Nur vor Allah werfe ich mich nieder. Fatma Akay-Türker
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Fatma Akay-Türker:
Nur vor Allah werfe ich mich nieder
Lektorat: Andreas Görg
Alle Rechte vorbehalten
© 2021 edition a, Wien
Cover: Valeriya Gridneva
ISBN gedruckte Ausgabe 978-3-99001-526-1
ISBN E-Book 978-3-99001-527-8
E-Book-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
INHALT
IST DIE STIMME EINER FRAU HARAM?
GEGEN DAS IMAGE DES ISLAM ALS GEWALTRELIGION
NUR VOR ALLAH WERFE ICH MICH NIEDER!
»O ihr Menschen,
Wir haben euch aus einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen,
und Wir haben euch zu Nationen und Stämmen gemacht,
damit ihr einander kennenlernt.
Wahrlich, der Würdigste von euch bei Allah ist der,
der das höchste Gottesbewusstsein hat.
Wahrlich, Allah ist Allwissend und Allkundig.«
(Koran 49:13)
Meinen Kindern, Schülerinnen und Schülern
Dieses Buch schildert wahre Begebenheiten aus der persönlichen Perspektive der Autorin. Dialoge und Abläufe wurden im Sinne einer leichteren Verständlichkeit teilweise gekürzt.
IST DIE STIMME EINER FRAU HARAM?
Alleine saß ich in der ersten Reihe des Blocks der Sesselreihen, der für die Frauen vorgesehen war. Im Block rechts von mir saßen die Männer, zwei Reihen hinter mir die anderen Frauen. Es war Februar. Draußen war es bitterkalt. Der Saal, in dem wir saßen, war spärlich mit Heizstrahlern bestückt. Die Strahler konnten kaum etwas gegen die Kälte ausrichten. Meine Finger wollten nicht warm werden, aber meine Vorfreude reichte mir als Wärmequelle. Gleich war es so weit. Gleich kam der Moment, auf den ich jahrelang hingearbeitet hatte. Mein erster offizieller Auftritt als Frauenbeauftragte und Vorstandsmitglied der IGGÖ, der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, noch dazu in Vertretung des Präsidenten. Endlich. Zwei Monate waren seit meiner Wahl bereits vergangen.
Cansu, die Frauenbeauftragte des kleinen türkischen Vereins, der die Veranstaltung organisiert hatte, kam zu mir, wohl, damit ich nicht so einsam dasaß.
»Warum setzen sich die anderen Frauen nicht zu uns?«, fragte ich sie.
»Wir sind es nicht gewohnt, in der ersten Reihe zu sitzen«, antwortete sie.
Das machte mich betroffen.
Offenbar bemerkte Cansu mein Unbehagen, drehte sich nach hinten und winkte die anderen Frauen herbei.
Doch sie lehnten dankend ab.
Genau das war einer meiner Kritikpunkte. Bei solchen Veranstaltungen von vergleichsweise konservativen Vereinen saßen nur Männer in der ersten Reihe.
»Werden Sie auch eine Rede halten?«, fragte ich Cansu.
»Nein!«, antwortete sie beinahe schockiert.
»Warum nicht?«, fragte ich. »Ist die Stimme von Frauen haram?«
»Ja«, antwortete sie mit vollster Selbstverständlichkeit, um gleich darauf wie unangenehm berührt auf ihrem Sessel herumzurutschen. Offenbar war ihr bewusstgeworden, dass sie damit gerade auch meine Stimme als haram bezeichnet hatte.
Das arabische Wort »haram« bedeutet »verboten«. Weltweit verwenden die Muslime dieses Wort. Alles, was der Koran eindeutig verbietet, ist haram. Das Gegenteil davon, also alles, was der Koran nicht eindeutig als haram bezeichnet, ist halal, also erlaubt. Allerdings verwenden viele Muslime aus Unwissenheit haram oft in falschen Zusammenhängen. Der Koran warnt jedoch genau davor. »Darum äußert keine Falschheiten, indem ihr eure Zungen (nach eigenem Gutdünken) bestimmen lasst: ›Dies ist erlaubt, und das ist verboten‹, und also eure eigenen lügnerischen Erfindungen Gott zuschreibt« (Koran 16:116).
Ich lächelte Cansu an.
»Aber Sie sind anders«, rechtfertigte sie ihre Aussage. »Sie haben studiert. Sie haben eine Funktion.«
Ich schwieg weiterhin lächelnd. Denn meine Antwort sollte nicht nur sie alleine hören, alle sollten sie hören.
Unter den rund dreihundert Besucherinnen und Besuchern, die den winterkalten Saal füllten, war sogar der türkische Generalkonsul. Für mich war klar, dass ich über Frauen im Islam sprechen würde. Ich hatte mich seit Jahren darauf spezialisiert. Zu Hause in meinem Arbeitszimmer hatte ich nur zwei Stunden gebraucht, um mich auf diese Rede vorzubereiten.
Cansu und ich lauschten gemeinsam den ausschließlich männlichen Vortragenden. Inzwischen hatte sich auch die junge Leiterin der Jugendgruppe, die mich vorher zu meinem Platz geleitet hatte, zu uns gesetzt.
Schließlich war ich an der Reihe zu reden. Nervös war ich nicht. Schon als Schülerin in Mittelanatolien hatte ich an den Nationalfeiertagen vor tausenden Menschen Gedichte aufgesagt oder gesungen, manchmal sogar meine Klasse unterrichtet. Durch meinen Beruf als Islamlehrerin war ich es gewöhnt, vor Publikum zu sprechen.
Ich stieg hinauf auf die Bühne und legte meine Notizen auf dem Rednerpult ab. Ich würde sie nicht brauchen. Stattdessen würde ich darauf eingehen, was hier vor sich ging. Das, was ich hier