Geschichten, die Mut machen. Leo F. Aichhorn
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Eine besondere Reizfigur für alle Jugendlichen im Ort war der Bauhilfsarbeiter August, der mit seiner Steffi in einem alten Haus eines Bauern wohnte. Bei ihm gewann man den Eindruck, dass seine Gedächtnisleistung mit seinen schnellen Aktivitäten nicht Schritt halten konnte. Steffi hingegen war eine äußerst gutgläubige Frau. In ihrer Wohnumgebung war ein Graben, der sich schon bei leichten Überflutungen der Donau mit Wasser füllte. Die Geschwindigkeit des Anstiegs war und ist ein wichtiger Indikator über die Höhe bzw. Gefährlichkeit des Hochwassers. August fühlte sich wie ein Mitarbeiter des hydrografischen Dienstes, wenn er den Wasserstand beobachtete und seine Einschätzung der übrigen Bevölkerung gerne und mit bestimmender Gewissheit mitteilte. Dazu steckte er einen Holzstock am Wasserrand in die Erde und beobachtete diesen in Abständen von etwa von einer Stunde. Wenn sich das Wasser vom Stock entfernte, bedeutete das einen Rückgang des Hochwassers. Wenn jedoch der Stock im Wasser stand, war das ein Alarmzeichen für ein Ansteigen des Hochwassers. Martin und Pauli beobachteten ihn und in einem unbemerkten Augenblick zogen sie den hölzernen Messpegel heraus und setzten diesen ins Wasser. Als August seinen Kontrollgang machte und seinen Messstab tief im Wasser sah, schlug er Alarm und rannte zu seiner Steffi, um die Evakuierungsarbeiten im und ums Haus zu beginnen. Er war wie verrückt, denn, wenn das Hochwasser in dieser Geschwindigkeit weitersteigt, steht nach seiner Expertise das Erdgeschoß innerhalt von wenigen Stunden unter Wasser. Erst als die beiden begannen, das an der Hausmauer aufgeschichtete Holz auf den Dachboden zu bringen, wurden sie von Martin und Pauli aufgeklärt, dass sich „Unbekannte“ einen Spaß erlaubten und den Messstab versetzten. August war wütend, jedoch wiederum froh, dass er und Steffi die Evakuierungsmaßnahmen beenden konnten.
Ein andermal machte August bei jenem Bauern, der ihm seine „Villa“ zu einer Anerkennungsmiete überließ, Vorbereitungen für das Sprengen der Obstbaumstöcke. Der Bauer hatte die Obstbäume in seinem Garten umgeschnitten, weil er aus dem Obstgarten ein Feld machen wollte. Deshalb mussten die Baumstöcke mit ihren starken und weitverzweigten Wurzeln aus der Erde geschafft werden, um den Garten umpflügen zu können. Am einfachsten gelingt so ein Vorhaben durch eine Sprengung – und August war ein Experte dafür. Gegen Abend bohrte er die 20 Wurzelstöcke an, füllte die Löcher mit Schwarzpulver und verband die explosive Masse mit einer Zündschnur. Pauli und Martin waren interessierte Zuschauer dieses nicht alltäglichen Ereignisses. Da es nach Ende der Arbeit bereits finster war und bei einer Sprengung allfällige Schäden nicht eruierbar gewesen wären, entschied er sich, die Sprengung am nächsten Tag vorzunehmen. Pauli und Martin nahm er die Verpflichtung ab, den geladenen Baumstöcken nicht zu nahe zu kommen, was beide einmütig versprachen und sie entfernten sich. Doch ihre Versuchung war stärker als ihr Versprechen und als August kaum zuhause beim Abendmahl saß, explodierten mehrere Baumstöcke mit ungeheuerlichem Lärm. Nachbarn, die den lauten Knall hörten, liefen zur vermutlichen Lärmquelle, um nach den Rechten zu sehen. Schreiend lief August durch das explosive Gelände und schrie: „Wo sind diese A…löcher, ich bringe sie um!“ Im gesicherten Versteck beobachteten Pauli und Martin diese Erregung und hatten sichtlichen Spaß daran.
Die Freundschaft zwischen Pauli und Martin bekam auch durch den Griff zum Glimmstängel eine neue Qualität. In einer unversperrten Lade des elterlichen Gasthauses von Martin befanden sich die Zigaretten zum Verkauf. Die gängigsten Marken waren damals Austria 2 und Austria 3, hergestellt in der Tabakfabrik Linz. Sie waren ohne Filter und hatten eine ovale Form und passten sich den Lippen ergonomisch gut an. Die in der Umgangssprache 2er und 3er genannten Zigaretten wurden auch einzeln verkauft und die offenen Schachteln luden die Jungraucher förmlich ein, sich daran zu bedienen. Meist gingen sie, um beim Rauchen im Alter von 12 Jahren nicht gesehen zu werden, in die Au oder in eine wenig frequentierte Hütte. Wenn sie mit dem Fahrrad unterwegs waren und ihnen Menschen begegneten, steckten sie die Glimmstängel vorübergehend in das offene Rohr des Fahrradlenkers. Eines Tages, als Martin mit Pauli im oberen Geschoß der Holzhütte seiner Eltern aus einem großen, offenen Mostfass die Rauchwolken steigen ließen, wurden sie von Ludwig entdeckt. Pauli musste sofort nach Hause gehen und Martin wurde von seinem Vater so stark geschlagen, dass er drei Tage lang nicht schmerzfrei sitzen konnte und beim Esstisch mehr stand, als saß. Aufgehört zu Rauchen hatte er deshalb nicht, er wurde nur vorsichtiger. Vom Glimmstängel getrennt hat sich Martin erst mit 16 Jahren, als er das gesetzliche Mindestalter erreichte. Ohne Beratungshilfe, sondern aus eigener Vernunft. Er hat eingesehen, dass ihn der Tabakgenuss längerfristig krank machen würde und ihn in seiner konditionellen Entwicklung stark behinderte. Offensichtlich zählt die eigene Erkenntnis über den Sinn bzw. Unsinn von Maßnahmen zum wichtigsten Motivationsfaktor bei einer Zielerreichung.
Ein weiterer Begleiter von Martin als Jugendlicher war über mehrere Jahre der gleichaltrige Max. Er kam mit seinen älteren Geschwistern vom oberen Mühlviertel in die Gemeinde von Martin und hatte ähnliche Leidenschaften und Interessen wie dieser. Stimuliert von der Pop-Musik der Beatles und anderer Pop-Giganten sowie deren Frontmännern, die sich den Begeisterungsstürmen der Mädchen nicht entziehen konnten, starteten auch die beiden mit der autodidaktischen Gitarrenschule. An vielen Abenden zupften sie die Gitarren, ohne ein angenehmes Klangbild erzeugt zu haben. Die gedruckten Unterlagen dazu waren überdies nicht sehr umsetzungsfreundlich gestaltet und externe Hilfen in greifbarer Nähe waren nicht verfügbar. So mussten Max und Martin nach einigen Monaten ihre Träume, einmal als Bandleader auf einer Bühne zu stehen, wo einem die Mädchenherzen und Mädchen-BHs zufliegen, resignierend begraben.
Die Freundschaft der beiden überdauerte auch den Beginn ihrer Automobilität und führte sie 1970 in das für sie weit entfernte und vielfach unbekannte Kärnten und nach Triest. Sie besuchten in Rosenbach eine ehemalige Kur-Kollegin von Martins Mutter Johanna, die im slowenischsprechenden Teil Kärntens ebenfalls ein Gasthaus führte und den beiden gerne Quartier gewährte. Beide waren erstmals in Kärnten auf Urlaub und waren begeistert von den wunderschönen Seen und Bergen. Aber nicht nur davon. Schon nach der ersten Begegnung mit Margit, der Wirtstochter, schwärmte Max von ihr in einer leidenschaftlichen Art und Weise mit weitreichenden Folgen. Nach einer Phase der brieflichen Kommunikation und mehreren Besuchen entschloss sich Max für einen Wohnortwechsel und zog zu ihr. Am Bahn-Drehkreuz Villach nahm er einen Job bei den Österreichischen Bundesbahnen an, um in der Nähe seiner Freundin sein zu können. Kurz nach Dienstantritt als Zugbegleiter verunglückte Max tödlich. Alle seine Freunde waren geschockt und unendlich traurig. Vor allem konnten sie sich nicht vorstellen, wie ein Zugbegleiter im Alter von 25 Jahren ohne Fremdeinwirkung aus dem Zug fallen kann. Die Unfallursache wurde nie geklärt. Max wurde unter großer Anteilnahme seiner vielen Freunde in seiner Geburtsgemeinde beerdigt.
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