Artgerechte Partnerhaltung. Das Geheimnis glücklicher und beständiger Liebe. Andreas Winter
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Dabei ist das Geheimnis der harmonischen Partnerschaft und Liebe eigentlich längst bekannt – und gar nicht so schwierig.
Ich erinnere mich noch sehr gut, wie die zwölfjährige Heike sich heulend ihrer Freundin Petra anvertraute und untröstlich darüber war, dass ihr Freund Arne sie offenbar nicht genug liebte. Er hätte nie Zeit für sie, träfe sich lieber mit seinen Freunden, und das Schlimmste, er würde sie nicht küssen, obwohl sie schon seit drei Wochen zusammen seien (Heike war eine echte Furie). Da Petra damit völlig überfordert war, sie mit „Ach, der Arne ist doch sowieso doof“ offenbar nicht den gewünschten seelsorgerischen Effekt erzielte und Heike mir mit ihren verheulten Augen einen Hilfe suchenden Blick zuwarf, knüpfte ich mir innerlich meinen „Superhelfer-Umhang“ um und flog mit gestreckten Armen herbei, dazu berufen, eine weitere Seele aus dem Tal der Tränen zu retten. Ich fragte Heike: „Kann es sein, dass der gar nicht weiß, wie sehr du ihn magst, und sich das auch gar nicht vorstellen kann?“ Man musste allerdings dazu wissen, dass Heike damals in der Tat ein ziemlich steiler Zahn war und Arne ein Pickelgesicht mit kariertem Pullunder, Cordhose und fettigen Haaren. Sie blickte mich an, als hätte jemand das Licht in ihrem Kopf angeknipst. „Meinst du wirklich?“, fragte sie mit unsicherer Stimme. Ich sagte: „Klar, doch! Du bist seine erste Freundin, du bist eine der Klassenschönheiten, und das ist einfach zu hoch für ihn. Er ist viel zu verklemmt, um dich zu küssen. Schnapp ihn dir und küss ihn selbst. Und dann erkläre ihm, was du an ihm liebst!“ (Das hätte ich zwar auch gerne mal gewusst, aber das war nicht Teil meiner Aufgabe.)
Nun, die beiden haben zwar, soweit ich weiß, nicht geheiratet und vier Kinder bekommen, aber für ein paar Wochen waren sie tatsächlich ein regelrechtes Turteltaubenpärchen. Interessanterweise veränderte sich Arne in der Zeit etwas zum Positiven. Die Pickel verschwanden und der karierte Pullunder auch. Mission erfüllt!
Konflikte lösen – hieraus entstand mein Berufswunsch als Coach. Die Partnerschaftsberatung ist zwar nur ein Teil des gesamten Aufgabengebietes, doch er ist einer der schönsten. Zu mir kommen verzweifelte und Hilfe suchende Menschen, zerstritten, sexuell ausgehungert, wütend, resigniert und vor Kummer ganz krank. Menschen, die schon fast alles versucht haben, um endlich mit dem Partner glücklich zu sein. Ich gehe zwar nie mit einer Kettensäge an eine Partnerschaft – aber auch niemals mit Sekundenkleber! Wenn eine Partnerschaft am Ende ist, ist sie am Ende!
Manchmal ist es besser, sich freiwillig von einem falschen Partner zu trennen, als zu warten, bis man selbst am Ende ist. Doch meist, so zeigte sich, hatte die echte Liebe noch gar nicht begonnen, obwohl die Partner seit Jahren schon zusammenlebten.
Ich halte es bei der Partnerschaft ähnlich wie bei der Gesundheit – nicht die Dauer ist entscheidend, sondern die Qualität.
Es gibt also Hoffnung. Ich möchte Ihnen zeigen, wie man mit ein wenig Liebes-Psychologie viele Blockaden aus dem Weg räumt, die man in der Kindheit erworben hat. Mit diesem Wissen werden Sie Ihre Beziehung künftig ganz anders erleben können. Dann ist Schluss mit Eifersucht, Einsamkeit, Streit und Enttäuschung, und der Weg ist frei für eine gesunde Partnerschaft.
Wie schon gesagt, die Liebe ist zusammen mit Job, Wohlstand und Familie eines der zentralen Lebensthemen, worüber die meisten Menschen ihre persönliche Lebensqualität definieren und wovon die Gesundheit abhängen kann. Stimmt es mit der Partnerschaft nicht, kann einen das krank und unglücklich machen. Eine unharmonische Partnerschaft wird oftmals sogar schlimmer empfunden als ein unbefriedigender Job, vielleicht, weil man bei einem Job irgendwann Feierabend machen kann. Bei einer Beziehung ist das meist nicht so einfach. Sie können schlecht sagen: „Schatz, es ist Wochenende. Denk dran, dass mein Lover gleich kommt, und räum bitte deinen Kram aus dem Schlafzimmer.“ Umgekehrt kann eine erfüllte Beziehung den empfundenen Berufsstress durchaus ausgleichen, wobei es in der täglichen Beratungspraxis interessanterweise eine hohe Übereinstimmung zwischen Jobunzufriedenheit und Partnerschaftsnörgeleien gibt.
In den nun folgenden Kapiteln wollen wir sehen, wie wir nicht nur mehr Harmonie, sondern vielleicht sogar eine Win-win-Situation für beide Partner mit weitreichenden positiven Folgen hinbekommen, denn: Klappt’s in der Liebe, klappt’s meist auch im Leben.
Der „Gute“ für eine Partnerschaft
Partnerschaft ist kein Pflichtprogramm. Vielleicht haben Sie das immer gedacht, aber Sie müssen nicht unbedingt Ihr Bett und Ihr Leben mit jemand anderem teilen. Wenn Sie es trotzdem tun, tragen Sie damit ein Stück weit die Verantwortung für das Gefühlsleben eines anderen Menschen. Ihr Partner kann nicht einfach alles an sich abprallen lassen, was von Ihnen kommt, zum einen wollen Sie das bestimmt nicht und zum anderen sind Sie selbst wahrscheinlich nicht immun gegen seine Meinung, sein Verhalten, seine Stimmung und vor allem seine Schwächen und Ängste. Daher lohnt es sich einmal, einen Blick auf Ihre Partnerschaftsmotivation zu werfen.
Was wollen Sie eigentlich von Ihrem Partner?
Es heißt ja, „Gegensätze ziehen sich an“. Aber auch „Gleich und Gleich gesellt sich gern“. Was denn jetzt? Ich glaube, dass beide Sinnsprüche ihre Berechtigung haben. Sind Sie der Typ Mensch, der im Partner sein Spiegelbild sucht und sich wohlfühlt, wenn das Gegenüber genauso tickt wie Sie? Die Musik, die der andere hört, die Bücher, die er liest, und die Filme, die er guckt, die Reiseziele, die Klamotten und auch der Arbeitsplatz könnten bei einem Klonschaf nicht gleicher sein? Das ist nicht schlimm – es sei denn, der andere ändert sich im Laufe des Lebens. Dann gute Nacht.
Oder orientieren Sie sich an einem „Großen“, der Sie beschützt und den Sie dafür bewundern, dass er Ihnen alles Mögliche voraushat? Einen mindestens zehn Jahre älteren Papa oder eine Mama mit Reife, Geld und Lebenserfahrung? Bewundern Sie jemanden, dem Sie zeigen können, wie lieb, klug und fleißig Sie sind? Erhoffen Sie sich von ihm dafür stets Anerkennung und verachten im Gegenzug alles Jüngere?
Auch das ist nur ein klein wenig pathologisch und kann ein Leben lang halten, solange Ihr Liebster weiterhin Angst vor ebenbürtigen Partnern hat. Falls er sich jedoch aus diesem Muster heraus entwickeln sollte, wird bald eine Stelle im Haus frei – und zwar Ihre.
Vielleicht ist es aber auch genau umgekehrt, und Sie stehen auf jemanden, den Sie beschützen, versorgen und behüten können? Jemanden, der zu Ihnen aufschaut, von Ihnen lernt und dessen Sicherheitsbedürfnis Sie erfüllen können. Auch das ist okay, wenn Ihr Partner Peter Pan gleicht und niemals erwachsen werden will.
Dumm ist nur, dass Sie sich offenbar gern mit unreifen und hilfsbedürftigen Selbstwert-Zwergen umgeben – lassen Sie das bloß nicht Ihre Mitmenschen wissen, denn das sagt eine Menge über Sie aus. Aber auch das ist okay, solange Ihr Leben eine Steintafel bleibt, auf der sich niemals etwas ändert.
Es mag aber auch sein, dass Sie den Kampf brauchen, einen Sparringspartner, den Sie dreimal die Woche so richtig in Grund und Boden ringen können und danach das Gefühl haben, Ihre Liebe wäre unerschütterlich. Gehören zu Ihrem Liebesalltag Streit, Provokation, Szenen und vielleicht sogar Sabotageakte? So