Rosmarie Weichsler und das Lächeln des Teufels. J.J. PREYER
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Читать онлайн книгу Rosmarie Weichsler und das Lächeln des Teufels - J.J. PREYER страница 8
Rosmarie saß in Uniform neben ihm und nannte sich Marie Weichsler. Wenn jemand in ihr die Trafikantin Rosmarie Weichsler zu erkennen glaubte, erklärte man ihm, dass dies ihre Zwillingsschwester Rosa wäre. Marie sei Inspektor bei der Bundespolizei Steyr.
»So eine lächerliche Lüge!«, fand Frühauf. »Aber wenn du meinst, das sei nötig …«
Während der Chefinspektor den Dienstwagen Richtung St. Ulrich lenkte, wo Siegfried Hagens Haus stand, stellte Marie, beziehungsweise Rosmarie, ihm Fragen zum Ermordeten.
»Du kennst ihn von den Schlaraffen. Was für ein Mensch ist er?«
»Eine der Grundregeln unserer Bruderschaft ist Freundschaft, auch wenn das bei manchen nicht so leicht ist.«
»Er war ein Kotzbrocken«, versuchte Marie zum Kern vorzustoßen.
»Sozusagen. Auch wenn ich das nicht so formulieren würde.«
»Inwiefern kotz, inwiefern Brocken?«
»Was soll das werden? Ein Verhör?«
»Ja.«
»Er hat sich etwas zuschulden kommen lassen und sollte dafür ausgeschlossen werden. Durch eine Spende konnte er das verhindern, war aber zum Außenseiter geworden.«
»Er hat in die Vereinskasse gegriffen.«
»Er war Reychsschatzmeister.«
»Das heißt Kassier?«
Der Chefinspektor nickte.
»Und er hat den Schaden beglichen und darüber hinaus gespendet?«
»Ich habe so etwas läuten gehört.«
»Alles klar.«
Das Haus der Hagens fiel auf in der kleinen Siedlung des Steyrer Vorortes St. Ulrich. Ein geschwungenes zweiflügeliges Tor aus Metall verwehrte den Zutritt zur Auffahrtsrampe, die mit Pappeln gesäumt war. Am Ende dieser Straße stand ein burgartiges Gebäude in Schönbrunnergelb.
»Möchtegern-Schlossherr«, lästerte Frühauf.
»Passend zu meiner Möchtegern-Polizistinnen-Uniform«, sagte Marie Weichsler.
»Sie erleichtert uns die Arbeit.«
Frühauf öffnete ein Fenster des VW Touran und drückte den Knopf am linken Torpfeiler. Eine verzerrte weibliche Stimme meldete sich und bat, den Wagen draußen zu lassen, weil sonst die Auffahrt beschädigt werde.
Marie Weichsler und der Chefinspektor näherten sich dem Hauseingang also zu Fuß.
In der offenen Tür stand die extrem schlanke Frau des Ermordeten.
Marie Weichsler fielen Anita Hagens Augen auf. Sie waren groß und dunkel und glänzten unnatürlich. Die Frau hatte entweder Medikamente genommen oder viel geweint, oder beides.
Ihr fuchsartiges Gesicht war von tiefen Falten geprägt, sie war nicht geschminkt, trug nur einen Hauch von Lippenstift.
Sie bat Marie Weichsler und Herbert Frühauf in die Küche und bot ihnen Kaffee an.
»Die Kinder sind bei meinen Eltern. Ich versuche hier durchzuhalten, weil einige Formalitäten zu erledigen sind«, erklärte die Frau.
»Hat Ihr Mann ein Testament hinterlassen?«, fragte der Chefinspektor.
»Darauf habe ich bestanden.«
»Und Sie sind finanziell abgesichert?«
»Die Ausbildung der Kinder ist durch eine Lebensversicherung gedeckt. Der Rest ist fraglich.«
»Wie meinen Sie das, Frau Hagen?«, stellte Marie Weichsler ihre erste Frage.
»Siegfried war ein Spieler«, erklärte die Frau. »Kein Glücksspieler, nein. Ich meine das beruflich. Ein Projekt führte zum nächsten und wurde durch dieses finanziert. Kredite, Stiftungen, neuerdings in den ehemaligen Oststaaten. Einkaufszentren, die er selbst mieten musste, weil sich keine Interessenten fanden. All das bezeichnete er als Anfangsschwierigkeiten. Er sprach von notwendigen Investitionen, die sich tausendfach rechnen würden. Daneben schlug er sich noch mit gesellschaftlichen Verpflichtungen herum, die er als Netzwerk bezeichnete, ohne das man nicht an die entscheidenden Leute herankomme.«
»Die Intendanz der Sommerspiele«, bemerkte Marie Weichsler.
»Eine völlig überflüssige Angelegenheit, die ihm nur Ärger brachte.«
»Das kann man wohl sagen«, meinte Frühauf, entschuldigte sich jedoch umgehend bei Frau Hagen für die unbedachte Äußerung.
»Wie meinten Sie das mit dem Ärger?«, nahm Marie Weichsler den Gesprächsfaden auf.
»Man wollte ihn nicht mehr als Intendant. Statt dass er froh darüber gewesen wäre, diese Last endlich ablegen zu können, bemühte er sich um die beiden Stars. Die Folge waren Hasstiraden der Schauspieler, die sich benachteiligt fühlten.«
»Steiner-Optresal und Ursprunger«, sagte Rosa Weichsler.
Die Frau nickte.
»Wie ist es Ihrem Mann gelungen, die beiden Stars zu engagieren?«, wollte Marie Weichsler wissen.
»Er kannte Lou Marold persönlich.«
»Wie hat er sie kennengelernt?«
»Mein Mann war in einem Internat in Bad Ischl, wo er auch maturierte. Frau Marold war Mitschülerin.«
Frühauf wiederum fragte Frau Hagen, wie sie selbst ihren Mann beschreiben würde.
»Ruhelos, immer auf der Suche. Ein unerlöster Mensch, der nach dem Paradies strebte, das er an den falschen Orten suchte«, war die Antwort.
»Und Sie konnten ihn nicht beruhigen, auf den richtigen Weg bringen?«
»Ich dachte, dass mir das gelingen könnte, als ich ihn kennenlernte. Aber es erwies sich leider als unmöglich.«
»Sie denken, sein Tod war die logische Folge der Art, wie er lebte?«, fragte Frühauf.
»Das weiß ich nicht«, meinte die Frau. »Aber ich erwartete etwas in dieser Richtung.«
»Seine Ermordung?«
»Seinen Tod. Er schonte sich und seinen Körper nicht.«
»Daher drangen sie auf eine Lebensversicherung.«
»Ich habe nichts mit seinem Tod zu tun«, sagte die Frau ernst. »Wenn Sie das andeuten wollen.«
»Daran habe ich nicht einmal gedacht«, entschuldigte sich Frühauf. »Ich meinte …«
»Ich wollte nicht mittellos dastehen, sobald das Ende nahte, das sich abzuzeichnen begann.«