Verbrechen und kein Ende?. Wunibald Müller

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Verbrechen und kein Ende? - Wunibald Müller

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Vorschläge machen: „ja“, aber mitbestimmen und mitentscheiden: „nein“. Das so ersehnte kraftvolle Zeichen der Kirche an die Öffentlichkeit findet damit nicht statt. Vielmehr bleibt der Eindruck bestehen und wird sogar bestätigt, dass das klerikale System der Kirche, bei dem die eigentliche Macht in den Händen der Kleriker liegt, unangetastet bleibt, die so notwendige Aufteilung der Macht unter den Getauften – Männern und Frauen – in weite Entfernung gerückt ist. Ich befürchte daher, dass zum einen die Gläubigen weiter in Massen die Kirche verlassen werden, weil sie mit einer Organisation, die die Mehrheit ihrer Mitglieder, darunter vor allem die Frauen, bei der Mitbestimmung und in der Führung ausschließt, nichts mehr zu tun haben will. Zum anderen bleibt ungelöst, was ja die ganze Debatte angestoßen hat: Wie kann die sexualisierte Gewalt in der Kirche eingedämmt und verhindert werden? Denn sexualisierte Gewalt und geistlicher Missbrauch finden weiterhin statt.

      Kann man es vor diesem Hintergrund tatsächlich verantworten, darauf zu warten, bis sich gesamtkirchlich etwas verändert? Das kann man nicht. Man läuft vielmehr Gefahr, sich wieder einmal, weil man etwas versäumt hat, weil man nicht gut genug hingesehen, weil schon wieder das klerikale System Vorrang hat, schuldig zu machen.

      Die Kirche hat viel an Glaubwürdigkeit verloren. Zu Recht. Auf der anderen Seite ist die Kirche mehr als das Bild, das von ihr im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt gegenwärtig vermittelt wird. Das darf man nicht übersehen. Jeder und jede werden auch unzählige Personen, die in der Kirche Verantwortung haben, kennen, die glaubwürdig leben und glaubwürdig sind. Auch verbinden viele sehr schöne und bereichernde Erfahrungen mit Kirche.

      Man sollte nie vergessen, dass dort, wo viel Licht ist, auch viel Schatten ist. Ja, je mehr Licht, desto größer der Schatten. Ich erinnere mich an ein Interview, das ich als Abiturient mit Karl Rahner führte. In diesem Interview sagte er unter anderem, dass die Kirche immer auch eine sündige Kirche ist. Das ist keine Entschuldigung. Aber manche, die die Kirche idealisieren, müssen das, so schmerzhaft es für sie ist, zur Kenntnis nehmen.

      Wir sollten demütiger werden. Das extra eclessiam nulla salus est – außerhalb der Kirche kein Heil – hat längst ausgedient. Auf der anderen Seite müssen wir uns auch nicht verstecken. Weil es auch viel Gutes gibt in der Kirche. Weil viele Männer und Frauen, die in der Kirche arbeiten, gerne ihrem Beruf nachgehen, viele ihr Herzblut geben. Weil was sie tun, in vielerlei Hinsicht darauf aus ist, Menschen dabei zu unterstützen, das Menschenherz auf Gott und die Menschen auszurichten. Weil es unzählige Menschen gibt, denen ihre Kirche viel bedeutet hat und in dem, was sie wesentlich ausmacht, weiterhin viel bedeutet. Weil sie sie nicht als ihre spirituelle Heimat verlieren wollen. Hier gilt, was Joseph Ratzinger (1968) in seiner „Einführung in das Christentum“ geschrieben hat: „Nur wer erfahren hat, wie über den Wechsel ihrer Diener und ihrer Formen hinweg Kirche die Menschen aufrichtet, ihnen Heimat und Hoffnung gibt, eine Heimat, die Hoffnung ist: Weg zum ewigen Leben – nur wer dies erfahren hat, weiß, was Kirche ist, damals und heute.“

      Die Menschen, auf die das zutrifft, gibt es und ich begegne ihnen immer wieder. Sie haben bei allem, was sie auch an der Kirche stören mag und sie im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt in ihren Reihen mit Recht kritisieren, in ihr Heimat gefunden, die Hoffnung ist, Weg zum ewigen Leben. Das kann nicht oft genug in Erinnerung gerufen werden: Die Kirche als eine Heimat, die Hoffnung ist: Weg zum ewigen Leben.

      Eigentlich müssten wir merken, dass es um die Kirche besser bestellt ist, seitdem vieles von dem, was im Dunkeln war, ans Licht gekommen ist. Und tatsächlich hat sich einiges in der Kirche verändert, und das nicht nur durch Papst Franziskus. Dem Klerikalismus ist eindeutig der Kampf angesagt worden. Er bricht zusammen, fällt ab wie eine Kruste, die sich nicht länger halten kann, weil sie morsch geworden ist. Auch glaube ich, dass wir durch die ganze schwierige Situation der letzten Jahre Gott als Kirche nähergekommen sind. In unserer Schwäche, in unserer Betroffenheit, aber auch in unserer Schuld. Wir sind Gott nähergekommen, weil wir endlich – endlich – den Schrei der Opfer gehört haben. Uns nicht länger durch unseren Klerikalismus haben davon abbringen lassen, jene, die Opfer, zu sehen, die im Dunkeln sind. Die wir, geblendet vom Licht, in das wir die Vertreter der Kirche stellten, ausblendeten. Jetzt wurde wahr, was wir im Benedictus beten: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes.“

      Wenn wir immer wieder an sexualisierte Gewalt im Kontext von Kirche erinnert werden, dann sollten wir das zum Anlass nehmen, zuallererst an die Opfer sexualisierter Gewalt zu denken, für sie zu beten. Des Weiteren sollten wir uns dadurch anstacheln lassen, nicht nachzulassen, alles zu tun, was in unserer Macht steht, dass so etwas nicht mehr in unseren Reihen geschieht. Wir sollten, wenn wir durch öffentliche Berichte an den mitunter größten Skandal, den unsere Kirche zu verantworten hat, erinnert werden, nicht vergessen, dass vieles in den vergangenen Jahren getan worden ist, aber bei weitem noch nicht alles – es immer noch Opfer gibt, die sich nicht getrauen, sich zu äußern; es immer noch Versuche gibt, Dinge zu verschleiern; es immer wieder der Anstrengung bedarf, zur Wahrheit vorzudringen. Zu stark sind die alten Mechanismen, die über Jahrzehnte bestimmten, wie in Fällen von sexualisierter Gewalt im Kontext von Kirche vorgegangen wurde. Sehr stark sind auch die Abwehrmechanismen jener, die sexualisierte Gewalt praktizieren und es verstanden haben und verstehen, ihre Taten zu verheimlichen, zu vertuschen, abzustreiten.

      „Die Wahrheit wird euch frei machen.“ Ja, die Wahrheit wird uns frei machen. Die Kirche hat sich, zumindest in unseren Breitengraden, soweit es den Westen betrifft, auf den Weg gemacht, der in die Freiheit führt. Wir stehen heute nicht mehr da, wo wir in den letzten Jahrzehnten gestanden sind. Die Wunden, die Menschen zugefügt wurden, werden wohl nie ganz verheilen. Aber der Heilungsprozess hat begonnen. Seit Licht in den Skandal gebracht worden ist, die Opfer endlich gehört werden, wir – hoffentlich – aufgewacht sind, wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht worden sind. Wir, die Kirche, die Bischöfe – hoffentlich – sensibler, verwundbarer, menschlicher, demütiger dadurch geworden sind. Doch auch glaubwürdiger? Die Glaubwürdigkeit der Kirche, die im Augenblick gegen null geht, die die Kirche verspielt hat, die wird sie, die werden wir erst wieder – vielleicht, hoffentlich – zurückgewinnen, wenn die Kirche, alle, die Kirche sind, insbesondere aber ihre Verantwortlichen, die Bischöfe einschließlich des gegenwärtigen Papstes und seines Vorgängers, bereit sind, zu unserer, zu ihrer Schuld zu stehen, wo wir weggeschaut, vertuscht, den Schrei der gedemütigten betroffenen Opfer nicht gehört haben, nicht hören wollten oder einfach überhört haben. Denn nur die Wahrheit macht uns frei.

       TEIL II

       Zölibat, Homosexualität,Sexuallehre undsexualisierte Gewalt

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