Klingen, um in sich zu wohnen 1. Udo Baer

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Klingen, um in sich zu wohnen 1 - Udo Baer

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– mehr als sie in manchen der „biochemisch-reinen“ analytischen Musiktherapien zu finden sind. Leider.

      Wenn ich die Fülle von Praxismodellen dieses Buches hervorhebe, dann heißt dies: Kein Rezept. Vielmehr der Auftrag an den Nutzer dieses Buches, die von den Autoren geschilderten methodischen Schritte auf den eigenen Praxisrahmen zu beziehen, zu modifizieren, auf die eigene Klientel, die eigenen Patienten zu spezifizieren. Es gibt keine pädagogischen oder therapeutischen Spielmodelle für unveränderten Transfer, sondern immer nur die achtsame, sorgfältige neue Bezugsetzung zum neuen Menschen als Gegenüber in der Einzeltherapie oder der Gruppe.

       Ein persönliches Buch, eines, das per-soniert

      Das Menschenbild dieser therapeutischen Praxeologie ist nicht nur in den geschriebenen Worten dieses Buches geprägt vom Geist der Humanistischen Psychologie. Vielmehr beeindruckt mich, wie die therapeutischen Begegnungen mit Klienten und Patienten in den zahlreichen Fallvignetten dieses Buches wirklich als „Begegnung“ abstrahlen und den Leser in diese Begegnungen hineinnehmen – im Sinne der „Begegnung“ Martin Bubers oder der gelingenden „Kontaktgestaltung“ im Sinne von Fritz Perls.

      Das Buch wärmt und lässt sicher nicht nur mich „die Überraschung“ im Abenteuer des therapeutischen Prozesses mit dem künstlerisch-therapeutischen Medium Musik ebenso miterleben wie die behutsame – von therapeutischem Eros geprägte – Compliance in Einzeltherapien wie in Gruppen.

      Hinter diesem Buch stehen die Biographien der beiden Autoren, die mir auffallen, weil sie beide eine besondere Kompetenz für Brückenschläge, für interdisziplinäres Denken und Handeln ausweisen: Von den Diplom-Studiengängen in Erziehungswissenschaft und entsprechender Praxis wanderten und trafen die Autoren sich im intermodalen therapeutischen Umgang mit Tanz, Bewegung, Musik, eingebunden in das therapeutische Gespräch.

      Diese Art ihres Umgangs mit den Medien erscheint mir gleichermaßen als Zentrum und Rahmen für die heutige psychotherapeutische Praxis von Udo und Gabriele Frick-Baer und die von ihnen entwickelten Weiter- und Ausbildungsgänge innerhalb ihrer „Zukunftswerkstatt“ sowie in ihren bisherigen Veröffentlichungen (s. Info-Seiten des Verlages am Schluss).

       Wem gehört die Musiktherapie?

      Angesichts des Reichtums in diesem Werk über die „Leiborientierte Musiktherapie“ stellte sich mir neu die Frage nach dem „Besitz“ der Musiktherapie, wem gehört sie?

      Die laute Frage war in den 70er und 80er Jahren noch die zwischen Medizinern einerseits und Musiktherapeuten andererseits. Inzwischen ist diese Frage durch die Entwicklung der Musik als Künstlerische Psychotherapie einerseits und als Musikmedizin (Musik im schulmedizinischen Behandlungskonzept) andererseits friedbringend und kooperativ beantwortet worden.

      Dafür tauchte später dieselbe Frage auf zwischen Musiktherapie und Sozialpädagogik. Im Kontext der Sozialpädagogik, der die Klientel von Udo Baer und Gabriele Frick-Baer häufig entstammt, fanden die frühesten Lehrveranstaltungen für Musiktherapie an den neugegründeten Fachhochschulen ab 1971 statt. Denen erst folgten eigenständige Studiengangsgründungen in Heidelberg und Hamburg.

      Vor diesem Hintergrund wundert es mich nicht, dass mit der Leiborientierten Musiktherapie in aller Stille und seitab der offiziellen Musiktherapie-Mainstreams eine Akzentuierung entwickelt wurde und hier vorgestellt wird, die vom Menschenbild und dem Methoden-Pluralismus her ihre Wurzeln in diesen frühen Jahren der Musiktherapie findet, in welcher Musiktherapie noch von der Dyade „Psychotherapeutisches Denken – Sozialpädagogisches Denken“ gespeist wurde.

      Ich denke nicht, dass die „Leiborientierte Musiktherapie“ einen eigenen Weg gehen sollte und wird. Das will sie auch nicht, wie ich die Autoren verstehe. Aber sie trägt zu einem Ziel bei, das nicht nur ich mir für die Musiktherapie der Gegenwart für die Zukunft wünsche: Dass Musiktherapie-Wissen und Musiktherapie-Praxishilfen eines Tages ähnlich selbstverständliche Bestandteile aller Gesundheitsberufe sind, wie es heutzutage beispielsweise „die Psychologie“ ist. In den frühen Jahren der Profilierungsnöte von Tiefen-Psychologie, Wahrnehmungspsychologie, Entwicklungspsychologie und Klinischer Psychologie achteten diese peinlich darauf, dass ihr Wissen ihr Wissen bleibe. Manche Kompetenz blieb so „Herrschaftswissen“. Teilweise angemessen und richtig, weil auch die Fächer, ihre Menschenbilder, ihre Theorien sich erst bilden und stabilisieren mussten.

      Heute ist es für jede Ausbildung als Erzieherin, als Ergotherapeutin, als Ärztin und Pädagogin, also in jedem Interaktionsberuf, selbstverständlich, dass psychologisches Wissen mit vermittelt wird – ohne sich mit Psychologen verwechseln zu wollen und zu dürfen.

      Dieses wünsche ich mir auch für Musiktherapie-Wissen und bestimmte Praxis-Anwendungen: Eingang zu finden in alle Ausbildungen und Weiterbildungen, in denen es um die Begleitung von Menschen geht.

      Einige Musiktherapeuten kultivieren und präsentieren ihr Wissen heutzutage – immer noch – aus dem Elfenbeinturm heraus.

      Natürlich müssen wir darauf achten, das berufspolitische Profil der Musiktherapeuten sorgsam zu hüten und weiter zu schärfen, indem Musiktherapie nicht inflationiert.

      Aber ein Buch wie dieses zeigt mir, wie bereichernd, wie konstruktiv Musiktherapie-Wissen und Musiktherapie-Praxis wachsen können – außerhalb der enggefassten klinisch verstandenen Musiktherapie und als Beitrag für sie.

      Eines Tages werden wir Musiktherapie dank der professionellen Musiktherapeuten und dank Menschen wie Udo Baer und Gabriele Frick-Baer als selbstverständliches Wissen in hoffentlich vielen anderen Interaktionsberufen finden. In denen, die sich die Prägung und Entwicklung und Begleitung menschlicher Persönlichkeit nicht ohne Musik und ihre therapeutische Wirkung vorstellen können.

      Diese jetzt vorliegende „Leiborientierte Musiktherapie“ wird hoffentlich von vielen Musiktherapeuten gewürdigt – ganz sicher auch und hoffentlich durch konstruktive Kritik in Rezensionen und Diskussionen. Kritik, die in diesem Essay nicht sinnvoll platziert ist, weil er dieses Buch „wärmstens empfiehlt“. Nicht als neuerfundenes Rad, nicht als Non-plus-ultra, nicht als bremsendes fünftes Rad am Wagen der Musiktherapie. Sondern als Rad, das das Rollen des Wagens stabilisieren hilft, flexibler sein lässt.

      Eben – über den Rand hinaus. Nicht des Tellers, sondern der Welt der Musiktherapie, die für manche eben doch noch eine Scheibe ist.

       Hans-Helmut Decker-Voigt, Prof. Dr., ist Direktor des Instituts für Musiktherapie der Hochschule für Musik und Theater, Präsident der Akademie für Weiterbildung in Musiktherapie und künstlerischer Psychotherapie der Herbert von Karajan-Stiftung Berlin und Verfasser zahlreicher, in sieben Sprachen übersetzter Standardwerke zur Musiktherapie und zur Wechselbeziehung von Mensch und Musik.

       www.decker-voigt-archiv.de

       Vorwort

      „Wie geht es Ihnen?“

      Der Klient zuckt mit den Schultern. „Ich weiß nicht.“

      Und schweigt. Nach zwei Minuten: „Mit mir ist nichts los.“

      Der Therapeut fragt nach, versucht Kontakt herzustellen, fragt z. B. nach den Ereignissen der letzten Tage und erhält als Antwort: „Nichts Besonderes.“ Er erkundigt sich, wie der Klient gerade seinen Körper spürt, und erhält als Antwort wieder ein Schulterzucken: „Gar nicht.“ Er fragt danach, was der Klient gerade denkt, und wieder kommt ein Schulterzucken: „Nichts. Da ist alles leer.“

      Der Therapeut ist zunächst

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