Operation Werwolf - Fememord. Uwe Klausner
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Operation Werwolf - Fememord - Uwe Klausner страница 4
»Wollen Sie damit sagen, bei Jakubeit könne es sich um den Wer…«
»Zum Mitschreiben, Frau Mentzel«, gab Sydow mit einem Maximum an Selbstbeherrschung zurück und steuerte auf das geräumige Arbeitszimmer zu. »Der Fall geht nur mich und die Kollegen etwas an. Also dann, auf ein Neues: Was genau können Sie über Ihren ehemaligen Mieter sagen?«
Der Rumpf der Befragten straffte sich, und um nur ja nichts zu verpassen, folgte sie Sydow auf dem Fuß. »Nun ja, wenn Sie mich so fragen: Ein bisschen komisch war er schon.«
»Inwiefern?«
»Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Kommissar«, warf die Verwalterin beschwichtigend ein, während Sydow einen Blick aus dem Fenster warf. Geduld zählte nicht zu seinen Stärken, vor allem dann nicht, wenn er das Gefühl hatte, die Zeit laufe ihm davon. Jede Minute, die nutzlos verstrich, vergrößerte die Gefahr, dass es noch mehr Tote gab. Und was das Schicksal von Elsa Bruckmann betraf, da ließ ihn sein Vorstellungsvermögen im Stich. Was geschähe, wenn der Werwolf freie Bahn haben würde, das konnte – und wollte – er sich lieber nicht vor Augen führen. »Was soll ich sagen, der Mann wusste sich zu benehmen.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Er hat jeden gegrüßt, war höflich, freundlich, gebildet, zuvorkommend, gepflegt, gut gekleidet, verlässlich und außerordentlich reinlich, um nicht zu sagen penibel.«
»Wo genau, werte Frau Mentzel, liegt dann das Problem?«, fragte Sydow, der wahrlich Besseres zu tun hatte, als der Angesprochenen die Würmer aus der Nase zu ziehen. »Hört sich doch nicht schlecht an, oder?«
»Worin das Problem liegt, fragen Sie?« Die Augen zu einem hauchdünnen Spalt verengt, baute sich die Concierge vor Sydow auf. »Zum einen darin, dass er und mein Mann sich nicht ausstehen können. Ich sag Ihnen eins: Wenn die sich über den Weg laufen, dann liegt Ärger in der Luft.«
»Und warum ist das so?«
Die Aufwartefrau hob fragend die Schultern. »Keine Ahnung. Die können sich halt nicht riechen, und damit fertig. Kommt ja wohl in den besten Kreisen vor.«
»Mag sein.«
»Ist so, das wissen Sie so gut wie ich. Ich will ja nichts sagen, aber so ganz ohne ist dieser Jakubeit ja nicht. Und wer weiß, vielleicht hat mein Egon sogar Recht. Mit dem halbseidenen Spanner stimmt was nicht, hat er gesagt – gleich am Anfang, beim Einzug. Trifft ja wohl auch zu, oder?«
Sydow vermied es, auf die Frage einzugehen. »Und wie kam Ihr Göttergatte darauf?«
»Ich weiß nicht, wenn er einen so angeschaut hat, dann … Also, dann wurde einem richtig mulmig. Zumindest den Frauen, wenn ich das mal so sagen darf. Die hat er begafft, als ob er sie mit seinen Blicken ausziehen wollte.«
»Und auch belästigt?«
Die Concierge wehrte lächelnd ab. »Ach woher, der doch nicht! Dafür war er zu verklemmt. Und auch zu feige, wenn Sie es genau wissen wollen. Einen auf Casanova zu machen, das hätte er sich nie und nimmer getraut.«
Im Begriff, etwas zu erwidern, behielt Sydow die Replik für sich.
Ganz anders Erna Mentzel, die mit fortschreitender Dauer immer redseliger wurde: »Hängt wahrscheinlich mit seiner Prothese zusammen, im Grunde tat er mir ja leid. War halt ein Eigenbrötler, was soll’s. Aber so ist das nun mal, leider Gottes. Da arbeitest du als Ingenieur bei Siemens, musst nicht zum Barras, weil es ohne dich nicht geht, brauchst deinen Kopf nicht hinzuhalten und scheffelst Kohle bis zum Abwinken – und dann so etwas.«
Raffiniert.
Auf die Idee, der Werwolf könne sich eine falsche Identität zugelegt haben, wäre Sydow nicht gekommen.
Und dies mit beträchtlichem Erfolg, wie der Rapport der wachsamen Hausverwalterin bewies. »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Frau Mentzel.«
»Er hat seine Hand in eine Stanzmaschine gekriegt, haben Sie das nicht gewusst?«
»Nein, woher sollte ich«, gab Sydow scheinbar desinteressiert zurück und ließ den Blick durch das mit allen Schikanen eingerichtete Studierzimmer schweifen, bei dessen Anblick er sich in das Allerheiligste seines alten Herrn versetzt fühlte. »Leider sind wir bei der Kripo nicht allwissend, sonst ginge uns die Arbeit leichter von der Hand.«
Wie sich die Bilder doch glichen. Hier wie da, sowohl im Arbeitszimmer seines Vaters als auch in dem mit Stilmöbeln ausstaffierten Refugium eines Justizbeamten im gehobenen Dienst, herrschte eine geradezu penible Ordnung. Um dem Benutzer den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, war an nichts gespart worden, schon gar nicht am erlesenen Mobiliar. Allein der Schreibtisch aus Mahagoni musste ein Vermögen verschlungen haben, von den Persern und Tapisserien nicht zu reden. »So gut kenne ich den Herrn ja auch nicht – noch nicht.«
»Wie gewonnen, so zerronnen – mehr fällt mir dazu nicht ein.«
Sydow stutzte.
Und musste die Frage, die ihm auf der Zunge lag, erst gar nicht stellen. »So eine Wohnung wie hier ist nicht billig, machen Sie sich bloß keine falschen Vorstellungen. Und noch etwas, falls Sie es nicht gemerkt haben: In unserem Viertel geht es anders als im Wedding zu. Nämlich anständig, falls Sie verstehen, was ich damit zum Ausdruck bringen will. Schauen Sie doch mal kurz auf die Namensschilder, und dann erübrigen sich weitere Fragen. Im Parterre wohnt ein Kardiologe, gegenüber ein Prokurist mit seiner Frau, im ersten Stock ein Privatgelehrter und ein Schalterbeamter bei der Dresdner Bank, beide verheiratet, wie es sich gehört, hier oben ein lediger Justizoberrat und in der Wohnung vis-à-vis ein Juwelier samt dreiköpfiger Familie.«
»Und was will uns die Aufzählung von Hochkarätern sagen?«
»Dass diejenigen, die hier wohnen, nicht darben müssen«, versetzte die Hüterin der Moral in harschem Ton, reckte das Kinn und ergänzte: »Und dass ich nicht verstehen kann, wie jemand wie Jakubeit, wir reden hier von einem gelernten Ingenieur, so tief sinken kann.«
»Wenn wir gerade dabei sind, nur so aus Interesse: Wie viel würde mich die Wohnung kosten?«
Die Verwalterin lächelte spitz. »Ich weiß ja nicht, was Sie auf der hohen Kante haben, Herr Kommissar, aber …«
»Viel zu wenig, reden wir nicht darüber.«
»Aber um Ihre Frage zu beantworten: Mit 320 Mark sind Sie dabei. Kaltmiete, versteht sich.«
Sydow pfiff überrascht durch die Zähne. »Ordentlich Holz, so schön wollte ich es haben.«
»Qualität hat eben ihren Preis. 102 Quadratmeter, Flur mit 13 Metern Länge, im Ganzen vier Zimmer, drei davon zur Straße, dazu Küche, Bad und Speisekammer. Telefonanschluss inbegriffen. Wenn man das nötige Kleingeld hat, um es sich gemütlich zu machen – warum nicht!«
»Was bei Herrn Jakubeit der Fall gewesen zu sein scheint. Zumindest zeitweise.«
»Sagen wir mal so, er hatte es in der Hand. Keine Familie, guter Beruf, Geld wie Heu. Mit einem Wort, der Mann hatte ausgesorgt.«
»Sollte man meinen.« Mit Blick auf den Schreibsekretär, ein wahres Kleinod aus der Belle Époque, hielt Sydow abwartend inne. »Ganz schön teuer, so ein Ding,