Wohltöter. Hansjörg Anderegg
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Hansjörg Anderegg
WohlTöter
Der 1. Fall mit BKA-Kommissarin Chris
Thriller
Impressum
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Print-ISBN: 978-3-96752-193-1
E-Book-ISBN: 978-3-96752-691-2
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Umschlaggestaltung: Grit Richter, XOXO Verlag
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Stockfoto-Nummer: 1974198212, 1047408736
Buchsatz: Grit Richter, XOXO Verlag
Hergestellt in Bremen, Germany (EU)
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Gröpelinger Heerstr. 149
28237 Bremen
Alle Personen und Namen innerhalb dieses Buches sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Kapitel 1
Reculver Beach, Canterbury
Schon beim ersten Wurf verfing sich die Angelschnur im Seegras zwischen den Felsen. »Du wirst es nie lernen«, schalt Paul seinen kleinen Bruder. »Nicht zerren! Du musst die Schnur lösen. Nimm das Messer.«
Mikey schmetterte die Angelrute zu Boden, nahm das Fischmesser aus dem Korb und kletterte missmutig über die aufgeschütteten Felsblöcke ans Ende des kurzen Damms. Paul widmete sich kopfschüttelnd wieder seinem Köder. Er liebte diesen Platz im Schatten der Reculver Towers, an der Küste, wo sich das Wasser der Themse mit der Nordsee vereinigte. Seit dem Tod des Vaters war er der Experte in der Familie. Er kannte jeden Stein, wusste, wo sich die Krabben versteckten, die so vorzügliche Köder abgaben, kannte die Wetterlagen, bei denen sich die Barsche an der Küste versammelten und die Jahreszeit, in der die Rochen im flachen Wasser laichten. Nur als Lehrer eignete er sich nicht. Er verzweifelte, wenn er Mikey mit seinen zwei linken Händen zusah, aber er musste sich weiter um ihn kümmern. Er hatte es Vater in die Hand versprochen.
Ein entsetzter Schrei ließ ihn zusammenfahren. »Paul, ein Ungeheuer, schnell!« Mikey stand wild gestikulierend auf dem Damm.
»Einer deiner Drachen?«
Der Kleine entwickelte eine lebhafte Fantasie, sauste als Drachentöter durchs Haus und getraute sich nicht mehr allein in die Vorratskammer. Das nervte.
»Blödsinn«, rief Mikey. »Komm doch endlich!«
Widerwillig erhob sich Paul. Die reinste Nervensäge, der Kleine. Er schwor sich, in Zukunft vorsichtiger zu sein mit seinen Versprechen. Kaum hatte er den Damm betreten, sah er das Ungeheuer. Es war braun und nackt, hatte zwei Beine und zwei Arme und einen Kopf, dessen schwarze Haarsträhnen unheimlich mit dem Seegras auf den Wellen tanzten. Das Gesicht war nicht zu sehen. »Ein Toter«, murmelte er erschrocken. »Dein Ungeheuer ist eine Leiche, Mikey.«
Der Kleine schauderte. »Ist sie tot?«
»Leichen sind immer tot.«
»Was machen wir jetzt?«
Paul wusste es auch nicht. Es war seine erste Leiche. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder. Er begann leise zu zittern und bekam Gänsehaut. »Komm, wir müssen Mom holen«, flüsterte er, um den Toten nicht zu stören. Sie ließen das Angelzeug liegen und rannten los. Das Handy lag zu Hause auf der Kommode. Man angelte nicht mit Telefon, das hatte ihm Vater beigebracht.
»Ich habe Angst«, keuchte Mikey hinter ihm.
»Warum? Der Tote tut dir nichts.«
»Aber wenn der Mörder …«
»Ach lass den Quatsch. Hast du Blut gesehen?«
Keine Antwort. Paul hoffte, sie würden ihr Haus erreichen, bevor der Kleine realisierte, dass man Leute auch ohne blutende Wunden umbringen konnte.
Ihre Mutter stand im Garten. Sofort hetzte Mikey auf sie zu und rief atemlos: