666 Der Tod des Hexers. Micha Krämer
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„Die Mädels sollten sich schleunigst einen anderen Frontmann besorgen“, fand Klaus derweil und nippte nun wieder an seinem Bier.
„Warum Frontmann? Eine Frontfrau würde doch viel besser zu den vier Mädels passen“, erwiderte Nina.
Klaus schüttelte den Kopf.
„Nee, Schatz, beim besten Willen nicht. Zu einer ordentlichen Metal Band gehört ein Sänger und keine Piepsemaus“, meinte er und sah sie dabei ziemlich empört an.
Nina, die gerade einen Schluck trinken wollte, setzte ihre Flasche wieder ab.
„Sag mal, geht’s noch? Machst du hier jetzt einen auf Obermacho?“, schimpfte sie.
„Nein, aber nenn mir doch mal eine erfolgreiche Metal Band mit Sängerin“, fragte er und klang dabei sehr siegessicher.
Nina musste nicht lange überlegen. „Warlock mit Doro Pesch, Lita Ford“, wusste sie gleich zwei starke Powerfrauen. „Nightwich“, mischte sich ein Riese mit Glatze ein.
„Super, Thilo, fall du mir auch noch in den Rücken“, meckerte Klaus den Bassmann der Gebrüder Poweronoff an und musste dann selber lachen.
„Und das ist tatsächlich deine Tochter?“, wollte Thilo indes wissen und deutete mit einer Kopfbewegung auf Sarika, die mit ihrem Gitarrenkoffer in der Hand nun direkt auf den Bierstand zukam.
„Jepp, das ist tatsächlich meine Tochter … von der ich zugegebenermaßen erst vor anderthalb Jahren erfahren habe, dass es sie gibt“, erklärte Klaus.
Thilo nickte und streckte Sarika nun die Hand hin.
„Hallo, super gespielt. Ich bin Thilo Heß“, stellte er sich vor.
Sarika lächelte. „Sarika Zielner. Ich hab’ dich schon mal mit deinen Gebrüdern gesehen … find ich echt stark, was ihr da macht, so diese Klassik mit Stromgitarren“, erwiderte das Mädchen.
„Na ja, du und deine Mädels seid aber auch nicht übel. Schade, dass wir Brüder vollzählig sind und gerade keine Schwester Poweronoff benötigen“, flachste der große Mann mit dem in der Sonne glänzenden haarlosen Haupt.
Sarika verzog das Gesicht.
„Na ja, so gut fand ich uns jetzt gar nicht. Vor allem gesangstechnisch ist bei uns noch eine Menge Luft nach oben“, räumte sie ein und verdrehte die Augen.
„Hab’ ich dir schon nach eurer letzten Probe gesagt. Am besten, ihr serviert den Idioten ab und sucht euch jemanden, der es auch draufhat“, gab Klaus seine Meinung zum Besten.
Sarika nickte und reichte ihm dann den Koffer mit dem Instrument.
„Du, Papa, kannst du die mit nach Hause nehmen? Ich möchte noch mit den anderen zu Selina nach Friesenhagen. Wir müssen den Gig mal in Ruhe analysieren und bequatschen, wie es weitergehen soll.“
Klaus sah sie mit großen Augen an.
„Wie, ihr wollt schon los? Es spielen doch noch drei andere Bands“, fragte er erstaunt. Auch Nina war ein wenig enttäuscht, dass ihre Stieftochter nicht noch bleiben wollte. Sie mochte die junge Frau, die vor knapp anderthalb Jahren wie ein Orkan in ihr Leben geweht worden war. Die Tochter ihres Mannes aus einer längst vergessenen Beziehung, lange bevor Nina und er zusammengekommen waren.
„Okay, klar nehme ich die Gitarre mit“, antwortete Klaus und nahm den Koffer entgegen.
„Danke, Papa“, freute Sarika sich, sprang Klaus förmlich an den Hals, gab ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand in der Menschenmenge.
„Aber fahr nicht mehr, falls du was trinkst“, rief Klaus ihr, wie Nina fand unnötigerweise, hinterher. Zum einen, weil Sarika überhaupt nicht mit ihrem Wagen unterwegs war, der stand zu Hause im Carport, und zum anderen, weil das Mädchen für ihr Alter wirklich sehr vernünftig war.
„Tja, die Jugend von heute, wir waren früher immer die Letzten, die nach einem Auftritt die Kneipe verlassen haben“, fand Thilo.
„Und genau deshalb bestell ich uns jetzt auch noch ein Bier“, beschloss Nina und orderte dem Bassmann gleich eins mit.
Kapitel 1
Sonntag, 8. August 2021, 7:52 Uhr
Betzdorf/Villa Schmitz
Ninas Schädel fühlte sich an, als habe man ihn in einen Schraubstock eingeklemmt. Sie mochte „Eyes without a face“ von Billy Idol. Aber nicht mitten in der Nacht.
„Magst du nicht mal an dein Handy gehen?“, hörte sie Klaus hinter sich brummen.
Nein, Nina mochte jetzt nicht an ihr Handy gehen. Heute war Sonntag, da ging man nicht vor dem Aufstehen ans Telefon. Dennoch tastete sie nun auf dem Nachttisch nach dem Störenfried und nahm das Gespräch, ohne auf das Display zu sehen, an.
„Ja“, hauchte sie in das Gerät.
„Moin, Nina“, erkannte sie die Stimme ihres Kollegen Thomas Kübler.
„Sag mal, hast du eine Ahnung, wie spät das ist?“, fragte sie.
„Ja, gleich acht Uhr“, gab Kübler Auskunft.
„Okay … Danke für die Info“, erwiderte sie und schlug nun endlich auch die Augen auf. Durch die Ritzen der Rollläden drang spärlich Licht in das Zimmer. Draußen war es tatsächlich schon hell.
„Sieh zu, dass du in Wallung kommst, Nina. Ich bin in etwa zehn Minuten bei dir, um dich abzuholen“, meinte er, als sei dies ausgemachte Sache. Sie schwang sich aus dem Bett.
„Was? Nee … Warum das? Ich hab frei … Sonntag“, widersprach sie ihm und drückte mit der freien Hand gegen ihre Schläfe. Ein sinnloses Unterfangen, das die Kopfschmerzen auch nicht vertrieb. Sie vertrug einfach keinen Alkohol mehr. Vor zehn Jahren hätten ihr die paar Bier und Schnäpse überhaupt nichts ausgemacht.
„Wir haben einen Toten in Friesenhagen, und so, wie die Kollegen von der Streife den Fall schildern, möchtest du dir das bestimmt selbst ansehen“, antwortete er.
„Will ich das? Was ist denn los?“, wollte sie nicht wirklich wissen.
„Ja, willst du. Alles andere gleich im Wagen. Mach hin“, fand er und hatte, bevor Nina noch etwas fragen konnte, bereits aufgelegt.
„Musst du weg?“, fragte Klaus.
„Scheint so“, antwortete sie und überlegte dann tatsächlich kurz, sich noch einmal für eine Minute hinzulegen. Vielleicht hätte sie es auch getan, wenn da nicht ein Wort von Kübler gewesen wäre, das eine Unruhe in ihr verursachte. Friesenhagen! Hatte Sarika da nicht gestern am Abend noch hingewollt? Ja, hatte sie.
Nina erhob sich und tapste durch das Halbdunkel bis zur Schlafzimmertüre, wo sie noch einmal kurz stehen blieb.
„Bist