Reine Nervensache. Martin Arz
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Читать онлайн книгу Reine Nervensache - Martin Arz страница 4
»Toll, bist ja eine richtige Stimmungskanone«, sagte Frank schmollend und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. »Das nächste Mal kannste an der Tanke verrecken.«
»Hey, Frankie. Lass mal gut sein!«, rief Benni seinen Freund zur Raison.
Es folgte ein Schweigen, das vom lauten Rauschen der Klimaanlage unterstrichen wurde und beinahe körperlich fühlbar war. Sie hatten Dachau hinter sich gelassen und fuhren weiter Richtung Ampermoching. Die Bundesstraße war schwach befahren um diese Uhrzeit. Nur gelegentlich durchschnitt der Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos die Dunkelheit der Sommernacht. Bei der Abzweigung nach Biberbach sagte der Kapuzenmann plötzlich fordernd: »Hier links.«
»Links?«, fragte Benni, »Nach Biberbach? Hast du nicht was von Vierkirchen gesagt?«
»Ja. Es gibt nicht nur einen Weg dorthin. Wir fahren durch Biberbach und dann rechts.« Es dauerte wieder einen Moment, bis er ein »Bitte« hinzufügte.
Benni tat, wie ihm geheißen. Der Fremde wusste mit Sicherheit am besten, wo er hin wollte. Nachdem sie den kleinen Ort hinter sich gelassen hatten, führte die Straße durch einen Wald, der kein Ende zu nehmen schien und vor allem deshalb den Autoinsassen irgendwie gruselig vorkam, weil vereinzelt geisterhafte Nebelschwaden durch das Unterholz zogen. Doch es waren nicht die dichten Schwaden schottischer Hochmoore, die in alten Edgar-Wallace-Filmen baskervillsche Hunde ankündigten, sondern eher dampfiger Dunst wie nach einem Tropengewitter. Der Kapuzenmann fing aus heiterem Himmel zu kichern an.
»Was ist denn nun so witzig?«, fragte Frank.
»Nichts«, entgegnete Jo und kicherte weiter. »Voll gruselig hier, was? Halt da vorne mal kurz. Ich muss noch was abholen.«
»Hier?«, fragte Benni ungläubig und sah sich suchend um. »Mitten im Wald? Was willste denn hier abholen? Hier ist doch nix.«
»Da vorne«, wiederholte Jo knapp und deutete in die Dunkelheit, dabei tropfte etwas von seiner Hand auf das Armaturenbrett. Nathalie sah es genau.
Nach kurzer Fahrt tauchte im Licht der Scheinwerfer am Straßenrand inmitten einer winzigen Lichtung ein kleines Haus auf, hinter dem ein zarter Nebelschleier vorbeizog. Ein mannshoher Maschendrahtzaun umgab das Grundstück. Dunkle Kiefern drängten dicht an die Umzäunung heran.
»Dauert nur ein paar Minuten«, sagte Kapuzenjo. »Bin gleich wieder da.« Er öffnete die Beifahrertür und sprang hinaus. Er ließ die Tür offen stehen und lief leichtfüßig in die Dunkelheit. Schwül-heiße Luft strömte in den Van. Das letzte Gewitter hatte nur Feuchtigkeit, aber keine Abkühlung gebracht.
»Na, klasse!«, konstatierte Frank und verschränkte die Arme vor der Brust. »Der Typ hat wohl die Vollmeise. Und jetzt?«
»Wie und jetzt?«, fragte Benni und beugte sich über den Beifahrersitz, um die Tür zu schließen. Die Klimaanlage des Vans arbeitete nur dann gut, wenn keine Außenluft einströmte. »Nix und jetzt. Wir warten, bis der Typ wieder zurückkommt. Oh, er hat übrigens seine kostbare Reisetasche hier stehen gelassen.« Benni deutete auf das Gepäckstück, das auf dem Beifahrersitz stand.
»Da ist irgendwas auf das Armaturenbrett getropft«, sagte Nathalie leise. »Vorhin, als er auf das Haus gedeutet hat.«
Benni musterte das Armaturenbrett und fand einen dunklen Fleck. Vorsichtig stippte er mit dem Zeigefinger hinein und untersuchte den Finger im fahlen Licht der Wageninnenbeleuchtung. »Hmmm, zu dunkel für Wasser, würde ich meinen. Irgendein Saft oder Ketchup oder so.«
»Oder Blut«, entwich es Nathalie.
»Bist du schon wieder bei deinen Splatterphantasien?« Frank zog amüsiert die Augenbrauen hoch.
»Ach, vergiss es.« Nathalie winkte ab und sah in die Nacht hinaus. Ihr Magen rebellierte wie so oft, wenn sie Stress hatte oder etwas in der Luft lag, doch sie beschloss, sich keine Sorgen zu machen. Sie warteten schweigend. Die Minuten zogen langsam dahin, zäh und klebrig wie Sirup. Das Haus lag nach einer Viertelstunde immer noch im Dunkeln. Kein Licht, keine Anzeichen, dass jemand dort etwas abholte, geschweige denn eben hineingegangen war. Um sich nicht wieder in ein Axtmörderambiente hineinzusteigern, dachte Nathalie in die entgegengesetzte Richtung. Sie wies die Jungs darauf hin, dass dieser Jo das Haus offenbar gar nicht betreten hatte und fügte hinzu: »Der müsste doch längst zurück sein, oder? Da läuft irgendeine Verarsche. Dunkles Haus im Wald, gruseliger Tramper, die vergessene Tasche, das Blut oder was immer das sein soll auf dem Armaturenbrett – da verarscht uns einer. Ist hier irgendwo ’ne versteckte Kamera?« Sie sah sich suchend im Auto um.
»Wer soll uns denn verarschen?«, fragte Benni. »Quatsch. Der Typ ist vielleicht ausgerutscht auf dem feuchten Boden und liegt jetzt da draußen mit gebrochenem Genick oder so.«
»Gut, dann schauen wir nach«, sagte Nathalie und stieg aus dem Wagen. »Frankie, du kommst mit und Benni bleibt im Wagen, falls …«
»Falls was?«, fragte Frank provozierend.
»Nix.«
»Du meinst, falls es doch eine Falle sein sollte. Dann kann er wenigstens nicht alle von uns auf einen Schlag erwischen, oder?« Frank verdrehte die Augen und tippte sich an die Stirn.
»Penner! Kommst du nun mit?«
»Ich muss eh im Wagen bleiben, weil ich der einzige von uns bin, der einen Führerschein hat, logo, oder?«, sagte Benni. »Und wartet, mein Onkel hat immer Taschenlampen im Wagen. Für alle Fälle.« Er wühlte im Handschuhfach und holte zwei große Mag-Lites heraus. »Hier. Damit kann man im Zweifelsfall auch psychopathischen Mördern eins über die Birne ziehen.« Die beiden Jungs lachten. Es klang angestrengt.
Nathalie schnappte sich eine der Taschenlampen, strich sich den khakifarbenen Minirock zurecht und ging los Richtung Haus. Das Gartentor war nur angelehnt. Das Mädchen ließ den Lichtkegel ihrer Mag-Lite über die Hausfassade tanzen. Das Gebäude machte einen leicht heruntergekommenen Eindruck. Die Fassade schien schmutzig braun und von den geschlossenen Fensterläden löste sich in großen Flächen die alte grüne Farbe. Ein zweiter Lichtkegel gesellte sich zu ihrem. Frank hatte zu ihr aufgeschlossen. Gemeinsam betraten sie den Garten, den sie bei Sonnenlicht sicherlich als romantisch-verwildert bezeichnet hätten. Nun im Dunkeln schien er ihnen düster-verwahrlost.
»Hallo!«, rief Frank. »Hallo, Jo. Bist du da irgendwo?« Keine Antwort. »Falls du ausgerutscht bist und dir das Genick gebrochen hast, lass es uns wissen!«
»Sehr witzig«, meinte Nathalie. »Hier liegt jedenfalls niemand. Vielleicht sollten wir mal um das Haus herumgehen.« Sie stapften durch das nasse Gras, beleuchteten abwechselnd die Fassade des Hauses und die dunklen Kiefern hinter dem Garten mit den Taschenlampen. Keine Spur von Jo oder sonstwem. Als sie das Haus umrundet hatten, warf Nathalie einen kurzen Blick zurück zum Auto an der Straße. Benni hatte die Innenbeleuchtung angelassen und saß relaxt hinterm Steuer. Als hätte er ihren Blick bemerkt, winkte er kurz.
»Lass uns mal schauen, ob jemand zu Hause ist«, sagte Frank und schritt zur Eingangstür. Er rüttelte dramatisch am Knauf und drehte sich mit weit aufgerissenen Augen zu Nathalie um. »Hey, das gibts nicht!«
»Was?« Nathalie war sofort von seiner Erregung erfasst. »Ich wusste es doch, die Tür ist offen, oder?«
»Äh …« Frank entspannte seine Gesichtszüge und löste seine Hand von dem Knauf. »Nein,