Nur vor Allah werfe ich mich nieder. Fatma Akay-Türker
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Alles, was wir unmöglich ändern können, ist Schicksal, also vorherbestimmt. Das heißt, ob wir als Frau oder Mann auf die Welt kommen, wo wir zur Welt kommen, wer unsere Eltern sind, welcher Ethnie wir zunächst angehören, alles, was wir beim Start in die Welt mitbekommen, all das ist unser Schicksal.
Alles, was wir selbst in unserem Einflussbereich und mit unserem Willen ändern können, ist definitiv kein Schicksal. Entscheidend wird die Schicksalsfrage an den Grenzen unseres Einflussbereiches. Denn an diesen Grenzen übernehmen wir unsere Verantwortung für diese Welt, nicht nur für uns selbst. Hier finden wir den Sinn des Lebens. Unser Gottesbewusstsein, unser Bewusstsein für das Gute, bestimmt, wie wir in Bezug auf diese Welt handeln. Was können wir möglicherweise doch ändern, wenn wir uns bemühen? Was sollten wir zumindest versuchen und beginnen, damit sich vielleicht irgendwann eine Veränderung ergibt? Wir können entsprechende Entscheidungen treffen oder diese Entscheidungen ändern. Wen wir heiraten oder warum wir uns scheiden lassen, ist jedenfalls kein Schicksal.
So bringt uns das aber leider niemand bei. Allgemein anerkannt sind nur die patriarchalen Regeln, deren Erfüllungsgehilfinnen die Frauen selbst sind. Dazu muss ich erwähnen, dass diese Art, Ehen zu schließen, nur in der Tradition begründet ist. Im Islam braucht es eindeutig die Zustimmung der Frau, damit eine Ehe zustande kommen kann.
DER WEG DER EHEFRAU INS PARADIES
Schon in Jugendjahren hatte ich viel gelesen. Als Jugendliche kritisierte ich die erwachsenen Frauen nicht nur, sondern stellte ihnen auch viele Fragen. Keine der Frauen war in der Lage, meine Fragen zu beantworten. Ich besuchte ein paar Moscheen und stellte dort den Hodschas diese Fragen.
»Hodscha« ist eine respektsbekundende Form, Lehrende an Schulen und Universitäten sowie Gelehrte oder belesene Persönlichkeiten anzusprechen. Als Hodscha anzusprechen sind auch die Imame, die in den Moscheen als Vorbeter, Prediger und Berater in religiösen Angelegenheiten angestellt sind. Es gibt auch weibliche Hodschas, die die Frauen beraten, allerdings keine Gebete leiten. In der Türkei gilt das als höchst respektlos, Angehörige dieser Gruppen nicht als Hodscha anzusprechen.
Die Hodschas in den Moscheen konnten mir keine Antworten geben. Sie gaben nicht zu, dass sie ahnungslos waren, sondern sagten stattdessen, dass man nicht so viele Fragen stellen sollte. Das reichte mir als Antwort nicht. Deshalb distanzierte ich mich von den Moscheen. Ich ging nicht mehr hin und vertiefte mich stattdessen noch mehr in die Bücher. Ich wollte mehr wissen und verstehen und nicht selbst so wie die Frauen werden, die ich ständig kritisierte.
Nun hatte mich dasselbe Schicksal ereilt. Damals nahm ich meine Ehe tatsächlich als mein Schicksal hin. Ein Schicksal, das mich bedrückte. Ich fühlte die ganze Last der Welt auf meinen Schultern.
Zwölf Jahre lang war ich verheiratet. In diesen zwölf Jahren entwickelten sich mein Mann und ich diametral auseinander. Oder besser gesagt, ich entwickelte mich, er sich aber kaum. Als ich ihn nach Abschluss meiner Lehre nach Österreich holte, war ich berufstätig und er noch nicht. Weil es seine männliche Ehre verletzt hätte, von seiner Frau Geld zu nehmen, ließ ich ihm gleich eine zweite Bankkarte machen. Das tat ich aus freien Stücken, weil ich das so gelernt hatte. Irgendwann hatte er beide Karten und ich musste das Geld von ihm erbitten.
Als ich kurz vor meinem zwanzigsten Geburtstag mein erstes Kind zur Welt brachte und nur mehr zu Hause war, dachte ich, mein Leben sei zu Ende. Ja, ich fügte mich langsam in das Schicksal all der Frauen ein, die ich immer kritisiert hatte. Denn er erlaubte mir nichts. Ich musste ihn um jede Kleinigkeit bitten, fast immer erfolglos.
Wie konnte ich trotz meiner Einstellungen zum Leben, zum Islam und zu den gelebten Unterschieden zwischen den Geschlechtern in diese Lage geraten? Das hatte ich den Büchern zu verdanken, die ich seit meinem 14. Lebensjahr las. Im »Ilmihal«, dem islamischen Katechismus, also einem Handbuch zur Unterweisung in Grundfragen des Glaubens, und in anderen Büchern über den Islam stand, eine Frau könne nur dann ins Paradies kommen, wenn der Ehemann mit ihr zufrieden war.
In den Hadith-Büchern, in denen die Hadithe, die Worte und Taten des Propheten Muhammed, gesammelt sind, hieß es: Wenn eine Frau ohne Erlaubnis ihres Mannes irgendwo hingeht, dann verfluchen alle Engel sie für jeden ihrer Schritte.
In vier anderen Hadith-Büchern zitierten die Autoren den Propheten mit folgenden Worten: »Wenn ich die Unterwerfung verordnet hätte, hätte ich die Unterwerfung der Frauen gegenüber ihren Männern verordnet.«
Das waren nur ein paar Beispiele. Diese Hadithe galten in der Islamwissenschaft als schwache Hadithe, also als nicht authentisch. Die Fundamentalisten jedoch verwendeten oft genau diese Hadithe, um die Frauen unter Kontrolle zu halten.
Ich war immer gläubig und bin es auch heute noch. Aber ich stütze mich heute hauptsächlich auf den Koran. Alle anderen Quellen betrachte ich als Nebenquellen, in denen ich immer wieder nachschlage, um frühere Sichtweisen, Sozialisationen und Traditionen zu verstehen.
Hadithe akzeptiere ich, solange sie nicht im Widerspruch zum Koran stehen. Denn anhand der Beispiele oben wird ersichtlich, wer diese Bücher geschrieben hat. Männer, die das seit Jahrtausenden fortwährende Patriarchat aufrechterhalten wollen. Dementsprechend sehe ich manche Hadithe als Unterstellungen, die Allah, seinen Propheten und den Koran verleumden.
Wie kann ein Prophet völlig Widersprüchliches zum Koran gesprochen haben, wenn im Koran in der Sure 35:18 Folgendes steht: »Keine lasttragende (Seele) nimmt die Last einer anderen auf sich. Und wenn eine Schwerbeladene (zum Mittragen) ihrer Last aufruft, wird nichts davon (für sie) getragen, (…)« Es gibt mehrere ähnliche Verse im Koran. Das heißt, im Islam herrscht völlige Eigenverantwortung. Das Seelenheil einer Person ist nie von einer anderen Person abhängig, sondern nur von Gott allein. Ob eine Frau ins Paradies kommt oder nicht, liegt nicht in den Händen des Ehemanns. Prophet Muhammed wusste das am besten. Deswegen ist es unwahrscheinlich, dass der Prophet so über Frauen sprach, wie oben zitiert.
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