mann, Mitte 40, offenbar schon tot, als er mit dem Auto in Berührung kam.«

      »Das habe ich genau so im Internet gefunden. Kein natürlicher Tod. Und das auf dem Weg zur Kulturhauptstadt und in einem Auto, das als umstrittenes Kunstwerk in der Bewerbungszeit für Schlagzeilen sorgte.«

      »Stand im Internet etwas zur Todesursache, ich meine, außer Spekulationen?«

      »Deine Kollegen scheinen sich bedeckt zu halten. Ich habe nicht herausbekommen, ob die Leiche mit im Wasser war oder erst später in den Kofferraum befördert wurde. Das Übliche: Ermittlungen nicht gefährden und so. Aber kommende Woche bin ich in Chemnitz. Da kann ich ein bisschen herumhorchen.«

      »Adina, du weißt doch: Dein Part ist das Tourismusportal, unsere Arbeit sind die Verbrechen. Wie oft soll ich dir das noch erklären? Bring dich bloß nicht wieder in Gefahr!«

      »Keine Sorge, Oli. Ich bin schon groß und kann ganz gut auf mich aufpassen. Ob der Künstler etwas damit zu tun hat?«

      »Er lebt im Ausland und ist wohl zurzeit mit einem Projekt in Schweden beschäftigt. Irgendetwas mit Schnee. Ich weiß nur, was in der Medieninformation der Polizeidirektion und in der Zeitung steht.«

      »Du bist doch am Montag im Revier. Vielleicht haben deine Kollegen mehr erfahren. Jetzt lass uns fix einkaufen und etwas kochen. Worauf hast du Appetit?«

      »Buttermilchgetzen oder etwas anderes Regionales. Aber einkaufen, nee, null Bock. Komm, lass uns essen gehen. Ich lade dich ein. Oben im Restaurant Zum Türmer oder am Markt im Neinerlaa? Ich mag beides.«

      »Das Neinerlaa ist nicht so weit.« Oli musste lachen. Die erzgebirgische Aussprache des traditionellen Weihnachtsgerichtes, nach dem das Restaurant im Rathaus benannt war, beherrschte Adina noch immer nicht. Diesen A-Laut brachten nur Sachsen richtig heraus. Berliner hatten da keine Chance. Dafür reichten nicht einmal Adinas Chemnitzer Wurzeln.

      »Du willst wegen des Schnees nicht so weit laufen, stimmt’s? Mir ist erst in Berlin aufgefallen, was ich dir mit der sibirischen Kälte hier zumute.«

      »Naja, ich habe schon ein wenig Angst vor dem Alleinsein, wenn du in Dresden bist. So ganz ohne Wärmflasche am Nordpol!«

      »Soll ich dir fix noch eine besorgen? Vorn in der Apotheke? Was möchtest du? Ein Krokodil, einen Yogi-Bär, eine Ente?«

      »Ich hatte mehr an etwas Zweibeiniges gedacht.«

      »Fremde Männer kommen mir nicht ins Haus, meine liebe Adina! Im rechten Schrankteil unten sind Kuscheldecken, die Heizung kann man höher drehen. Und hol dir einfach einen Schlafanzug. Die Negligés sehen zwar schön aus, aber sie wärmen nicht. Und wenn ich eh nicht da bin, musst du auch nicht schön aussehen!«

      Adina verdrehte die Augen. »Männer-Egoismus? Ich brauche das für mich persönlich! Aber du hast recht. Vielleicht finde ich einen Schlafanzug, der meinen Ansprüchen genügt und erzgebirgskonform ist. Ich werde es zumindest versuchen.«

      Obwohl beide neugierig auf ihre neuen Aufgaben waren, durchzog Olis Wohnung am Wochenende eher ein Hauch von Trägheit. Nach und nach wurde klar, dass ihre sehr junge Beziehung einer ersten Belastungsprobe entgegenging. Adina wusch Wäsche. Oli begann, seine Reisetasche zu packen.

      »Wo wirst du in Dresden wohnen?«

      »Die Polizei hat ein paar kleine Apartments in der Neustadt. Ich werde eines davon beziehen. Ich denke, es ist Platz für dich, wenn du in der Nähe zu tun hast. Zumindest, wenn du allein unterwegs bis. Mit Mia oder einer anderen Begleitung im Gefolge wird es schwierig. Und am Wochenende bin ich wieder da. Wir schaukeln das schon. Es ist ja nicht für immer.«

      Den Montag verbrachte Adina am Computer. Sie plante drei Tage in Chemnitz. Am Freitag stand die Aufarbeitung der gewonnenen Erkenntnisse am Computer an. Dann würde sie sehen, ob sie mehr Zeit brauchte. Sie schrieb eine E-Mail an die Jüdische Gemeinde, um ein Treffen zu vereinbaren. Bei ihrem ersten Besuch im Jahr zuvor war dafür keine Zeit gewesen. Inzwischen rannte ihr die Zeit davon, denn lange würde es nicht mehr dauern, und sie fände keine Bekannten ihrer Urgroßmutter mehr.

      Dann erklärte sie dem Team vom Kulturhauptstadtbüro, was sie nach Chemnitz trieb, und fragte nach einem Treffen für ein Gespräch. Der Termin am Dienstagnachmittag war perfekt. Vorher wollte sie in die Kunstsammlungen gehen.

      Die Antwort von der Jüdischen Gemeinde traf schnell ein. »Sicher erinnern wir uns an Sie und den merkwürdigen Mann mit seinem Verfolgungswahn. Sie können sich am Mittwochvormittag mit Frau Rosenkranz treffen. Sie kannte Ihre Urgroßmutter und kann Ihnen etwas von ihr erzählen. Außerdem habe ich unseren Historiker angefragt. Er forscht seit vielen Jahren zu den Spuren jüdischer Geschichte in Chemnitz und hat die Ergebnisse für ein Buch zusammengetragen. Wir suchen zurzeit nach Sponsoren, um es drucken zu lassen.« Auch der Besuch des Jüdischen Friedhofes wurde bestätigt. Im Abspann der Mail fand Adina die Kontaktdaten und die Adresse der Frau, die sie bei sich zu Hause zum Gespräch erwartete. Sie verfasste eine Bestätigung und schickte sie mit einem Klick nach Chemnitz. Für den Abend hatte sie sich im Schalom einen Platz reservieren lassen. »Wir freuen uns«, hatte Uwe vom Team kurz und bündig geantwortet.

      Oli war noch einmal im Annaberger Revier gewesen. Er kehrte am frühen Nachmittag zurück, um die restlichen Sachen einzupacken. Am Dienstag wollte er früh zeitig nach Dresden aufbrechen.

      »Und?«, fragte Adina nach dem Begrüßungskuss.

      »Lass mich erst einmal ankommen. Es gibt ein Amtshilfeersuchen.«

      »Amts-hil-fe-er-su-ch-en.« Adina zog die Silben des Wortes weit auseinander. »Wer denkt sich solche Wörter aus?«

      »Willst du etwas über den Toten in Chemnitz wissen oder dich mit mir über Fachbegriffe streiten? Das heißt eben so. Wir können nicht einfach ins Ausland fahren und dort ermitteln. Außerdem darf

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