Geldsack. Martin Arz
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»Tiefgarage und Hintertür eingeschlossen?«
»Tiefgarage und Hintertüren eingeschlossen. Ohne Chip kommt niemand rein. Die Bewohner haben zusätzlich die Möglichkeit, neben dem Chip eine App auf dem Smartphone zu nutzen.«
»Und wer keinen Chip hat, muss am Haupteingang am Pförtner vorbei?«
»Richtig. Wobei wir den Begriff Concierge bevorzugen. Er kann dann den Lift für Lieferanten oder Besucher freigeben, nachdem er sie bei den Herrschaften angemeldet hat.«
Die Lifttür öffnete sich geräuschlos. Im Aufzug hielt Hartwig seinen Chip wieder gegen einen Sensor und drückte dann die Taste zum elften Stock. »Mit dem anderen Lift nebenan könnten wir gar nicht fahren«, erklärte er dabei. »Den können nur die Bewohner nutzen. Der führt direkt in die Wohnungen.«
»Verstehe«, sagte Pfeffer. »Daher gibt es auch keine Aufzeichnung von dem Zeitpunkt, an dem Zumboldt seine Wohnung verlassen hat. Er musste ja gar nicht in den Flur.«
05 »Hedy, hast du das Habsburg-Gilet gesehen?«, rief Alois Zumboldt quer durch die Wohnung. Er fischte sich noch ein Champagnertrüffel aus der Schachtel und schob ihn sich unter die Zunge. Er liebte es, die feine Schokolade langsam im Mund schmelzen zu lassen.
»Das rote oder das blaue?«, kam es aus dem Badezimmer zurück.
»Blau!«
»Wenn es nicht in deinem … ach, Moment, da hast du doch neulich ein Triangel reingerissen.« Hedwig Zumboldt kam zu ihrem Mann in dessen Ankleidezimmer. Ihre Absätze klackten auf dem geölten Eichenparkett. Sie trug ein knöchellanges nachtblaues Dirndl mit hellblauer Schürze und zupfte sich Lockenwickler aus den zu dunkel gefärbten Haaren. Das Mieder mit den Goldknöpfen gab ihrem umfangreichen Körper den Hauch einer Taille und hielt den üppigen Busen hoch. Ihr Blick fiel auf die offene Pralinenschachtel.
»Ach, Alois«, schimpfte sie. »Was soll denn das? Du weißt doch, was die kosten! Die sind außerdem für die Gäste!« Sie begann sofort, die Gästegeschenke zu kontrollieren.
»Hab dich nicht so.« Er schob sich noch einen Trüffel nach. »Die Packung ist eh angebrochen. Da kann ich sie gleich aufessen. Wir kaufen bei Elly Seidl einfach ein paar neue. Liegt quasi auf dem Weg. Was ist nun mit meinem Gilet«, sagte er ungeduldig. »Nicht das mit dem eingerissenen Triangel. Das ist aus grünem Samt. Ich mein das blaue von Habsburg.«
»Zieh halt das schwarze mit den kleinen gestickten Hirschen an. Das passt auch zu deiner Hose und dem Hemd. Ziehst halt den dunklen Janker dazu an, nicht den grünen.« Sie beendete die Geschenkekontrolle. »Jeweils zehn Wiesntische für die fünf. Also mal fünf sind fünfzig. Stimmt. Aber du kannst die Gutscheine doch nicht in dem sterilen Aktenkoffer mitnehmen!«
»Wie denn dann?«
»Das muss passen, Loisl. Wie oft hab ich dir das gesagt. Die Optik zählt. Hier.« Sie zog eine alte abgewetzte Ledertasche hervor. »Die hat Patina. Die schreit: Welcome to Bavaria. Mia san griabig und gmiatli.«
»Als ob da Kines boarisch kenna dad!«
»Ach, Loisl! So, des hamma. Dann: Zwei Kisten Pommery Champagner Cuvée Louise 1999. Wunderbar. Die alte Schnepfe säuft ja nix anderes. Halt, wieso zwei Kisten?«
»Die eine ist für die alte Schnepfe und die andere für Doktor Meinhardt.«
»Hat der uns nicht schon genug abgezockt? Ach, was solls. Wo sind die Pralinen für die anderen Damen und die Chinesen? Ah, hier. Sehr gut. Eine Packung nachkaufen. Passt. Hast du beim Escortservice die fünf Damen bestellt?«
»Drei«, brummte Alois Zumboldt. »Die anderen beiden wollen in den Puff. Alles schon reserviert und bezahlt.«
»Und einen Kerl für die alte Schnepfe?«
»Einen Neger, so wie sie es mag.«
»Gut so, Loisl. So, und jetzt beeil dich, sonst kommen wir noch zu spät.
»Das sagt die Richtige. Du bist ja noch nicht mal mit dem Bad fertig. Außerdem brauch ich erst noch einen Kaffee.« Er schlüpfte in die Weste, die seine Frau vorgeschlagen hatte. Er musste tief einatmen und den Bauch einziehen, um sie zuknöpfen zu können. Dann legte er sein goldenes Armkettchen und den Siegelring an. Zuletzt sorgte er mit geübten Handbewegungen dafür, dass sein schulterlanges graues Haar hinten über den Hemdkragen wellte.
Hedwig Zumboldt hatte mit schnellen Griffen die letzten Lockenwickler herausgezogen. »Ich muss nur noch mal schnell durchkämmen, dann bin ich schon fertig.«
»Sollen wir das wirklich durchziehen?«, fragte Alois Zumboldt und zog seine Frau so nah an sich heran, wie es ihrer beider Leibesfülle gestattete.
»Was, den Empfang im Tourismusamt?«
»Schmarrn, Hedy, stell dich nicht so blöd. Ich meine das mit dem Buben.«
»Ist das jetzt dein Ernst?« Sie sah ihn verwundert an.
»Na ja. Er ist schließlich unser einziger Bub.«
»Was ist denn los mit dir? Wir tun das Richtige, Loiserl.« Sie tätschelte ihrem Mann die mächtige Wampe.
»Ich weiß. Aber der Herr Pfarrer hat doch auch gesagt …« Alois Zumboldt sah seiner Frau traurig in die Augen. Dann bebten seine Lippen, und er konnte den Blick nicht mehr ernsthaft halten. Seine Wangen begannen zu glühen, und er kicherte albern.
»Ach, du! Fast wäre ich drauf reingefallen. Kindskopf.« Hedwig Zumboldt gab ihrem Mann einen spielerischen Klaps. Alois löste sich von ihr und verließ das Ankleidezimmer in Richtung Küche. Er schenkte sich einen Becher Kaffee ein, keine Milch, kein Zucker, und trank ihn hastig. »Gut, Weib. Dann schauen wir auf dem Weg nach unten schnell bei der Fiona vorbei.«
»Von mir aus.« Sie verdrehte die Augen. »Dann versauen wir uns eben den Tag gleich von Anfang an und machen dem Flitscherl noch unsere Aufwartung.«
»Reiß dich zamm, Weib!«
»Wissen Sie, warum dieses Anwesen hier den schönen Namen Einstein-Tower trägt?«, plauderte Hartwig während sich die Lifttür geräuschlos schloss. Er hielt seinen Transponder an eine Metallplatte und tippte dann »11« ein.
»Ich dachte, wir fahren in den zehnten Stock«, fragte Pfeffer verwundert.
»Das tun wir auch«, antwortete Hartwig lächelnd. »Das ist etwas verwirrend. Aber die Bauherren hatten Angst, dass dreizehn Stockwerke mögliche Käufer abschrecken könnten. Sie wissen schon, Unglückszahl. Darum machen wir es wie die Amerikaner. Das Erdgeschoss zählt als eins, so haben wir vierzehn Etagen.«
Der Lift schoss nach oben.
»Und warum heißt es nun Einstein-Tower?«, fragte Pfeffer.
»Hier stand früher mal das Gymnasium, auf das Albert Einstein gegangen ist. Das königliche Luitpold-Gymnasium. Ist das nicht faszinierend? Da zu leben, wo der Geist des größten Genies aller Zeiten geformt wurde? Das ist historischer Boden!«
»Sie brauchen sich keine Mühe geben«, sagte Pfeffer lakonisch. »Ich möchte hier nichts kaufen.«
»Ich