Droga do serca lady Lucy. Laura Martin

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Droga do serca lady Lucy - Laura Martin HARLEQUIN ROMANS HISTORYCZNY

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einfach zuzumuten? Warum immer wieder Tarnung statt Offenheit? Ich habe sie mir erkämpft, diese Tarnkappe, das ist wahr. Ich bin dem Bösen begegnet, habe Haß erfahren und Gewalt, und ich habe ihm diese Maske abgerungen, die die Wahrheit verbirgt, weil Wahrheit manchmal tödlich sein kann.

      Meine Erinnerung geht nicht weit genug zurück, um noch die Liebe zu spüren, die sie doch einmal empfunden haben müssen, meine Eltern, und die sie doch einmal auch mir zuteil werden ließen. Denn als mein Gedächtnis seine Aufzeichnungen begann, da berichtet es nur noch von Streit, von haßerfülltem Schweigen, immer wieder abgelöst von ebenso haßerfülltem Wortgefecht. Was mir damals blieb, war die Flucht - fort aus dem Teufelskreis dieser ewigen Schlacht, dieser ständig gekreuzten Klingen, irgendwohin, wo Stille war: ins Kinderzimmer zunächst und unter die Kissen, später dann in das Baumhaus im Garten, wo nur eine Drossel ihren Gesang gegen die mißtönenden Wortkaskaden aus dem Mund der Eltern setzte. Und endlich in eine mythische Welt, fernab aller Wirklichkeit, wohin mich meine Fantasie entführte - und wo ich endlich Mittelpunkt sein konnte, geliebt von geheimnisvollen Feen, geachtet von Baumgeistern und Faunen, gefürchtet von Riesen und Drachen. Den Drachen vor allen, die mein Zauberschwert töten konnte, wenn ich nur wollte. Es war diese Zauberwelt, die mich seither begleitet hat und die in den vielen Träumen - denen tagsüber ebenso wie in den Nächten - bis heute ihre eigenen Wirklichkeit schafft. So wurde ich zum Wanderer zwischen beiden: der inneren Wahrheit, die mich vor der Verzweiflung am Leben bewahrte, und der realen Welt, die mich kritisch werden ließ und oft genug auch zynisch, weil ich ihre Verlogenheit erfahren hatte seit frühesten Kindertagen.

      Dann kam das Ende mit Schrecken, ebenso herbeigewünscht wie gefürchtet: die Scheidung der Eltern, die Verhöre vor dem Richter, der das Kindeswohl erforschen wollte und dabei nur kaum vernarbte Wunden wieder bluten machte, und endlich die scheinbar so salomonische Lösung, die mich von beiden trennte, vollständig und für immer, und mich einem Fremden zusprach, der Herkunft nach einem Verwandten, der den Knaben aufziehen sollte und ihm seinen Namen gab.

      Er hat mir nicht viel bedeutet, dieser Adoptivvater, obwohl er sich auf seine Art Mühe gab, das gestehe ich ihm zu. Dennoch war die leibliche Tochter ihm näher, und auch mir war sie vertrauter, als Schwester zunächst, aber später dann - heimlich - auch in anderer Weise. Doch der Alte hat mich Dinge gelehrt, die es mir bald erlaubten, mit List zu agieren und notfalls rücksichtslos meinen Weg zu gehen. Er hat mich Verstellung gelehrt und mir gezeigt, wie man aus dem Verborgenen heraus dennoch zum Sieger wird im Kampf um Einfluß und Macht und um Geld und Besitz. Und - er hat mir von seinem Reichtum hinterlassen, ohne daß ich ihn wirklich verdient habe mit Dankbarkeit und Liebe.

      Lange habe ich mich vor mir selbst geweigert, dieses Vermögen anzugreifen, weil ich wußte, wie es zustande gekommen war. Und als ich davon dann doch einiges nutzte, weil es mir Unabhängigkeit gab - vorsichtig und in bescheidenem Umfang nur nutzte, um mein Gewissen zu schonen - da opferte ich ihm mit zynischem Reden. Denn zynisch erschien es mir, für Gerechtigkeit und den Erhalt dieser Schöpfung vor anderen einzutreten und zugleich davon zu leben, was durch ungerechtes Handeln und den Mißbrauch der Schöpfung angehäuft wurde.

      Um es offen zu sagen: Mein Ziehvater hat sein Vermögen gewonnen aus Waffengeschäften, verboten zwar, aber doch mit heimlicher Unterstützung einflußreicher Leute in manchem Ministerium, deren politischen Zielen solche Lieferungen dienten. So brauchte er keine Strafverfolgung zu fürchten und konnte den Gewinn anlegen etwa in Aufkauf von Tropenhölzern, den er in einer Art Ringtausch geschickt mit dem Transfer von Milchpulver in einige Drittweltländer verband - doppelte Einkünfte und doppelter Verrat an Natur und Mensch. Und ich habe von alledem gewußt und dabei auch mitgetan, als ich in seinen Unternehmen ausgebildet wurde zum ehrbaren Kaufmann. Dankbar bin ich ihm nur, daß er mir ausschließlich Barvermögen und einigen Grundbesitz hinterließ, nicht aber die Aktienmehrheit am Konzern, den die Schwester als leibliche Tochter erbte - und mit ihr den Vorsitz im Vorstand.

      Was sollte aus einem Menschen werden, der dies alles erlebt hat, dessen Kindheit der Haß, dessen Jugend die Geldgier prägten? Entweder er wurde selber böse - gewissenlos böse - oder er flüchtete sich in Zynismus. Denn zum Verzicht, zur heiligen Einfalt in geläuterter Armut fehlte mir stets die Kraft. Innere Größe mag dem Gewissen förderlich sein - leben kann man davon jedenfalls nicht. Und leben wollte ich schon. So blieb mir nur, den Reichtum selber nicht zu mißbrauchen, ihn auch nicht protzend hochmütig zu verschleudern, sondern so sparsam wie möglich zu nutzen. Mehren tat er sich dennoch von selbst.

      So wurde ich, was ich bin: Ein verbummelter Student, der dennoch stets neugierig blieb und darum lernen wollte; ein Mädchenaufreißer, der dennoch nur ehrlich lieben wollte; ein arroganter Schwätzer, der dennoch die Welt verändern wollte; ein notorischer Zyniker, der dennoch überall nach der Wahrheit suchte. Die Wahr- heit über mich selbst habe ich wenigstens dabei gefunden, aber sie allein hilft mir auch nicht weiter. Im Gegenteil, sie macht mich nur depressiv, wenn sie überhand gewinnt in meinem Denken, und diese düsteren Zeiten kommen immer wieder über mich.

      Ich kann ihnen nicht ausweichen, aber ich will mir die Krankheit auch nicht eingestehen. Also muß ich sie durchleiden, ohne Hilfe, ohne Drogen - ob nun ärztlich verordnet oder heimlich vom Dealer erworben. Dann bleibt nur eins: warten, bis es selbsttätig endet.

      Verzeih mir, Hilla, wenn ich die Tarnkappe trage - erst den kalten Zyniker spiele und jetzt ganz aus deinem Gesichtfeld mich stehle. Was du nicht wissen kannst: Ich muß wieder einmal diese Traurigkeit durchstehen, die dieser Tag mir beschert hat - weil er so wundersam aufregend begann und weil ich selbst ihn dann leichtfertig beschmutzt habe. Ich bitte dich: Sei geduldig mit mir und warte, ob ich zurückkehren kann in das Licht.

      Du hast es doch auch empfunden, nicht wahr, als ich den Stoff, der deine Brüste verbarg, dir unbewußt nur bis über die Augen zog: diese Dunkelheit, die plötzlich hereinbricht mitten am Tag? Vielleicht war das schon ein Zeichen, das ich dir geben wollte. Denn jetzt ist die Dunkelheit bei mir selbst angekommen, und ich kann nichts anderes tun, als auf ihr Ende zu warten, irgendwo im Versteck vor allem und auch vor mir selbst - auf das Licht zu warten, das bislang immer wieder das Dunkel besiegte. Ja, "bis bald" mußt du noch warten. Ich bitte dich, tu‘s

      3. Die Enttarnung

      Irgendwie hatte Hillas Bruder wohl doch besser zugehört, als er sich den Anschein gab. Günther Niebel, Juniorchef des Bankhauses Niebel, war nur in seinem Äußeren eine unauffällige Erscheinung. Wenn er nichtssagend wirkte, dann galt das allein seiner offensichtlichen Schweigsamkeit. Aber dahinter verbarg er strategisches Kalkül: Banker reden nicht, Banker rechnen, das war sein Motto. Und er war Banker - nicht deshalb, weil ihm als Erbe einer der erfolgreichsten Privatbanken kaum etwas anderes übrigblieb. Er war Banker mit Leib und Seele, wie man so sagt, so sehr, daß für ihn Privatleben bislang ein Fremdwort war.

      So hatte er mit unauffällig wachem Interesse in seinem inneren Notizbuch verzeichnet, was dieser unbekannte Gast namens Siggi angeblich als bloßen Scherz zum besten gab: daß er sich als Verlobter seiner Schwester titulierte. Sei es nur ein Gag, sei es vielleicht mehr - dieser junge Mann spielte ab sofort eine Rolle in der Familienpolitik des Bankhauses Niebel, ob vorübergehend oder auf längere Sicht, mußte geprüft werden. Und deshalb war es notwendig, ihn auch sonst zu überprüfen - seine wahren Absichten ebenso wie seine bislang unbekannte Herkunft, seine Bonität wie seine Einstellung. Allerdings hatte er sich geschickt bedeckt gehalten bei dieser Vorstellung, die er am Mittagstisch inszeniert hatte - und eine eindeutige Inszenierung war auch beabsichtigt, dessen war sich Günther Niebel sicher. Nicht einmal seinen vollen Namen hatte er sich entlocken lassen, und ob Hilla ihn überhaupt wußte, dessen war sich ihr Bruder keineswegs sicher. Direkt fragen wollte er sie auf keinen Fall, denn sie sollte und durfte nichts von irgendwelchen Nachforschungen erfahren.

      Dann war da noch Hagen, der Vertraute des Hauses, aber auch er hatte bei der kurzen Begegnung nichts Bedeutsames in Erfahrung bringen können. Doch Hagen mußte in ihm die Konkurrenz sehen, das war Günther klar, denn sein

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