Reise um den Mond. Jules Verne
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»Dies wird in etwa 88 Stunden der Fall sein«, versetzte der Kapitän.
»Das bedeutet...?«, fragte Michel Ardan.
»Es ist jetzt halb neun Uhr«, erwiderte Nicholl.
»Nun«, fuhr Michel fort, »so sehe ich durchaus keinen Grund, warum wir nicht unverzüglich frühstücken sollten.«
In der Tat, ohne zu essen, konnten die Bewohner des neuen Gestirns nicht leben, und die Gesetze des Hungers machten sich damals gebieterisch geltend. Als Franzose erklärte sich Michel Ardan zum Küchenmeister; und niemand konnte in dieser Position mit ihm wetteifern. Das Gas gab hinreichende Hitze für die Zubereitung und der Vorratsbehälter lieferte die Lebensmittel für die erste Mahlzeit.
Das Frühstück begann mit drei Tassen vortrefflicher Bouillon, welche durch Auflösung jenes köstlichen Liebigschen Fleischextrakts, der aus den besten Stücken der Pampas-Rinder bereitet wird, hergestellt wurde. Hierauf folgten einige Stücke Beefsteak, die mit Hilfe einer hydraulischen Presse zusammengedrückt wurden. Diese waren so zart und saftig, wie man sie auch im Cafe Anglais in Paris bekommen kann. Michel Ardan versicherte – seiner Phantasie entsprechend – sogar, sie seien ›blutig‹. Auf das Fleischgericht folgte konserviertes Gemüse, das, wie ebenfalls der liebenswürdige Michel versicherte, ›frischer als das natürliche‹ war. Zuletzt gab es noch einige Tassen Tee und Sandwiches. Der ausgesuchte Tee, welcher der Kaiser von Russland den Reisenden hatte zukommen lassen, war ein Aufguss allererster Güte. Um das Festmahl zu krönen, holte Ardan schließlich eine feine Flasche Nuits, die sich ›zufällig‹ in einem Vorratsfach fand. Diese Flasche leerten die drei Freunde gemeinsam unter dem Motto einer erfolgreichen Kontaktaufnahme zwischen Erde und Mond. Und als begnüge sich die Sonne nicht, das köstliche Produkt auf den Burgunder Rebhügeln zur Reife gebracht zu haben, wollte sie auch Gesellschaft leisten. Denn in diesem Augenblick verließ das Projektil den Bereich des Schattenkegels, welchen die Erde wirft, und glänzende Sonnenstrahlen fielen entsprechend dem Winkel, den die Umlaufbahn des Mondes um die Erde macht, gerade auf den Boden des Gefährts.
»Die Sonne!«, rief Michel Ardan.
»Allerdings«, erwiderte Barbicane. »So dachte ich es mir.«
»Doch erstreckt sich der Schattenkegel nicht hinter der Erde noch über den Mond hinaus?«, fragte Michel.
»Sogar weit darüber hinaus, wenn man die Brechung durch die Atmosphäre nicht berücksichtigt. Wenn der Mond aber ganz von diesem Schatten eingehüllt ist, dann befinden sich die Zentren der drei Gestirne, Sonne, Erde und Mond, in einer geraden Linie. Dann treffen die Knoten mit den Phasen des Vollmonds zusammen und es entsteht eine Verfinsterung. Wären wir im Moment einer Mondfinsternis abgefahren, so hätte unsere ganze Fahrt im Dunkeln stattgefunden, was unangenehm gewesen wäre.«
»Weshalb?«
»Weil unser Projektil, obwohl wir uns im leeren Raum bewegen, in der Mitte von Sonnenstrahlen getroffen, Licht und Wärme von ihr erhalten würde, sodass man demnach Gas spart; eine in jeder Hinsicht kostbare Einsparung.«
In der Tat, durch die Einwirkung dieser Strahlen, deren Wärmegrad und Glanz nicht durch eine Atmosphäre abgemildert wurde, wurde das Projektil sowohl erleuchtet, als auch erwärmt, so als wäre es plötzlich aus dem Winter in den Sommer gekommen. Von oben spendete ihm der Mond, von unten die Sonne Licht und Wärme.
»Man kann sich hier sehr wohl fühlen«, sagte Nicholl.
»Das glaube ich gerne!«, sprach Michel Ardan. »Hätten wir etwas fruchtbare Erde in unserem Aluminiumplaneten, so könnten wir binnen 24 Stunden Erbsen zum Wachsen bringen. Ich habe nur die eine Sorge, dass die Wände unserer Kugel schmelzen könnten!«
»Beruhige dich, wackerer Freund«, erwiderte Barbicane. »Das Projektil hatte, während es durch die atmosphärischen Luftschichten glitt, eine weit höhere Temperatur auszustehen. Ich wäre nicht einmal erstaunt, wenn es in den Augen der Floridaner wie ein feuriger Bolide ausgesehen hätte.«
»Aber dann müsste J. T. Maston denken, wir seien gebraten worden.«
»Dass wir es nicht wurden«, entgegnete Barbicane, »wundert mich. Diese Gefahr hatten wir nämlich nicht eingeplant.«
»Ich habe die Befürchtung gehabt«, sagte Nicholl.
»Und du hast uns nichts davon gesagt, edelmütiger Kapitän!«, rief Michel Ardan und drückte seinem Gefährten die Hand.
Indessen fuhr Barbicane bei seiner Einrichtung im Projektil fort, als sollte er es nie mehr verlassen.
Wir erinnern uns, dass dieses Luftgefährt einen Fußboden von 54 Quadratfüßen aufwies und bis zur Spitze der gewölbten Decke 12 Fuß hoch war. Bei geschickter Ausnutzung des Raumes, ohne Überladung mit Instrumenten und Reisegeräten, welche sämtlich ihre besondere Stelle hatten, blieb den drei Bewohnern noch eine gewisse Bewegungsfreiheit. Das dicke Glasfenster, welches in einen Teil des Bodens eingelassen war, konnte ein beträchtliches Gewicht tragen, sodass Barbicane und seine Gefährten auf demselben wie auf festem Zimmerboden herumspazierten. Aber die Sonne, welche ihre Strahlen direkt darauf warf und das Innere des Projektils von unten beleuchtete, schuf eigentümliche Lichteffekte.
Man begann damit, den Zustand der Behälter für Wasser und Lebensmittel in Augenschein zu nehmen. Dieselben hatten infolge der gegen den Rückstoß getroffenen Vorkehrungen durchaus nicht gelitten. Lebensmittel waren reichlich für ein volles Jahr vorhanden. Barbicane wollte sich für den Fall vorsehen, dass das Projektil an einem durchaus unfruchtbaren Teil des Mondes anlangen würde. Wasser und Branntwein hatte man nur für zwei Monate mitgenommen. Aber nach den neuesten astronomischen Beobachtungen hat der Mond eine niedrige, dichte Atmosphäre, wenigstens in den Talgründen, sodass es da an Bächen und Quellen nicht mangeln konnte. Daher sollten die abenteuerlichen Forscher während der Fahrt und des ersten Jahres ihrer Einrichtung auf dem Mondland weder Hunger noch Durst zu leiden haben.
Wie stand es nun mit der Luft im Innern des Projektils. Auch in dieser Hinsicht konnte man völlig beruhigt sein. Der Apparat ›Reiset et Regnaut‹, mit dessen Hilfe Sauerstoff erzeugt werden sollte, war für zwei Monate mit chlorsaurem Kali versehen. Es verzehrte notwendig eine gewisse Menge an Gas, aber man hatte auch in dieser Hinsicht vorgesorgt. Übrigens bedurfte der Apparat nur wenig Überwachung: er arbeitete vollautomatisch. Bei dieser hohen Temperatur gab das chlorsaure Kali bei seiner Verwandlung in salzsaures Kali allen Sauerstoff, welchen es enthielt, frei. Und was ergaben 18 Pfund chlorsaures Kali? Die 7 Pfund Sauerstoff, welche zum täglichen Verbrauch der Bewohner des Projektils benötigt wurden. Aber es genügte nicht, den verbrauchten Sauerstoff zu ersetzen, man musste auch das durch das Ausatmen erzeugte Kohlendioxid vernichten. Nun war die Luft in der Kugel bereits seit zwölf Stunden mit diesem durchaus schädlichen Gas, welches beim Atmen durch die Umwandlung aus Sauerstoff entsteht, aufgefüllt. Nicholl nahm die schlechte Luft an der Reaktion, wie Diana mühselig keuchte, wahr. In der Tat verdichtete sich der Kohlendioxidgehalt – ein Zustand wie der in der berühmten Hundsgrotte – am Boden des Projektils. Die arme Diana musste mit ihrem herabgesenkten Kopf also früher als ihre Herren das bedrohliche Gas spüren. Kapitän Nicholl beeilte sich jedoch, diesem Zustand Abhilfe zu leisten. Dazu stellte er einige Gefäße mit kaustischem Kali auf den Boden des Projektils, schüttelte ein wenig und diese, das Kohlendioxid gierig aufsaugende Substanz reinigte vollständig die Luft im Inneren.
Daraufhin wurden die Instrumente begutachtet. Die Thermometer und die Barometer hatten alles gut überstanden, nur bei einem kleinen Thermometer war das Glas gesprungen. Ein erstklassiges Instrument