666 Der Tod des Hexers. Micha Krämer

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666 Der Tod des Hexers - Micha Krämer

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      „Ja, ich denke, das ist ziemlich eindeutig. Der Körper ist bei Weitem nicht so stark verbrannt, wie es auf den ersten Blick scheint“, erklärte der Arzt.

      „Was ist das denn da auf seiner Brust?“, wollte Kübler wissen und deutete auf die Stelle. Nina wusste sofort, was das war, glaubte aber ihren Augen nicht zu trauen.

      „Das ist sein Kopf. Er wurde enthauptet, bevor man ihn verbrannt hat – daher auch die Annahme, dass er tot war, bevor man ihn anzündete“, bestätigte Wagner recht sarkastisch, was sie bereits vermutete.

      „Dann würde ich mal sagen, dass es nichts mit dem Ort und diesem alten Hexenglauben zu tun hat“, schlussfolgerte Thomas wie immer ziemlich voreilig.

      „Thomas, wir sind noch keine Minute hier und du schließt irgendetwas aus. Meinst du nicht, das wäre ein wenig voreilig?“, rügte sie ihn deshalb.

      „Nee, mein ich nicht. Aber jeder weiß doch, dass Hexen immer an einem Stück und lebendig verbrannt wurden“, erwiderte er.

      „Und das weiß jeder woher?“, wurde sie nun schon etwas grantig. Sie hasste diese Art von Diskussionen mit ihm. Kübler war belesen und bestimmt nicht dumm. Dennoch erinnerte er sie gelegentlich an dieses Schweinchen Schlau aus den Cartoons.

      „Das weiß man eben!“, ließ er nicht locker.

      „Seltsam, einer der Feuerwehrleute hier aus dem Ort hat mir eben berichtet, dass bei den damaligen Hexenverbrennungen an dieser Stelle die Delinquenten zuerst enthauptet wurden, bevor man sie verbrannte“, mischte sich nun Doktor Wagner ein.

      „Na, dann hat der eben keine Ahnung“, beharrte Kübler.

      „Soll angeblich so in den Gerichtsakten stehen, die gibt es als Buch veröffentlicht“, legte Wagner noch einen drauf.

      Es war dem Mediziner anzusehen, dass es ihm einen Heidenspaß machte, Kübler zu belehren. Ein Spaß, der Nina in Anbetracht des verkohlten Leichnams doch sehr makaber und nicht angebracht erschien.

      „Ich denke, wir sollten uns erst einmal das nähere Umfeld ansehen. Vielleicht finden wir ja noch Spuren, die nicht vom Löschwasser hinfortgespült oder von den Feuerwehrleuten zertrampelt wurden. Besser, du rufst den Rest der Truppe zusammen. Wir brauchen hier das gesamte Team und am besten noch eine Hundertschaft, um das Gelände weiträumig abzusuchen“, schlug Nina an Kübler gewandt vor. Der Kollege nickte und zückte sein Handy. Nina ging derweil zu den beiden uniformierten Kollegen der Schutzpolizei, die abseits bei einem Streifenwagen standen und sich mit einem Feuerwehrmann unterhielten. Dabei überschlugen sich die Gedanken in ihrem Kopf. Die dringlichste Frage war derzeit, um wen es sich bei dem Toten handelte. Seine Kleidung, soweit er welche getragen hatte, schien das Feuer bereits komplett vernichtet zu haben. So etwas ging immer sehr schnell. Ein Körper hingegen brannte nur äußerst schlecht. In Filmen wurde das immer ziemlich simpel dargestellt. Da reichte oft schon ein Kanister Benzin, um einen Leichnam zu verbrennen. In der Realität sah dies allerdings anders aus. Es brauchte eine Menge Energie und Brennstoff, um einen Leichnam zu beseitigen. Sollte der Tote Ausweispapiere dabeigehabt haben, waren diese vermutlich vollständig verbrannt oder lagen vielleicht noch irgendwo in der Umgebung. Sie würden alle Kräfte benötigen, die sie zusammenziehen konnten, um jeden Stein und jeden Grashalm im näheren Umkreis umzudrehen. Außerdem würden sie checken müssen, ob in den letzten Stunden jemand als vermisst gemeldet worden war. Alles in allem wartete eine Menge Arbeit auf sie und das Team.

      Sarika ging es mies. Wenn sie nicht so nötig aufs Klo gemusst hätte, wäre sie auch nicht aufgestanden, sondern hätte vermutlich den ganzen Tag verpennt. Sie schlurfte zur Toilette, erledigte, was zu erledigen war, und trottete dann weiter in die Küche, um ein Glas Wasser gegen ihren Mordsdurst zu trinken.

      „Guten Morgen, mein Sonnenschein“, begrüßte ihr Papa Klaus sie.

      Sie presste etwas hervor, das entfernt an ein „Moin“ erinnerte, und nahm sich ein Glas aus dem Schrank. Wie konnte einer am frühen Sonntagmittag nur so gut gelaunt sein, wie ihr Erzeuger es immer war?

      „Und wie war dein Abend noch?“, wollte er nun auch noch wissen.

      „Ganz nett“, antwortete sie jetzt einfach mal. Was sollte sie auch sonst sagen? Sie hatten bis spät in die Nacht bei ihrer Freundin Selina im Garten gefeiert. Außer der Band war auch noch so ziemlich ihre komplette Abistufe dort gewesen. Irgendwann hatte Sarika dann keinen Bock mehr gehabt und nur noch nach Hause gewollt. Leon Balke, ein Schulkamerad von ihr, der, warum auch immer, ebenfalls auf der Fete gewesen war, hatte sich angeboten, sie nach Hause zu fahren. Eine nette Geste des Jungen, mit dem sie in den letzten anderthalb Jahren, seit sie auf diese Schule ging, noch kein Wort gewechselt hatte. Eine Konversation auf dem nächtlichen Nachhauseweg war ebenfalls gescheitert, da sie, kaum bei ihm eingestiegen, auch zum ersten Mal weggenickt war und er sie erst hier in der Einfahrt wieder geweckt hatte.

      Sie füllte das Glas randvoll mit Leitungswasser, tapste zum Tisch und ließ sich auf die Eckbank sinken.

      „Es gibt auch noch Kaffee“, sagte Klaus.

      Sarika nickte. Ein Kaffee käme nach dem Wasser ganz gut. Der trockene Geschmack in ihrem Mund war widerlich.

      „Mit Milch und einer Kopfschmerztablette dabei?“, erkundigte Klaus sich. Sie sah ihn an und zwang sich zu einem Lächeln.

      „Boahhhh, Papa … Das is echt nicht komisch“, sagte sie und trank dann einen Schluck. Er kicherte und erhob sich.

      Sarika legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Sie hörte, wie er eine Tasse aus dem Schrank nahm, sie füllte und die Milch einrührte.

      „Bitte schön“, sagte er schließlich und stellte die Tasse vor sie auf den Tisch. Als Sarika hinsah, lagen neben dem Kaffeepott tatsächlich eine weiße Tablette und ihr Handy.

      „Danke, Papa. Wo kommt denen jetzt mein Handy her?“, wunderte sie sich. Vorhin in ihrem Zimmer war ihr zwar kurz aufgefallen, dass es nicht da war, den noch hatte sie keinen weiteren Gedanken daran verschwendet.

      „Das steckte noch in deiner Jeansjacke. Zusammen mit deinem Portemonnaie, einigen Schmierzetteln und benutztem Kaugummipapier“, erwiderte er und setzte sich wieder zu ihr an den Tisch. Erst jetzt bemerkte sie die Gitarre, die neben Werk- und Reinigungszeugs vor ihm lag. Es handelte sich um ihre pinkfarbene Jem 777 Steve Vai Signature. Die, die sie gestern beim Auftritt gespielt hatte.

      „Ähm … Warum wühlst du in meinen Taschen? Und was machst du da mit meiner Ibanez?“, erkundigte sie sich leicht irritiert.

      „Die Jacke lag total verdreckt auf dem Boden vor der Garderobe. Ich hab’ die Taschen entleert und sie zusammen mit der anderen Wäsche in die Waschmaschine gesteckt“, antwortete er und hob dann die Gitarre ein Stück an, damit sie die Oberfläche sehen konnte. Das Instrument war, um es gelinde auszudrücken, total versifft. Schweiß, Bier und Haare klebten auf dem neonpinken Lack. Die Saiten waren bräunlich angelaufen. Der ganz normale Wahnsinn nach einem Gig bei fünfunddreißig Grad im Schatten.

      „Ich dachte, ich mach sie mal sauber und zieh dir neue Saiten auf.“

      „Ohhh“, antwortete sie nur, beugte sich dann zu ihm hinüber und küsste ihn auf die Wange.

      „Danke, Paps. Wär’ aber nicht nötig gewesen. Ich hätte, solange die Ibanez dreckig ist, halt eine von deinen Klampfen

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