Tödlicher Spätsommer. Ursula Dettlaff

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Tödlicher Spätsommer - Ursula Dettlaff

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style="font-size:15px;">      Auf den meisten Gepäckträgern klemmten Wolldecken oder Picknickkörbe. Es ging Richtung Freibad.

      Ein kleines Mädchen, an dessen rosa Fahrrad Stützräder befestigt waren, fuhr behutsam mit seiner Puppe genau in der Mitte des Weges. Unebenheiten hätten das Fahrzeug womöglich ins Wanken gebracht. Das wollte das Kind nicht riskieren.

      Sie „führte“ ihre Eltern auf den Weg zum Spielplatz. Der bildete wie stets an solchen Sommertagen das Zentrum für viele Familientreffen im weiten Umkreis. Und wenn alle Eltern und Großeltern ein wenig zusammenrückten, fand jeder noch einen Platz auf den Sitzbänken.

      Manche Besucher breiteten Tischdecken aus. Von klein geschnittenen Äpfeln, über frische Erdbeeren und Kirschen bis zu (Kinder-) mundgerecht belegten Brötchenstücken und riesigen Apfelschorle-Flaschen sah Helene alles, was das Herz spielender Kinder begehrt. Eine Weile betrachtete Helene das bunte Treiben. Jetzt, am späten Vormittag spürten die Kleinen noch keine Müdigkeit.

      Die Jüngeren saßen im Sand und ließen versonnen die Körner durch die kleine Faust rieseln. Ein kurzer Blick Richtung Bank genügte, um sicher zu sein, dass Mama und Papa noch da waren.

      Zwei Mädchen standen rechts und links an der Leiter zum Turm.

      Mit dieser flankierenden Maßnahme wollten sie verhindern, dass der kleine Junge, der die Leiter hinaufstieg, stürzte. Mit ihrem Ruf: „Passt auf, dass er nicht zu hoch klettert“, setzte die Mutter dem Höhenflug des Kindes ein jähes Ende, denn sofort griffen ihm die Mädchen beherzt unter die Arme und setzen ihn auf den Boden der Tatsachen. Wut und Enttäuschung spiegelten sich im Gesicht des Kindes wider. Dicke Tränen kullerten über seine Wangen.

      „Dafür bist du noch zu klein“, versuchte die Mutter ihn zu trösten, während sie ihn auf dem Arm hielt.

      „Hier, schau doch mal, die Wackelente.“ Es folgte eine noch lautere, weil empörte Schreiattacke. Für echte Kletterer war das Babykram.

      Die beiden Mädchen lieferten sich unterdessen auf der Hängebrücke ein wildes Verfolgungsrennen. Sie hatten ihren verantwortungsvollen Job erfüllt und konnten sich wieder um sich selbst kümmern.

      Vorsichtige Annäherung

      „Das ist aber wirklich nicht richtig“, hörte Helene plötzlich eine alte Frau schimpfen. „Hunde haben auf einem Spielplatz nichts zu suchen“, rief sie.

      „Entschuldigung“, entgegnete der Hundebesitzer ruhig, „dies hier ist der Weg, der am Spielplatz vorbeiführt und mein Hund ist angeleint. Er stört doch niemanden.“

      Helene teilte die Bedenken der Passantin. Es dauerte gewiss nicht mehr lange bis der Hund den Spielplatz verunreinigen würde.

      „Nun sagen Sie doch auch mal was“, forderte die Frau Helene auf, Stellung zu beziehen. Das musste ja wohl nicht sein. Eilig wandte sie sich ab und lief Richtung Freibad.

      „Wir haben uns vor einigen Tagen im Tierheim gesehen“, hörte sie dann hinter sich eine Stimme, tat jedoch, als fühle sie sich nicht angesprochen. Ihr war nicht nach Gespräch. Der Mann war nun neben ihr. „Überlegen Sie noch, ob Sie einen Hund bei sich aufnehmen?“, hakte er nach. „Der Besuch war übereilt“, tat Helene ihren Tierheimbesuch ab. „Ich habe überhaupt keine Zeit für ein Tier.“

      Es kam, wie sie befürchtet hatte. Der Mann ließ sich nicht abwimmeln. Faselte was von, käme ja drauf an, wen man sich aussuche. Fragte, ob sie nicht wie er in der Nähe wohne. Ideale Voraussetzungen, meinte er. Helene lief schneller, bog auf die Zuwegung zum Restaurant ab. „Auf Wiedersehen“, wunderte sich ihr Gesprächspartner.

      Kurz vor der Eingangstür drehte sie sich noch einmal um. Der Mann befand sich in Hörweite. „Ist er noch da?“, fragte sie beinah im Flüsterton. „Jap“, stieß er knapp hervor und eilte über die Brücke. Was bildete dieser blöde Kerl sich ein, ihr ein schlechtes Gewissen einzureden.

      Na, der Appetit war ihr gründlich vergangen. Helene machte auf dem Absatz kehrt und lief ohne Umweg nach Hause. In nächster Zeit, das war klar, würde sie einen großen Bogen um das Naherholungsgebiet machen und es sich auf dem Balkon gemütlich machen.

      Jede freie Minute verbrachte sie in den kommenden Tagen dort und freute sich an den üppig blühenden Geranien.

      Wer den lieben langen Arbeitstag ständig mit anderen kommuniziert, freut sich auf Stille und Einsamkeit, zumal sie wöchentlich mindestens zwei aktuelle Titel las, die Voraussetzung für qualifizierte Kundenberatung. Und beim Lesen mochte sie keine Ablenkung.

      Die Nacht hatte keine Abkühlung gebracht. Schon um sechs Uhr früh kündigte sich gleißende Hitze an.

      Für den Abend hatte der Wetterbericht Starkregen mit einhergehender Abkühlung vorhergesagt.

      Die Stimmung im Geschäft war angespannt. Jeder Kunde wollte so schnell wie möglich bedient werden.

      Wie sehr sich das Verkaufsteam auch bemühte freundlich zu bleiben, abschätzige Kommentare waren nun einmal nicht zu überhören. Viele potentielle Kunden schauten sich nur einen Moment suchend um, verließen dann postwendend das Geschäft. Das Ergebnis in der Kasse fiel am Abend entsprechend gering aus.

      Auf der Heimfahrt überlegte Helene, ob es wohl besser sei, die Balkonkästen ausnahmsweise ins Wohnzimmer zu stellen. Doch sie war einfach zu abgespannt für diese aufwendige Aktion. In letzter Zeit fand der Begriff „Unwetter“ inflationär häufig Verwendung in den Wettervorhersagen. Sie vertraute darauf, dass schon nichts passieren werde.

      Helene stellte eben den Teller mit den belegten Broten und das Glas Rotwein vor den Fernseher, als das Bild plötzlich bedenklich flackerte. Dunkle Wolken hingen über den Dächern der Häuser an der Lindenstraße.

      Sie schloss gerade die Fensterläden, als dicke Tropfen gegen die Scheiben klatschten. Fernseher aus, Leselampe an. Helenes aktuelle Lektüre hieß: „Was die Schule unseren Kindern antut“. Die Diskussion um bessere Bildungschancen für alle Kinder beherrschte im Augenblick den Sachbuchmarkt.

      Helene kam plötzlich die eigene Kindheit in den Sinn. Ha, die Lehrer konnten nicht einmal ihre Handschrift unterscheiden. Davon profierten beide, Jutta in Deutsch, Helene in Mathe. Sie brachte den Text über Leben und Werk des Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll so schnell und fließend zu Papier, dass sie in der angegebenen Zeit mühelos zwei Exemplare abliefern konnte und eines davon der Schwester „unterschob“. Die rackerte sich in der Zwischenzeit mit ziemlichem Kauderwelsch ab, was am Ende reif für den Tornister war. Bloß nicht in den Papierkorb in der Klasse werfen, denn dort entdeckte es am Ende noch der Lehrer. Die Vorgabe galt umgekehrt für Kurvendiskussionen. Sie sind bis heute ein Orakel für Helene.

      Die Fensterläden rappelten unentwegt. Hoffentlich hielten die Dachpfannen, wünschte sie sich. Wind pfiff durch jede Ritze der Fassade.

      Schon um kurz vor acht war es stockdunkel. Als es an der Haustür klingelte, erhob sie sich nur langsam und unwillig von der Couch und drückte den Knopf der Gegensprechanlage. „Ja bitte?“, rief sie.

      „Holtmann, guten Abend, können Sie mir bitte öffnen. Ich habe das Wetter völlig unterschätzt und nun sehen Mia und ich buchstäblich wie zwei begossene Pudel aus“, kam die Antwort.

      „Ich kenne weder einen Herrn Holtmann noch eine Mia“, entgegnete Helene. Was zugegebenermaßen nicht ganz richtig war, denn sie erkannte die Stimme des Mannes.

      „Sehen

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