Harzhunde. Roland Lange

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Harzhunde - Roland Lange

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Sie haben Ihre Sache gut gemacht. Dass sich die Geschichte so entwickelt, konnten Sie ja nicht voraussehen. Ihre Rechnung haben Sie dabei?“

      Blume nickte und zog einen Briefumschlag aus der Tasche, den er Kullmann über den Tisch schob. Der Mann nahm das Kuvert, öffnete es und überflog die innen liegende Auflistung.

      „Ich darf davon ausgehen, dass Sie die Rechnung wie besprochen umgehend vernichten?“

      Kullmann nickte. „Natürlich, Herr Blume. Die Sache bleibt unter uns.“ Er erhob sich, verschwand in einem Nebenraum und kam kurz darauf mit einem Bündel Geldscheinen zurück. „Ich habe Ihnen ein paar Euro obendrauf gelegt“, sagte er generös und drückte seinem Gast das Geld in die Hand.

      „Vielen Dank.“ Blume ließ die Scheine in seiner Tasche verschwinden.

      „Dann würde ich Sie jetzt gern verabschieden, wenn es Ihnen nichts ausmacht“, sagte Kullmann. „Ich habe noch einige wichtige Sachen zu erledigen.“

      Blume nickte und stand auf. Er ließ sich zur Haustür begleiten. „Hat mich gefreut, Sie kennengelernt zu haben. Machen Sie’s gut“, sagte der Hausherr und klopfte ihm jovial auf die Schulter. „Und noch mal, Sie haben erstklassige Arbeit geleistet. Vielleicht nehme ich Ihre Dienste mal wieder in Anspruch.“

      „Würde mich freuen ...“, wollte Blume entgegnen, aber da war Kullmann schon im Hausinneren verschwunden und die Tür ins Schloss gefallen.

      Was für ein eleganter Rausschmiss!, dachte Blume, als er die Granitstufen hinabstieg. Und was für eine rasante Entwicklung! Kullmanns Frau und ihr Liebhaber gemeinsam durchgebrannt! Damit hatte er nicht gerechnet. Aber das war jetzt nicht mehr sein Problem. Sein Job war erledigt und seine Brieftasche gut gefüllt. Er setzte sich in seinen Toyota, genoss die kurze Fahrt durch den Traumpark zurück zur Straße und freute sich auf den Abend mit Katja.

      3. Kapitel

      Dr. Gernot Fischer hatte hohe Ansprüche. An sich selbst und seinen Beruf als Tierarzt, an seine Kunden, seinen Lebensstil, seine immer öfter wechselnden Schicki-Micki-Freundinnen und überhaupt. Er hasste das Durchschnittliche, das Alltägliche. Menschen, die sich mit wenig begnügten, waren ihm zuwider. Nur wer groß dachte und handelte, konnte auch groß werden und es im Leben zu etwas bringen. Auf seinem Weg nach oben gab es mittlerweile jedoch ein Problem, das er nicht mehr ignorieren konnte – Geld!

      Eine gewisse Zeit hatte er seinen ausschweifenden Lebensstil und seine kostspieligen Ideen aus dem Erbe der verstorbenen Eltern finanziert. Danach war ihm immer wieder die Bank, dank des guten Leumunds seines Vaters, mit großzügigen Krediten entgegengekommen. Man hatte ihm insbesondere bei der extrem teuren Erweiterung seiner Haustierpraxis zu einer luxuriösen Privatklinik für die kleinen und großen Lieblinge reicher Tierhalter zur Seite gestanden. Zu Anfang. Als seine Pläne immer weiter ausuferten und Zweifel an seiner Kreditwürdigkeit aufkamen, hatten die Verantwortlichen in der Bank die Reißleine gezogen und den Geldhahn zugedreht. Gernot Fischer sah sich gezwungen, das benötigte Kapital bei privaten Kreditgebern zu beschaffen. Einen Gang zurückzuschalten und sein hochtrabendes Leben in finanzierbare Bahnen zu lenken, daran dachte er zu keiner Minute.

      Am südlichen Ortsrand von Benneckenstein, im Grenzgebiet der Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, hatte er sich seinen Traum vom naturnahen, aber luxuriösen Leben erfüllt. Ein kleines Hotel, umgeben von einem verwunschenen Wäldchen aus Laubbäumen und Fichten, war von den betagten Eigentümern mangels Nachfolge zum Verkauf angeboten worden. Fischer hatte sich das Hotel für vergleichsweise kleines Geld unter den Nagel gerissen, um dann in großem Stil in den Umbau zu investieren. Das Erdgeschoss wurde zur Tierarztpraxis, das Obergeschoss ließ er zu seiner Traumwohnung ausbauen – modern, mit allen nur möglichen Annehmlichkeiten bequemen Lebens und gleichzeitig heimelig und ländlich robust, mit offenem Gebälk und anderen Blickfängen. Auf einem kleinen Balkon konnte er bei gutem Wetter die Natur genießen. Der Wald erhob sich direkt hinter dem Haus, nur ein paar Meter vom Fuß der Edelstahltreppe entfernt, die den Balkon mit dem Erdboden verband. Alles an der Wohnung wirkte harmonisch, kein Einrichtungsdetail stach aufdringlich hervor, sah man von den sündhaft teuren Kunstgegenständen ab, die Fischer glaubte, sich leisten zu müssen. Weniger Ausdruck seines Kunstsachverstands, sondern mehr Zeichen seines Wohlstands. Dann war ihm die Idee mit der Tierklinik gekommnen, deren Fertigstellung und Inbetriebnahme in ein, höchstens zwei Monaten bevorstand.

      Wenn er auf den kleinen Balkon hinaustrat, erstreckte sich links von ihm das Dach des neuen Klinikgebäudes. Dort, in dem Neubau, lag seine Zukunft – der Ort, wo demnächst all das Geld zusammenfloss, das er benötigte, um offene Rechnungen zu bezahlen und seinen Lebensstandard zumindest zu halten, wenn nicht gar zu steigern. Er hoffte, die Zeit bis dahin unbeschadet zu überstehen. Seine Schuldner setzten ihm schon genug zu. Lange würde es nicht mehr dauern, bis einer von ihnen die Geduld verlor. Aber er war überzeugt, die meisten seiner Kreditgeber angesichts der neuen Geldquelle zu einem weiteren großzügigen Aufschub des Rückzahlungstermins überreden zu können.

      Diese vielversprechenden Aussichten, die tagtäglich seinen inneren Motor am Laufen hielten, beschäftigten ihn, als er von seiner Visite auf einem Bauernhof in Tanne zurückkehrte. Ein Notfall, eine Kuh mit Schlundverstopfung, der er diesen spätabendlichen Ausflug verdankte. Ausgerechnet. Rindviecher gehörten nicht zu seinen bevorzugten Patienten, schon gar nicht nach Praxisschluss! Spätestens wenn es in seiner neuen Klinik rund lief, würde er diese Art Kunden nach und nach abstoßen und die dreckigen, stinkenden Kuh- und Schweineställe den Kollegen überlassen.

      Er entledigte sich in der Praxis seines Arztkoffers und seiner übel riechenden Arbeitskleidung und stieg die Treppe hinauf in sein privates Reich. Jetzt schnell unter die Dusche, den Geruch wegwaschen, der nach Stallbesuchen so penetrant an einem haftete, und dann den Abend bei einem erlesenen Roten ausklingen lassen.

      Er schloss die Tür hinter sich, steckte mit einem Fuß schon in einer seiner bequemen Cord-Schlappen, da hielt er in der Bewegung inne. Aus dem Wohnbereich drang gedämpftes Licht, und leise Musik aus der Hi-Fi-Anlage hing im Raum. „Viva la Vida“ von Coldplay. Mareikes Lieblingslied. Sie war da? Waren sie nicht erst für morgen verabredet? Sie musste es sich anders überlegt haben, wollte ihn sicher überraschen. Einen Wohnungsschlüssel besaß sie ja. Was er in diesem Moment bedauerte. Solche Überfälle mochte er nicht. Und heute hatte er ganz und gar keine Lust auf seine Freundin. Sie redete ihm in letzter Zeit zu oft von Heirat. Nach einer heißen Liebesnacht war ihm auch nicht zumute. Er brauchte mal wieder Zeit für sich allein!

      „Mareike?“

      Sie antwortete nicht.

      „Mareike!“, rief er noch einmal etwas lauter.

      Keine Reaktion.

      Er schlappte zum Wohnbereich hinüber. „Hör mal, Schatz, ich finde es ja echt klasse, dass du gekommen bist, aber ...“ Er brach erschrocken ab. Hinter dem Raumteiler erwarteten ihn zwei Männer, die ihm grinsend entgegenblickten.

      „Da sind Sie ja endlich, Doktorchen“, grunzte ihm einer der beiden ungebetenen Besucher entgegen. Er saß mit übergeschlagenen Beinen im Sessel, der andere Kerl hatte es sich auf der Couch gemütlich gemacht. „Wir dachten schon, Sie kommen gar nicht mehr.“ Der Mann hielt eine Flasche in seiner Hand. Die setzte er jetzt an den Mund und genehmigte sich einen ordentlichen Schluck daraus. Sein Roter! Der beste Tropfen aus seinem Lager. Er wollte ihn heute Abend selbst genießen!

      „Sie ... das ... wer sind Sie?“, stammelte Fischer fassungslos. „Wie ... wie sind Sie hier reingekommen?“

      „Wie jeder anständige Mensch“, schaltete sich der Mann auf der Couch ein, „durch die Tür.“

      „Aber

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