Fettie macht 'ne Arschbombe. Martin Arz

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Fettie macht 'ne Arschbombe - Martin Arz

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Innenstadt von Nairobi ist schnell abgegrast. Natürlich gibt es Bettler und abgerissene Straßenkinder, die teilweise auf den Bürgersteigen schlafen. Doch auffallend viele Menschen sind perfekt gekleidet. Die Nairobianer tragen elegante Anzüge mit Krawatte, häufig sogar mit Weste. Die Damen sind meist im schicken Kostüm unterwegs. Nur Weiße fallen unangenehm durch Kurzärmligkeit und Jeans auf. Wir fühlen uns underdressed und schämen uns fast, dass wir T-Shirts tragen. Wir stolpern über einen Markt, der von Ferne interessant und original einheimisch wirkt, sich beim Darüberlaufen aber als Freiluft-TAZ entpuppt. Wir müssen regelrecht fliehen, denn einer der jungen Männer, die als Anreißer jeden Weißen sofort mit Beschlag belegen, klebt wie eine Zecke an uns. Unsere Zecke spricht sogar Deutsch. Erst als wir den Markt einige Hundert Meter weit hinter uns gelassen haben, lässt er von uns ab. Ich kaufe in einem regulären Geschäft, das einem Inder gehört, zwei alte Masken. Die Preise sind hoch, doch im offiziellen African Art Shop ein paar Straßen weiter sind sie noch höher. Wir wollen noch einen Kaffee im legendären Dornenbaum Café trinken, das bei Weltenbummlern und Afrikadurchquerern eine Institution ist. Doch der Dornenbaum, der dem Laden den Namen verlieh, ist nicht mehr. Nur ein Stumpf blieb. Mitten an einer verkehrsumtosten Straße ohne Baum wollen wir keinen Kaffee trinken. Also nehmen wir einen Shuttlebus früher als geplant zurück zum Hotel.

      An der Haltestelle des Shuttlebusses lungern Straßenkinder herum, die aus dem Stand die komplette deutsche Fußballnationalmannschaft aufsagen können und darauf hoffen, dass man ihnen dafür ein wenig Kleingeld zusteckt. Ein älterer Inder, der sich etwas im Hintergrund hält, fällt uns auf. Der Inder fährt mit uns zum Hotel. Auf der Fahrt zurück macht unser Chauffeur einen kleinen Schlenker und zeigt uns die ausgebrannte Ruine der amerikanischen Botschaft, auf die am 7. August 1998 ein verheerender Bombenanschlag verübt worden war. Nur wenige Wochen vor unserem Safaritrip. Da hatte sich Al Kaida das erste Mal erfolgreich in die Medien gebombt. Tagelang hatten wir in Deutschland um die zwölf US-Bürger getrauert, die Fotos der Ermordeten wurden überall gedruckt, Amerika hatte getobt und Rache geschworen. Zwölf Tote, das ist hart. Doch viel härter, so berichtet uns der Fahrer mit bitterem Unterton, war für die Kenianer, dass die Welt der Weißen von den 241 bei dem Anschlag ums Leben gekommenen Afrikanern keine Notiz genommen hat. Ganz zu schweigen von den mehr als 5 000 teils schwer Verletzten. Wir starren auf die Hochhausruine mit den zerplatzten Fensterscheiben. Mehr als betroffen zustimmen können wir nicht.

      Zurück im Hotel planen wir, den restlichen Tag am Pool zu verbringen. Schade nur, dass es zuzieht und die Sonne hinter dichten Wolken verschwindet. What shalls, wir sind ja in Afrika! Da ist bekanntlich immer August. Erst recht im September, doch kaum liegen wir am Pool, ist November. Es ist kalt. Erbärmlich kalt. Viel zu kalt zum Baden. Nairobi liegt immerhin 1 661 Meter über Null. Wir bleiben trotzig am Pool liegen, ziehen uns aber wieder alles an, was wir dabeihaben. Sehr zum Ärger des seltsamen Inders, der mit uns aus der Stadt kam. Der sitzt in Poolnähe auf einer Bank und spielt seit Stunden ungeniert Taschenbillard. Als er merkt, dass wir ihn seit einiger Zeit im Visier haben, zieht er die Hände aus den Hosentaschen und bummelt von dannen.

      An diesem Abend geht der Flieger zurück nach Deutschland. Am Flughafen von Nairobi erfahren wir von der Lufthansa-Chefhostess, dass der Flug nach Frankfurt überbucht ist und alle Angehörigen nicht mitgenommen werden können, es gäbe so viele Stand-bys, die bereits seit Längerem warteten. Womit wir wieder bei den Vor- und Nachteilen des Lufthansa-Angehörigen wären. Man ist immer Stand-by. Zwar hatte ich in den allermeisten Fällen immer Glück und blieb nie stehen, doch diesmal hat mich das Glück offenbar verlassen. Wir sind bestimmt zehn Angehörige, die nun einer unbequemen Nacht auf dem Flughafen von Nairobi entgegensehen und nur hoffen können, dass die Flüge am kommenden Tag nicht voll sind.

      Carlo, als Purser immerhin nach dem Kapitän der zweite Mann an Bord, findet diese Aussicht allerdings nicht so erfrischend und legt sich mit der Chefhostess an. Wenn die Angehörigen nicht mitkämen, blieben eben alle Stand-bys stehen, droht er. Chefhostess und Chefpurser fetzen sich ein wenig, bis schließlich der Kompromiss gefunden wird. Es dürfen so viele lange wartende Stand-bys mit, wie es noch freie Plätze gibt. Die Jumpseats und Cockpit-Okays erhalten die Angehörigen. Wir kommen also alle mit! Jumpseat und Cockpit-Okay heißt zwar, dass wir nur bei Start und Landung entweder auf den Klappsitzen in den Galleys (Küchen) oder im Cockpit sitzen dürfen und den restlichen Flug stehen müssen, aber immerhin sind es nur acht Stunden bis nach Frankfurt. Und die Crew ist außerdem so entzückend, dass wir abwechselnd auf den Schlafsitzen, die der Crew zum Ausruhen zur Verfügung stehen, sitzen dürfen.

      Die Maschine ist voller Flüchtlinge aus Eritrea, die zur Familienzusammenführung nach Deutschland dürfen. Ein paar Greise und zahllose Frauen mit zahllosen Kindern. Die Greise behandeln die Stewardessen so, wie sie es gewohnt sind, Frauen zu behandeln – als letzten Dreck. Herrisch scheuchen sie die Stewardessen herum, blöken in schlechtem Englisch Befehle und bemäkeln die Sandwiches. Sie wollen alle Käse-, keine Schinkenbrote. Schließlich sind sie gläubige Moslems. Die weitestgehend verschleierten Frauen müssen den Greisen jedes Sandwich zeigen und das zustimmende Knurren abwarten, bevor sie es essen dürfen. Dann fordern die Frauen Schokoriegel und legen dabei erstaunliches Aggressionspotenzial an den Tag. Die Kinder wollen Sunkist mit Strohhalm, aber gefälligst nicht nur eine. Leider so geschehen und gesehen.

      Da wir nur die Angehörigen und somit überzählige Passagiere sind, bekommen wir gar nichts. Was gäben wir für ein Schinkenbrot. Aber wir hatten ja einen Safari-Quickie. Da können Brote nicht mithalten.

      Heuschrecken im Knuspermantel

      Thailand & Kambodscha, 2003

      Wer kennt sie nicht, die kernigen Individualreisenden, die jeden mit Verachtung strafen, der irgendwas pauschal bucht. Pah, Neckermänner! All-Inclusive-Prolls!

      Ganz ehrlich? Ich hatte spätestens 2003 die Schnauze voll vom Individuellen. Die Zeiten, als ich in öffentlichen Linienbussen die Türkei durchquerte (damals noch ein touristisches Abenteuerland), interrailend Marokko bereiste, bei Nevercomeback-Airlines um ein Stand-by bettelte, bereitwillig auf versifften Zugklos (oh ja, ich erinnere mich noch heute an die Strecke Madrid-Lissabon!) oder im Cockroach Inn nächtigte, und mich mit einem Joghurt plus einem halben Baguette pro Tag zufriedengab, sind einfach vorbei. Ich wills bequem! Und nicht umsonst habe ich bei Deutschlands erfolgreichster Quizshow »Wer wird Millionär?« im Herbst 2002 einen gehörigen Batzen Geld gewonnen. Also wird forsch ein Reisebüro geentert und eine Pauschalreise gebucht. Megaspießig, ich weiß, oder in anderen Worten: Einfach ideal, praktisch, billiger und überhaupt.

      Wenigstens ist mein Ziel auch bei Zeitgeldnervenverschwendern akzeptiert. Obwohl man mir natürlich eher Bhutan, die hintere Mongolei oder Kuba (»Wer weiß, wie lange es Fidel noch gibt …«) ans Herz legt, finden auch und gerade Individualreisende Thailand ganz okay:

      »Klar, voll krasse Full Moon Raves auf Koh Phangan und so …«

      »Nö, wir sind auf Koh Samui.«

      »Ey, auch cool. Chaweng Beach und so … Voll die Party.«

      »Nö, Maenam Beach.«

      »Maenam? Nie gehört, da ist doch bestimmt gar nix los.«

      »Ja, eben!«

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