Tod zum Viehscheid. Mia C. Brunner
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Читать онлайн книгу Tod zum Viehscheid - Mia C. Brunner страница 13
»Ich dachte, Sylvia sei auf einer Fortbildung?«
»Hat Thomas das erzählt? Der arme Junge. In seiner Ehe kriselt es gerade. Umso wichtiger ist es, dass beruflich alles gut läuft, hab ich recht?« Sie prostete Jessica erneut zu und leerte ihr Glas in einem Zug.
*
»Das war wirklich ein netter Abend«, rief Florian laut, zog sein T-Shirt aus und warf es achtlos auf den Holzstuhl, der in der Zimmerecke stand. »Aber jetzt mal ehrlich. Da bekommt der Glasinger eine Auszeichnung für seine sogenannte Einbruchspräventionsaktion und ich nicht einmal ein freundliches Schulterklopfen. Immerhin kläre ich Morde auf und stehe nicht an einem Infostand, quatsche den ganzen Tag Passanten an und verkaufe Sicherheitssysteme.«
»Är vakaft nöfts«, nuschelte Jessica mit der Zahnbürste und jeder Menge Schaum im Mund. Sie kam aus dem Badezimmer herübergelaufen und blieb in der Schlafzimmertür stehen. »Är barät. Du bichd doch nua neidich.«
»Ich verstehe kein einziges Wort«, lachte Florian. »Ich hätte eben auch gern mal eine Urkunde für gute Leistungen. Und eine Sekretärin!«
Jessica drehte sich um und ging zurück ins Bad. Er hörte Wasser ins Waschbecken laufen.
»Zugegebenermaßen sind die Zahlen, die Götze in seiner Rede vorgetragen hat, wirklich beeindruckend. Thomas’ Arbeit hat tatsächlich Auswirkungen auf die Einbruchsstatistiken im gesamten Allgäu. Nach nur zwei Jahren eine derartige Verbesserung vorzuweisen, ist durchaus lobenswert.« Florian seufzte theatralisch. »Da werde ich mich wohl noch mehr anstrengen müssen.«
»Beruflich oder privat?« Jessica kam zurück ins Schlafzimmer und entkleidete sich ebenfalls.
»Beruflich natürlich.« Er sah sie durchdringend an. »Privat läuft doch alles super.« Da sie nicht reagierte, hakte er verunsichert nach. »Oder?«
»Hast du gewusst, dass Thomas seiner Sylvia vor zwei Jahren einen ganz romantischen Heiratsantrag gemacht hat?« Jessica wirkte abwesend, als würde sie die Worte mehr zur Bestätigung ihrer eigenen Gedanken laut aussprechen. »Er hat sich damals überwunden und ist mit ihr zum Fallschirmspringen gegangen. Du weißt, wie sehr Sylvia dieses Hobby liebt. Für Thomas ist das eigentlich gar nichts.«
»Du findest einen Heiratsantrag während eines Fallschirmsprungs romantisch?«
»Die beiden sind eigentlich ein absolutes Traumpaar.« Sie ignorierte seine Worte und sinnierte weiter: »Was da wohl passiert ist, dass die Ehe jetzt auf der Kippe steht?«
»Wärst du bitte so freundlich, mir meine Frage zu beantworten?« Florian ging um das Bett herum und blieb direkt vor Jessica stehen.
»Entschuldige bitte. Was hast du gefragt? Ich habe nicht zugehört.«
»Rein aus Neugier – nicht, dass ich etwas geplant hätte«, begann er und räusperte sich. »Müsste ein Heiratsantrag für dich … ähm … abenteuerlich oder gefährlich sein wie zum Beispiel Fallschirmspringen?«
Jessica zögerte, setzte sich aufs Bett und zog ihre Socken aus. Florian konnte nicht ergründen, ob sie nachdachte, irritiert war oder angestrengt versuchte, nicht laut zu lachen.
»So ein Quatsch«, sagte sie nach einer Weile, ohne ihn anzusehen. »Aber da ich noch nie den Wunsch verspürt habe, zu heiraten, kann ich diese Frage nicht adäquat beantworten. Wie du vorhin gesagt hast: Es läuft super zwischen uns. Daran sollten wir nichts ändern.«
*
»Das hast du wirklich gesagt?« Paula war entsetzt und beeindruckt zugleich. »Danach war der Abend sicher gelaufen.« Nach vielen Monaten Therapie und einem sechswöchigen Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung war Jessicas beste Freundin Paula zwar noch nicht ganz die Alte, aber immerhin konnte sie endlich wieder unter Leute gehen. Die Dinge, die sie erlebt hatte, die Todesängste, die sie ausgestanden hatte, waren alles andere als leicht zu verarbeiten. Sie war über einen Monat Gefangene eines Serienmörders und Psychopathen gewesen. Seit ein paar Wochen trafen Paula und Jessica sich regelmäßig in einer gemütlichen Gastwirtschaft. Ein kleiner Erfolg auf dem langen Weg der Genesung, der noch vor Paula lag.
Jessica grinste.
Paula schüttelte lachend den Kopf. »Du willst nicht ernsthaft behaupten, dass nach deiner rüden Abfuhr noch etwas lief? Ich weiß, du redest nicht gern über Sex, aber wie …« Paula griff nach den Händen ihrer Freundin, kam mit ihrem Gesicht Jessicas ganz nah und sah sie eindringlich an. »Wie hast du ihn … überzeugt?«, flüsterte sie ehrfurchtsvoll.
Jessicas Grinsen wurde immer breiter. »Er ist nach meinem Satz mit hängenden Schultern zurück auf seine Bettseite geschlurft und hat sich wortlos hingelegt.«
»Und?«
»Ich habe einen Zettel aus meiner Nachttischschublade geholt, habe ›Urkunde‹ und noch ein bisschen was draufgeschrieben und ihm den Zettel gegeben. Er wollte doch unbedingt eine haben.«
»Okay. Und dann?«
»Dann habe ich ihm den Zettel wieder weggenommen.«
Paula seufzte. »Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
»Auf dem Zettel stand: ›Urkunde für Florian, den besten Liebhaber des gesamten Allgäus‹. Ich habe ihm gesagt, wenn er diese Auszeichnung will, muss er mich überzeugen, dass er sie verdient hat.«
Paula brach in schallendes Gelächter aus. »Herrje, von dir kann sogar ich noch etwas lernen. Und ich dachte immer, du willst ihn auch heiraten.«
»Klar will ich«, sagte Jessica zur Verwunderung ihrer Freundin Paula. »Florian versucht schon seit Wochen, mir einen Antrag zu machen. Aus meiner Sicht war eigentlich klar, dass wir heiraten. Mein Verlobungsring war, wie du weißt, im letzten Jahr in einen Mordfall verwickelt. Jetzt denkt Florian wohl, er müsse mich noch einmal richtig fragen, mit allem Drum und Dran. Ich will ihm den Spaß nicht verderben, verstehst du?«
»Ja, das verstehe ich«, sagte Paula und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Aber ob er sich nach dieser Abfuhr noch traut, dich zu fragen?«
»Klar, er ist doch kein Feigling.« Jessicas Blick fiel auf einen Mann am Tresen, der sich mit einem zweiten Mann unterhielt. »Das ist ja ein Ding«, brachte sie heraus, griff nach ihrem Glas und trank einen großen Schluck Wein. »Die beiden da hinten kenne ich. Ich hatte keine Ahnung, dass die gute Bekannte zu sein scheinen.«
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