Mehr Mut, Mensch!. Lorenz Wenger

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Mehr Mut, Mensch! - Lorenz Wenger

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fünfzig Metern ist er auf die Größe eines Hauses geschrumpft. Sobald Jim und Lukas der Gestalt direkt gegenüber stehen, erweist sie sich als genau so groß wie sie selbst und stellt sich als Herr Tur Tur vor. Herr Tur Tur erläutert, dass er sich die Wüste zur Heimat gemacht hat, damit er andere Menschen aufgrund seiner scheinbar bedrohlichen Größe nicht unnötig in Angst versetzt. Er erzählt von seiner schrecklichen Einsamkeit aufgrund seines so großen Erscheinungbildes aus der Distanz. Eigentlich sei er gar kein Riese, sondern nur ein Scheinriese und ein freundlicher Zeitgenosse noch dazu. Er stellt dies auch sofort unter Beweis, indem er den beiden den Weg aus der Wüste zeigt. Jim und Lukas verabschieden sich und stellen fest, dass mit jedem Schritt, den sie setzen, Herr Tur Tur wieder größer und größer wird. Jim Knopf gibt sich in diesem Moment ein stilles Ehrenwort, nie wieder vor irgendjemandem oder irgendetwas Angst zu haben, bevor er die Situation nicht aus der Nähe betrachtet hat. Im Folgeband »Jim Knopf und die Wilde 13« holt Jim den friedlich-geselligen Herrn Tur Tur auf seine Heimatinsel Lummerland, wo er die Aufgabe eines lebenden Leuchtturmes übernehmen soll. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten! Die Seefahrer nehmen Herrn Tur Tur schon von weitem wahr, Herr Tur Tur ist nicht mehr so einsam und auf der kleinen Insel sind die Distanzen zu gering, um dem Scheinriesen eine bedrohliche Größe zu verleihen!

      Mut.Fragen

       Denken Sie darüber nach, ob und wo Sie selbst schon einmal solchen Scheinriesen der Angst begegnet sind wie Jim und Lukas in der Wüste? Wie haben Sie sich gefühlt und woran haben Sie erkannt, dass die Bedrohung gar nicht so immens groß war wie im ersten Moment befürchtet?

      So unterschiedlich wir als Menschen sind, so sind es auch unsere Ängste. Das macht es auch so ungeheuerlich kompliziert. Eine genau gleiche Situation wird von unterschiedlichen Menschen daher völlig unterschiedlich interpretiert und wahrgenommen. So kann ein Kurzflug von Berlin nach Zürich für jemanden mit Flugangst zur Tortur werden, während sein Sitznachbar jedes Luftloch in 10 000 Metern Flughöhe sichtlich genießt. Selbst die Flugangst kann unterschiedliche Ausprägungen haben: Verlustangst (weg von Zuhause, weg von Schatzi, weg vom geliebten Haustier), über Kontrollverlust (»ausgeliefert sein«), schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit (turbulenter Horrorflug mit Blitzeinschlag, Durchstarten bei der Landung) bis hin zur ausführlichen Überlieferung von schlechten Erfahrungen durch Dritte oder auch die klassische Angst vor der tatsächlichen, statistisch verschwindend kleinen Möglichkeit eines Absturzes.

      Klar ist die gemeinsame Ursache dieser drei Ängste die Existenz des Virus. Doch die Form, wie sich diese Angst emotional breitmacht und die Steuerung über unsere Gedanken, Entscheidungen und Handlungen übernimmt, ist höchst individuell. Welche Angst ist nun realer? Wer ist Realist? Wer hat Recht? Wer ist ein Angsthase? Stellen Sie sich vor, wie zwei Menschen miteinander sprechen, die total unterschiedliche Ängste vor dieser Pandemie haben. Solange sie ihre Ängste und Motive nicht selbst kennen und schon gar nicht aussprechen, werden sie sich kaum verstehen. Sie sprechen aneinander vorbei. Doch oft wissen wir selber nicht, was genau nun unsere Angst ist, wo sie herrührt und wie und wo sie ihren Anfang nahm. Daher lohnt es sich in jeder neuen als bedrohlich wahrgenommenen Situation, genauer hinzusehen, einzutauchen und die tatsächlichen Schmerzpunkte zu identifizieren.

      Angst vor Bindung

      Angst vor der Bindung und Abhängigkeit von anderen Menschen, also vor der Aufgabe der eigenen Persönlichkeit und Hingabe gegenüber anderen Menschen. Menschen mit dieser Angst tendieren dazu, distanziert zu wirken und Beziehungen als »Mittel zum Zweck« auf rein sachlicher Ebene zu leben. Sie sind freiheitsliebend, suchen die Unabhängigkeit, den Individualismus, sind eher ichbezogen und eigensinnig.

      Angst vor Selbstständigkeit

      Das Gegenstück zur Bindungsangst ist die Angst vor der Freiheit, also davor, selbstständig zu werden und vor Geborgenheits-Verlust. Dieser Typ tendiert dazu, sich selbst aufzugeben und in emotionale Abhängigkeiten zu begeben, um die Zuwendung und Anerkennung von anderen zu erhalten. Abhängigkeit und das Gefühl von »gebraucht-werden« erfüllt ihn mit Sicherheit. Diese Menschen meiden die Eigenständigkeit. Sie opfern sich für andere auf und neigen dazu, sich dadurch zu überfordern.

      Angst vor Veränderung

      Die dritte Angstform ist jene vor der Vergänglichkeit und damit verbunden auch die Angst vor dem Tod. Dieser Typ mag keine Veränderung und bekämpft sie sogar. Er würde lieber alles beim Gewohnten und Alten belassen statt sich neugierig Neuem und Unbekanntem zuzuwenden. Kontrolle und Planbarkeit gibt ihm Sicherheit. Der Fluss und die Unabsehbarkeit des Lebens sind ihm ein Greuel.

      Angst vor Stillstand

      Nun fragen Sie sich vielleicht, warum Sie dazu eine Negativ-Skala verwenden sollen oder wo denn die Positiv-Skala bleibt. Dazu mehr im zweiten Teil dieses Buches, sobald es um das Handeln und Umsetzen unseres Mutes geht. Die unterschiedlichen

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