Jahrbuch der Akademie CPH - Anregungen und Antworten. Группа авторов
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Thomas Antkowiak im Gespräch vor einem Original Käfig aus Hongkong. Ausstellungseröffnung „Cage People“ im Caritas-Pirckheimer-Haus am 18.11.2010, Bildernachweis: Pressestelle Kath. Stadtkirche Nürnberg – Elke Pilkenroth
Chung Yuk-chun hat in ihrem Käfig viele Fotos von Buddha angebracht. Das hilft der alten Frau, ihren Lebensmut nicht völlig zu verlieren. Jeden Morgen beim Aufwachen betet sie eines der Grundgebete des Buddhismus: dass alle fühlenden Wesen von ihrem Leid erlöst werden mögen.
Mit Hilfe von SoCO hat Chung Yuk-chun inzwischen tatsächlich eine Sozialwohnung bekommen. Nach über 35 Jahren im Käfig tut sie sich schwer, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Und noch ist sie nicht ganz geheilt von den Depressionen, die sie immer wieder einholen. Doch sie hält Kontakt nach außen und hilft nun selbst denjenigen, die den Sprung in ein menschenwürdiges Zuhause noch nicht geschafft haben. Auch sie sollen den Mut nicht verlieren.
Lee Cheung ist 71 Jahre alt. Er hat sich an das Leben im Käfig und an die, die dieses Schicksal schon viele Jahre mit ihm teilen, so sehr gewöhnt, dass er sich etwas anderes nicht mehr vorstellen kann und will. Eine staatliche Rente erhält er nicht. Er lebt von dem wenigen Ersparten, das er als selbständiger Dreirad-Fahrer in Hongkong zurücklegen konnte. Und als Gelegenheitsarbeiter verdient er sich seit seiner Pensionierung vor drei Jahren immer mal wieder ein paar Euro dazu. Die spart er – für seine Beerdigung. Es ist sein fester Wille, in Würde von dieser Welt zu gehen.
Ho Tim ist zum Zeitpunkt der Aufnahme erst 41 Jahre alt. Seine Frau und seine Kinder leben noch auf dem chinesischen Festland. Eine Zeit lang arbeitete er in der Küche eines der vielen Restaurants in Hongkong. Doch dann löste sich die Netzhaut von seinem rechten Auge ab. Geld für einen Arzt hatte er nicht. So verlor er durch die Krankheit seinen Job. Seitdem wohnt er in einem Verschlag – ohne Fenster, direkt gegenüber der sogenannten Küche. Überall riecht es nach Gas. Ho Tim teilt sich die Etage mit 24 anderen Bewohnern. Sieben Ventilatoren hat er in seinem Mini-Zuhause installiert. Sonst sind die Hitze und die stickige Luft im Sommer nicht auszuhalten. „Für mich sieht das hier eher aus wie ein Sarg, nicht wie ein Zuhause,“ sagt er.
Joan und Jason mit ihren beiden Kindern haben es inzwischen geschafft: Sie konnten – auch mit Hilfe von SoCO – in eine Sozialwohnung umziehen. Und Jason hat eine Arbeit gefunden, bei der er genug verdient, um die Familie zu ernähren. Joan arbeitet stundenweise. Und das wichtigste für die beiden: die Kinder gehen zur Schule.
Jedes Jahr hilft SoCO Tausenden Menschen, dem Leben im Käfig zu entkommen. Inzwischen ist die Zahl der Käfigheimbewohner von etwa 270000 in den 1980er Jahren auf 100000 gesunken. Neben der Hilfe für einzelne Menschen und Familien ist es SoCO auch gelungen, strukturelle Veränderungen durchzusetzen. So sind die Auflagen für das Betreiben von Käfigheimen inzwischen strenger. Das mag Außenstehenden nicht als Erfolg erscheinen, für die Menschen, die unter diesen Bedingungen leben müssen, bringt es jedoch große Erleichterung, wenn beispielsweise aus Sicherheitsgründen inzwischen nur noch zweistöckige, statt wie früher dreistöckige Käfigbetten erlaubt sind. Und seit 1985 können nun endlich auch Alleinstehende und alte Menschen einen Antrag auf eine kleine Ein-Raum-Sozialwohnung stellen. Der Kreis derer, die überhaupt eine Chance haben, dem Käfig zu entkommen, ist damit erheblich erweitert worden. Auch das ist ein Erfolg von SoCO.
Und mehr noch als das: Einen großen Teil der Zeit verbringen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von SoCO bei und mit den „Käfigmenschen“ selbst. Das Mitgefühl, die Offenheit und die Akzeptanz, mit denen sie ihnen begegnen, geben ihnen das Gefühl der eigenen, unveräußerlichen Menschenwürde zurück. So haben diese Menschen auch den Mut gefunden, die in der Ausstellung gezeigten Fotos aufnehmen zu lassen und öffentlich über ihr Schicksal zu sprechen. SoCO unterstützt und ermutigt sie, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen und für ihre Rechte beharrlich einzustehen.
Nur dort, wo die Menschenrechte geachtet, geschützt und gefördert werden, kann auch Entwicklung stattfinden. Die Bekämpfung der Armut, der Kampf gegen „Hunger und Krankheit in der Welt“ ist in vielen Fällen nichts anderes als konkrete Menschenrechtsarbeit. Auch in Armut lebende Menschen haben Rechte, einschließlich des Rechts auf einen menschenwürdigen Platz zum Wohnen.
„Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Lebenshaltung, die seine und seiner Familie Gesundheit und Wohlbefinden, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztlicher Betreuung und der notwendigen Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet“ – so heißt es in Artikel 25 Absatz 1 der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“.
Mit der Ausstellung „Daheim auf zwei Quadratmetern – Vom Leben im Käfig“ will Misereor einen Beitrag dazu leisten, dass dieses Menschenrecht Wirklichkeit werden kann – Wirklichkeit für rund 80 000 Erwachsene und 20 000 Kinder in Hongkong, die in Käfigen und Verschlägen von etwa 2 qm Größe nach wie vor unter unsäglichen Bedingungen leben müssen. Daran wollen wir und daran können wir etwas ändern.
Die Käfigmenschen von Hongkong sind stolz darauf, dass ihr Schicksal nun im Rahmen der Ausstellung auch in Deutschland Aufmerksamkeit erlangt. Es gibt ihnen Mut und Hoffnung, zu wissen, dass sie nicht allein gelassen sind.
Internationale Aufmerksamkeit und Solidarität können mehr als ein Zeichen setzen. Sie können helfen, für viele tausend Menschen in Hongkong ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.
Wolfgang Bährle
Zur Lage der Menschenrechte in der Republik Guinea 1
Die Republik Guinea ist sehr reich an Bodenschätzen. Wissenschaftler sprechen von einer geologischen Sensation. Eine makroökonomische Studie durch ein europäisch-amerikanisches Konsortium ergab einen Lebensstandard auf dem Niveau von Kuwait, wenn die Ressourcen vernünftig genutzt werden. Tatsächlich sind die derzeitigen Lebensverhältnisse jedoch katastrophal.
Die Menschenrechte definieren sich nicht nur als das Recht des Menschen auf bürgerliche und politische, sondern auch auf den Bereich der sozialen Rechte. Gerade die sozialen Rechte sind es, die die Bürger eines Landes als eine Errungenschaft oder aber als den größten Rechtsmangel wahrnehmen.
Die Bevölkerung Guineas hat in Folge dessen ein Recht auf sauberes Trinkwasser, ein Recht auf Bildung, ein Recht auf bestmögliche medizinische Versorgung, ein Recht auf soziale Absicherung, ein Recht auf elektrischen Strom, ein Recht auf funktionierende Kommunikationssysteme, kurz gesagt, ein Recht auf den Nutzen des vorhandenen Reichtums zum eigenen Wohle.
Wenn man die Situation Guineas objektiv analysiert, so kommt man zu dem Resultat, dass unter Beibehaltung der vorhandenen Wirtschaftsstrukturen Guinea niemals in der Lage sein wird, diese Rechte den Bürgern zu gewähren. In Anbetracht dieser Erkenntnis hat S. E. Präsident Lansana Conté dem Präsidenten des Wirtschafts- und Sozialrates, Michel Kamano, den Auftrag erteilt, ein alternatives Konzept zu den vorhandenen ökonomischen Strukturen zu entwickeln, welches es dem Lande ermöglicht, sich auf allen vorgenannten Bereichen zu entwickeln und den Anschluss an die Weltwirtschaft zu erreichen.