3:2 - Deutschland ist Weltmeister. Fritz Walter
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Es findet am 11. Oktober 1953 im Stuttgarter Neckar-Stadion statt. Obwohl die Saar bei diesem wichtigen Ausscheidungsspiel in prächtiger Form antritt, geht die deutsche Elf (Turek; Retter, Erhardt; Mai, Posipal, Gottinger; Rahn, Morlock, Schade, Metzner, Schäfer) als klarer Favorit auf den Platz, um praktisch gegen den 1. FC Saarbrücken anzutreten, der nur durch Clemens von Saar 05 verstärkt ist. Wie Ottmar und Kohlmeyer bin ich verletzt und sehe das Spiel von der Tribüne aus. Unsere Mannschaft, bei der Gottinger angeschlagen und durch Eckel ersetzt wird, tut sich schwer, gegen die unerschrocken und schwungvoll angreifenden Saarländer einen 3:0-Sieg zu erringen.
Das Resultat entspricht nicht unbedingt dem Spielverlauf. Dem Stuttgarter Treffen fehlt die große Linie, nur selten kommt unsere Elf zu einer harmonischen Zusammenarbeit. »Kein Grund zum Optimismus!« schreiben die Kritiker nach diesem Spiel. Unsere Chancen für die Schweiz schätzen sie nicht allzu hoch ein, auch wenn wir jetzt mit 3:1 Punkten vor dem Saarland (2:2) und Norwegen (1:3) in der Qualifikationsgruppe I führen. Einmütig erneuern wir das Versprechen, das wir uns in Oslo gegeben haben: Das nächste Spiel muss besser werden!
Die letzten Hürden
Das zweite Treffen mit Norwegen – im weiten Oval des neuen Volkspark-Stadions – ist für Hamburg das erste Länderspiel nach 13-jähriger Pause. Die schöne, alte Hansestadt gibt ihm einen entsprechend großartigen Rahmen.
Turek steht auch heute in unserem, Hansen wieder im Norwegertor. Retter und Kohlmeyer verteidigen, Eckel und Mai sind Außenläufer, der Hamburger Jupp Posipal spielt vor heimischem Publikum Stopper. Rahn, Morlock, O. Walter, F. Walter und Herrmann stürmen. Im Rahmen der Ausscheidungskämpfe für die Schweiz kommt es an diesem 22. November 1953 zum ersten Mal zu einer geschlossenen Mannschaftsleistung unseres Teams, wenn auch das Zusammenspiel erst in der zweiten Halbzeit auf vollen Touren läuft.
Die Norweger sind zähe Gegner. Bis zur Pause können sie ein 1:1 halten. In der letzten halben Stunde kommen 75.000 Zuschauer voll und ganz auf ihre Kosten. Wir Stürmer haben eine guten Tag und erzielen noch vier Treffer. Ich feiere ein Jubiläum und schieße mein 25. Länderspieltor. Nach diesem eindeutigen 5:1 ist Norwegen endgültig aus dem Kampf um den Gruppensieg ausgeschaltet. Wir brauchen beim Rückspiel gegen die Saar nur ein Unentschieden, um in die Schweiz zu kommen.
Die nach einem Spiel übliche Tasse Kaffee schmeckt uns an diesem Tag schon besser, wenn wir auch traurig darüber sind, dass Max Morlock erheblich verletzt worden ist. Kaum haben wir uns umgezogen, ruft uns Herberger vor der Fahrt zum offiziellen Bankett noch einmal zusammen. Neben ihm steht der Vertreter einer Schweizer Firma, der jedem Spieler eine Uhr überreichen soll.
»Alle Mannschaften, die sich für die Schweiz qualifizieren, bekommen von uns solche Uhren«, sagt er.
Vorschusslorbeeren? Uns ist nicht ganz wohl dabei. Noch steht das zweite Spiel gegen die Saar aus, das erst am 28. März 1954 stattfinden wird. Wir nehmen die Uhren trotzdem – zurückgeben können wir sie ja immer noch. Dass wir uns später mit den Geschenken auf Reklamefotos wiedersehen, na ja, das ist eine andere Geschichte.
Der Chef glaubt nicht daran, dass wir die Uhren wieder abliefern müssen. Obwohl wir den letzten für den Gruppensieg erforderlichen Punkt noch nicht in der Tasche haben, denkt er bereits an unser Quartier in der Schweiz. Er setzt sich mit Albert Sing in Verbindung, mit dem ich von 1940 bis 1942 in der deutschen Nationalmannschaft gespielt habe, und der heute Spielertrainer bei Young Boys Bern ist. Zusammen besichtigen sie verschiedene Quartiere, die von der Schweiz als Unterkunft für die zu erwartenden Mannschaften vorgeschlagen sind. Sing empfiehlt Herberger besonders Spiez am Thuner See, und vorsorglich belegen sie dort im »Belvédère« Zimmer für uns. Wieder zu Hause, schwärmt der Bundestrainer: »Ein wunderbares Hotel direkt am See, mit großem Garten und Liegestühlen, mitten in einer herrlichen Berglandschaft! Und Kahn fahren könnt ihr jeden Tag!«
Herberger soll die Zimmer nicht umsonst bestellt haben! Der Weg nach Spiez führt über Saarbrücken.
Wenige Minuten vor dem Rückspiel gegen die Saar herrscht in unserer Kabine der übliche Trubel. Einer wird massiert, der andere lässt sich eine Bandage anlegen. Die Schuhe werden noch einmal nachgesehen und der Chef gibt die letzten Anweisungen:
»Passt vor allem auf, dass ihr in der ersten Viertelstunde kein Tor ’reinkriegt! Vergesst die Deckung nicht!«
»Wär’ doch gar nicht so schlimm, wenn wir verlieren«, sagt einer im Spaß, »dann kommen wir wenigstens noch ein paar Tage nach Paris!«
An der Seine, auf neutralem Boden, würde nämlich ein Wiederholungsspiel stattfinden, wenn wir in Saarbrücken verlieren und dadurch mit dem Saarland punktegleich werden sollten.
»Besser, wir gewinnen heut!« meint ein Vorsichtiger, »nach Paris fahren wir lieber ein andermal. Drei Wochen Spiez sind auch nicht zu verachten, was meint ihr?«
Mein Anteil am 3:1-Sieg von Saarbrücken, der uns an diesem 28. März 1954 endgültig die Fahrkarte nach der Schweiz sichert, bleibt gering. Eine vierzehn Tage alte Verletzung ist gerade erst ausgeheilt. Zehn Minuten nach dem Anpfiff habe ich erneut Pech – Muskelriss! Ich humple noch kurze Zeit herum und überlasse dann Ottmar meinen Platz (in diesen Ausscheidungskämpfen darf im Fall einer Verletzung bis fünf Minuten vor der Pause ein Mann ersetzt werden).
Auf dem Spielfeld stehen also: Turek; Retter, Kohlmeyer; Posipal, Liebrich, Schanko; Rahn, Morlock, O. Walter, Röhrig und Schäfer. In der Halbzeit liegen sie 1:0 im Vorteil, aber sie spielen verkrampft und voller Komplexe. Deutlich spürt man, wie dieses »Ihr müsst gewinnen!« ihre Aktionen beeinflusst. Ehrlich muss man anerkennen, dass die Saarländer lange Zeit einen besseren Eindruck machen als die deutsche Elf. Den 3:1-Sieg verdanken wir letzten Endes unserer größeren Routine. Trotzdem ist nach dem Spiel die Freude groß. Wir sind Sieger in der Ausscheidungs-gruppe I:
Der Weg in die Schweiz ist frei!
»Hals- und Beinbruch!« wünschen uns neidlos Helmut Schön und seine Mannschaft. »Wir halten euch die Daumen!«
Offensichtlich haben sie ihr Versprechen eingelöst. Dass ihre Daumendrückerei jedoch einen so durchschlagenden Erfolg bringen soll, können sie nicht voraussehen.
»Die Spiele gegen euch waren halt doch die schwersten!« sagte ich gutgelaunt, als uns die Saarmannschaft mit ihrem Trainer einen Tag nach dem Endspiel in Spiez aufsuchte, um uns begeistert zur Weltmeisterschaft zu gratulieren.
In sechs Wochen kommen wir wieder
Das 31. Länderspiel zwischen der Schweiz und Deutschland, das am 25. April 1954 zur Einweihung des Baseler St.-Jakob-Stadions ausgetragen wird, steht in keinem Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft. Es gilt aber beiden Teams als Generalprobe für die Kämpfe um den Coupe Rimet. Wenn die Generalprobe klappt, geht die Premiere daneben! sagt man beim Theater. Das gilt – toi-toi-toi – hoffentlich nicht für den Fußball!
Der deutsche Sturm kombiniert in den ersten 45 Minuten dieses Spiels hervorragend. Die ganze Mannschaft – das kann man ruhig behaupten – zeigt eine erfreuliche Leistung. Beim Halbzeitpfiff führen wir bereits 4:0. Der klare Vorsprung verleitet uns leider in der zweiten Spielhälfte zu allzu früher Sorglosigkeit. Erst als die Schweizer auf 4:2 herankommen, reißen wir uns wieder richtig zusammen und schießen ein fünftes Tor. Allerdings