Das Karpatenschloss. Jules Verne
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Frik trieb seine Tiere nach ihrem Stalle. Auf seinen Zuruf leiteten die Hunde die ganze Herde längs des Weges, dessen Staub bei der Feuchtigkeit des Abends nur am Erdboden hinzog.
Einzelne, auf den Feldern verspätete Bauern grüßten den Hirten, der ihre Höflichkeit heute kaum beantwortete. Das erregte eine gewisse Unruhe; denn wenn man sich vor Schaden bewahren will, ist es nicht genug, den Schäfer zu begrüßen, er muss den Gruß auch erwidern. Frik mit den starr blickenden Augen, der sonderbaren Haltung und den geradezu ungeordneten Bewegungen schien heute dazu gar nicht aufgelegt. Selbst wenn ihm Wölfe oder Bären die Hälfte seiner Schafe geraubt hätten, könnte er kaum bestürzter ausgesehen haben. Unzweifelhaft brachte der Mann eine schlimme Nachricht mit nach Hause.
Der Erste, der die große Neuigkeit erfuhr, war der Ortsrichter Koltz. Bei dessen Anblick rief ihm Frik schon von Weitem zu:
»Die Burg brennt, Meister!
– Was sagst Du, Frik?
– Ich sage, was ich weiß.
– Bist Du toll geworden?«
Es erschien ja freilich kaum glaublich, dass in dem alten Quaderhausen eine Feuersbrunst ausbrechen konnte. Da hätte man ebenso gut glauben können, dass der höchste Gipfel der Karpaten von Flammen verzehrt worden sei.
»Du behauptest, Frik ... Du behauptest, dass die Burg brenne?« wiederholte Koltz.
»Wenn sie nicht brennt, so raucht sie doch.
– Ach, das ist ein Dunst, ein Nebel ...
– Nein, Rauch ist es. Kommt mit und seht selbst.«
Beide begaben sich nach dem Mittelteile der großen Dorfstraße und an den Rand einer Art aus dem Bergabhange herausragender Terrasse, von der man eine freie Aussicht bis nach dem Schlosse hatte.
Hier angelangt, überreichte Frik dem Meister Koltz das Fernrohr. Allem Anscheine nach war diesem das Instrument nicht weniger unbekannt, als bis kurz vorher seinem Schafhirten.
»Was ... was ist denn das?« fragte er.
»Eine wunderbare Maschine, die ich für Euch, Herr, um zwei Gulden erstanden habe, während sie unter Brüdern deren vier wert ist.
– Von wem denn?
– Von einem fremden Händler.
– Was soll ich damit anfangen?
– Haltet sie nur einmal vor die Augen, zielt gerade auf die Burg zu, guckt dann hindurch und Ihr werdet schon sehen, wozu das Ding taugt.«
Der Ortsrichter tat nach seinen Worten, fasste die Burg ins Auge und betrachtete sie auffallend lange.
Ja, es war Rauch, der dort aus einem der Schornsteine des Wartturmes aufstieg. Eben jetzt wirbelte er, durch einen Windstoß abgelenkt, an der Bergwand hin.
»Wahrhaftig, Rauch!« stieß Meister Koltz verwundert hervor.
Inzwischen traten auch noch Miriota und der Forstwächter Nic Deck, die eben nach Hause gekommen waren, an die beiden Männer heran.
»Wozu dient das? Fragte der junge Mann.
»Weit in die Ferne zu sehen,« antwortete der Schäfer.
»Ihr scherzt wohl, Frik?
– Das kommt mir jetzt ebenso wenig in den Sinn, Forstwächter, als vor kaum einer Stunde, wo ich durch dieses Wunderding erkennen konnte, dass Ihr die Landstraße von Werst herabkamt, Ihr und auch ...«
Er vollendete den Satz nicht. Über Miriotas Wangen war eine tiefe Röte geflogen und das Mädchen schlug die hübschen Augen nieder. Und eigentlich ist es doch gar nicht verboten, dass ein ehrbares Mädchen ihrem Verlobten entgegengeht.
Sie und er, der Eine nach der Andern, ergriffen nun das Fernrohr und richteten es nach der Burg.
Jetzt hatten sich auch noch ein halbes Dutzend Nachbarn auf der Terrasse eingefunden und versuchten, nach dem sie von seinen Eigenschaften erfahren hatten, Einer nach dem Andern das merkwürdige Instrument.
»Ein Rauch! Ein Rauch über der Burg!« rief der Eine.
»Vielleicht hat der Blitz in den Wartturm eingeschlagen,« bemerkte ein Anderer.
»Hat es denn etwa gedonnert?« wandte sich Meister Koltz an Frik.
»Seit acht Tagen keinen Laut!« versicherte der Schäfer.
Die biederen Landleute wären wahrlich auch nicht verblüffter gewesen, wenn man ihnen gesagt hätte, dass sich auf dem Gipfel des Retyezat ein Krater geöffnet habe, um die unterirdischen Dünste austreten zu lassen.
DRITTES KAPITEL
D
ie Dorfschaft Werst ist so unbedeutend, dass die meisten Landkarten ihre Lage gar nicht angeben. Bezüglich der Verwaltungsangelegenheiten steht sie sogar noch unter ihrem Nachbarorte Vulkan, so genannt nach dem Teile des Gebirgsstockes von Plesa, auf dem beide Gemeinden malerisch angeheftet sind.
Heutigen Tages hat die Ausbeutung der hiesigen Mineralienlagerstätten den Flecken Petroseny, Livadzel und anderen, die in der Entfernung weniger Meilen im Umkreise liegen, ein nicht zu unterschätzendes geschäftliches Leben zugeführt. Weder Vulkan noch Werst haben aber von der Nähe des großen industriellen Zentrums irgendwelchen Nutzen gezogen; was diese Dörfer vor fünfzig Jahren waren, das werden sie nach einem halben Jahrhundert gewiss auch noch sein, so wie sie es heute sind, und nach Elisée Reclus besteht die reichliche Hälfte der Bewohnerschaft von Vulkan nur »aus Beamten zur Überwachung der Grenze, aus Zöllnern, Gendarmen, Steuereinnehmern und Krankenwärtern der Quarantäneanlagen«. Rechnet man die Gendarmen und Steuereinnehmer ab und eine geringe Anzahl Landbauern hinzu, so hat man die Bevölkerung von Werst – im Ganzen vier- bis fünfhundert Köpfe.
Das Dorf besteht aus einer einzigen Straße, einer breiten Straße, deren bergiger Charakter das Fortkommen auf derselben nach auf- wie nach abwärts recht unangenehm erschwert.
Sie dient als natürlicher Verbindungsweg zwischen der walachischen Grenze und dem inneren Siebenbürgen. Über sie ziehen die Herden von Rindern, Schafen und Schweinen, die Händler mit frischem Fleisch, mit Baum- und Feldfrüchten, sowie die wenigen Reisenden, die den Bergpass wählen, statt sich der Bahnlinie von Kolosvar