Jahrbuch der Akademie CPH - Anregungen und Antworten. Группа авторов
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1 Überarbeitete Fassung eines Vortrags zur Eröffnung der Ausstellung im Caritas-Pirkheimer-Haus in Nürnberg am 18. 11. 2010.
1 Vortrag auf der „Internationalen Konferenz zur Lage der Menschenrechte in der Republik Guinea“, gehalten am 2. Oktober 2010 in Nürnberg.
1 Überarbeiete Fassung des gleichnamigen Vortrages in der Akademie CPH.
1 Vortrag auf der „Internationalen Konferenz zur Lage der Menschenrechte in Guinea. Ein Jahr nach dem ‚Blutigen Montag‘ vom 28. September 2009“ (Nürnberg, 2. Oktober 2010).
Matthias S. Fifka
Scientology in Deutschland und den USA
Die unterschiedliche Wahrnehmung und Behandlung einer kontroversen Organisation1
Es ist still geworden um Scientology in Deutschland. Lediglich wenn prominente Mitglieder wie Tom Cruise oder John Travolta in einer Talkshow auftreten oder ein Spielfilm ausgestrahlt wird, der sich des Themas annimmt, steigt für kurze Zeit das Interesse der Öffentlichkeit. Anders verhielt es sich in den 90er Jahren, als ununterbrochen von den deutschen Medien – zumeist sehr negativ – über Scientology berichtet wurde und sich nahezu eine hysterische, kollektive Angst gegenüber der Organisation2 herausbildete. Der Religionswissenschaftler Hubert Seiwert befand in diesem Kontext treffend, dass Scientology in jenem Jahrzehnt wahrgenommen wurde „als ernsthafte Bedrohung für die innere Sicherheit und als sonderbare, aber mächtige Vereinigung, die ihre Mitglieder in ferngesteuerte Zombies verwandelte.“3
Der öffentlichen Meinung folgend ergriff auch die Politik Maßnahmen gegen die als subversiv eingeschätzte Organisation. 1997 befand die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren, dass „tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“4 vorlägen. Scientology wurde unter Beobachtung des Verfassungsschutzes gestellt, was in den USA große Empörung hervorrief. Das US-Außenministerium kritisierte in seinem International Religious Freedom Report das als Einschränkung der Religionsfreiheit perzipierte Vorgehen. Scientology selbst initiierte – auch mit Unterstützung zahlreicher prominenter Nicht-Scientologen – eine Anzeigenkampagne gegen das Vorgehen der deutschen Behörden. So wurde im International Harald Tribune eine Anzeige unter dem Titel „An Open Letter to Helmut Kohl“ geschaltet, in dem die Behandlung der Scientologen in Deutschland mit der Verfolgung der Juden während der nationalsozialistischen Herrschaft verglichen wurde:
„In the 1930s, it was the Jews. Today it is the Scientologists […] And – like the book burning of the 1930s – your party organized boycotts (Anmerkung: Die Junge Union hatte Boykottaufrufe gegen den Film „Mission Impossible“ mit Tom Cruise gestartet.). […] We implore you to bring an end to this shameful pattern of organized persecution. It is a disgrace to the German nation.“5
Bereits hier wird eine grundsätzlich andere Wahrnehmung und Behandlung Scientologys auf beiden Seiten des Atlantiks deutlich. Doch wie äußeren sich diese Unterschiede konkret und welche Ursachen können für den gänzlich anderen Umgang mit der Organisation ausgemacht werden? Diesen zentralen Fragen soll sich der folgende Beitrag annehmen. Bevor sie näher erörtert werden, wird jedoch zunächst ein kurzer einführender Überblick über die Entstehung und Glaubensinhalte Scientologys gegeben.6
Scientology – Entstehung und Glaubensinhalte
Die Entstehung und das Wesen Scientologys ist untrennbar mit der Person L. Ron Hubbards verbunden, der nicht nur ihr Gründer ist, sondern bis heute auch als geistiger „Übervater“ der Scientologen gesehen werden kann. Er wurde am 13. März 1911 in Nebraska geboren und begann im Jahr 1930 mit einem Studium des Ingenieurwesens in Washington, D. C. Ob er dieses jemals erfolgreich zu Ende gebracht hat, ist ungewiss und die Quellen gehen hier auseinander. Während Scientology selbst von einem erfolgreichen Abschluss spricht,7 schreiben andere Autoren, Hubbard hätte die Universität ohne einen solchen verlassen.8 Diese Anekdote soll zeigen, dass die wissenschaftliche Annäherung an Hubbard und Scientology aufgrund divergierender Quellen teilweise ein schwieriges Unterfangen darstellt.
Unumstritten ist, dass sich Hubbard zwischen 1933 und 1950 mit durchaus großem Erfolg als Schriftsteller betätigte und Erzählungen, Drehbücher und Science-Fiction-Romane schrieb. Darunter war das 1950 erstmals erschienene Werk Dianetics – The Modern Science of Mental Health, das Erkenntnisse und Methoden beinhaltet, auf die Scientology unter anderem gründet, und bis heute einen elementaren Bestandteil der Basisliteratur eines jeden Scientologen darstellt. Wie der Buchtitel verrät, handelt es sich dabei um einen Ratgeber, der psychologische Hilfe anbietet. Der Begriff der „Dianetik“ ist einer von vielen von Hubbard geschaffener Kunstbegriffen. Er setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern „dia“, was „durch“ bedeutet, und „nous“, was mit „Seele“ übersetzt werden kann, und wird von Scientology selbst mit dem Satz beschrieben: „Was die Seele dem Körper via den Verstand antut.“9 Allerdings stieß die Dianetik auf Widerstand unter Medizinern und wurde von der amerikanischen Ärztevereinigung American Medical Association als nicht wissenschaftlich fundierte Methode kritisiert, deren Psychiatriemethoden zu schweren Schäden führen könnten.10
Aufgrund dieser Schwierigkeiten entschied sich Hubbard, die Dianetik religiös auszurichten, und gründete im Jahr 1952 einen Scientologen-Verband (Hubbard Association of Scientologists) und ein Jahr später die Church of Scientology.11 Der Kunstbegriff „Scientology“ setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort „scire“ (wissen) und dem griechischen „logos“ (u. a. Wort, Rede) und wird von Scientology selbst verstanden als „Wissen über das Wissen.“12 Im Jahr 1954 etablierten Anhänger Hubbards die erste lokale Scientology-Kirche, Church of Scientology of Los Angeles, ehe er selbst im Jahr 1955 die offizielle Gründungskirche der Scientologen (Founding Church of Scientology) in Washington, D. C. ins Leben rief.13
Von diesem Zeitpunkt an betrieb Hubbard auch die internationale Expansion Scientologys, die zunächst in den angelsächsischen Ländern, später aber weltweit erfolgte. Sie war begleitet von zahlreichen rechtlichen Auseinandersetzungen und Verbotsverfahren, kann aber insgesamt – auch über Hubbards Tod im Jahr 1986 hinaus – als erfolgreich beurteilt werden. Scientology selbst gibt an, heute über etwa 3000 Einrichtungen in ca. 120 Ländern zu verfügen.14 Die erwähnten juristischen Konflikte drehten sich zumeist um die rechtliche Einstufung Scientologys und die Frage nach dem religiösen und gemeinnützigen Charakter der Organisation. Äußerst uneinheitlich sind dabei die jeweiligen nationalen Positionen. Während z. B. in Deutschland, Belgien, Frankreich, Irland, Israel, Luxemburg und Mexiko die Anerkennung als Religionsgemeinschaft zumeist verweigert wird, hat Scientology in Österreich, Schweden, Kroatien, Ungarn, Slowenien und den USA, aber auch in traditionell streng katholischen Ländern wie Spanien, Portugal und Italien den Status einer Religionsgemeinschaft zugesprochen bekommen.
(Bildnachweis: Matthias Fifka)
Die vor allem in Deutschland anzutreffende Klassifizierung von