Der Bastard, mein Herz und ich. Nancy Salchow
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Читать онлайн книгу Der Bastard, mein Herz und ich - Nancy Salchow страница 4
„Tanja, bitte!“
„Oh, mein Auftauchen ist dem großen Geschäftsmann wohl peinlich, was?“ Sie stemmt die Hände in die Hüften. „Tut mir schrecklich leid, wenn ich dich blamiere, mein Lieber.“
„Ich weiß gar nicht, warum du eine Szene machst“, antwortet er mit gesenkter Stimme. „Es ist doch nichts vorgefallen, dass dich dazu veranlassen müsste, hier in aller Öffentlichkeit aus der Rolle zu fallen.“
„Aus der Rolle zu fallen?“ Sie schaut sich mit hämischem Lachen im Restaurant um, in dem sich die peinlich berührten Köpfe der Anwesenden entweder vor Neugier heben oder vor Scham senken. „Vielleicht stehe ich ja darauf, aus der Rolle zu fallen, Alwin. Und zwar genau hier, wo es alle mitbekommen. Das hat doch was, findest du nicht?“
Nun scheint es ihm zu reichen.
Mit rosigen Wangen erhebt er sich von seinem Platz und legt seine Hand an ihren Unterarm. „Lass uns draußen darüber reden, okay?“
Sie entgegnet etwas, das ich nicht verstehen kann.
Entgeistert schaue ich den beiden dabei zu, wie sie das Restaurant durch einen Seitenausgang in Richtung Ostseeterrasse verlassen.
„Ich bin gleich wieder da“, ruft er mir auf halber Strecke zu. „Probieren Sie das Carpaccio. René wird es sicher gleich servieren. Sie werden begeistert sein.“
Die Blicke der anderen Gäste streifen mich. Ob sie mich für seine Gespielin halten? Die Neue an seiner Seite, nachdem er gerade erst die Vorgängerin abserviert hat?
Ich senke meinen Blick peinlich berührt auf meine Hände. Bleib gelassen, Sina. Bleib einfach ganz gelassen. Du tust hier nur deinen Job – und das Privatleben dieses Mannes geht dich nicht das Geringste an.
Kapitel 3
Die Wellen streicheln den Sand wie Blätter, die an einer mächtigen Baumkrone ihre unsichtbaren Linien im Wind ziehen.
Auf und ab.
Hin und her.
In einer anderen Situation, an einem anderen Tag, hätte ich vermutlich meine Schuhe ausgezogen, um barfuß durch den feuchten Sand zu laufen, hätte mich hier und da von einer Welle berühren lassen und dabei vergnügt aufgeschrien.
Doch hier und heute ist Professionalität gefragt.
„Den Kopf ein klein wenig mehr nach links. Entspannen Sie sich. Ja genau so.“
Alwin steht neben einem alten Ruderboot, das umgedreht im Sand liegt und folgt meinen Anweisungen.
Während ich meine Fotos schieße, flackern Bilder in mir auf, wie sie mich immer heimsuchen, wenn ich am Strand fotografiere. Bilder längst vergangener Tage mit Hannes und mir am Meer – und mit ihnen die Erinnerungen an unsere erste Liebesnacht in genau so einem alten Ruderboot im Schilf.
Hannes. Meine erste Liebe.
Und meine bisher längste, mit der keine der nachfolgenden Beziehungen konkurrieren konnte.
Was er wohl inzwischen macht? Ob er die Fesseln der Provinzlangeweile, wie er sie immer so abfällig nannte, inzwischen abgelegt hat und in Berlin glücklicher geworden ist? Und ob er mich und unsere vier Jahre inzwischen vergessen hat?
„Wissen Sie, dass ich mir ziemlich dämlich vorkomme?“, ruft er mir zu.
„Dämlich?“ Ich komme ein paar Schritte aus dem Wasser heraus auf ihn zu. „Aber warum denn?“
„Weil nichts unnatürlicher ist als ein gestelltes Foto“, antwortet er, während er die Arme sinken lässt. „Es wäre mir wesentlich lieber, wenn Sie mich bei der Arbeit fotografieren. Am besten so, dass ich es nicht mitbekomme.“
„Sie arbeiten aber nun mal am Meer“, verteidige ich meine Strategie. „Da müssen wir zumindest ein wenig Flair in die Sache bringen. Langweilige Schreibtisch-Fotos kann doch jeder. Ich bin auf der Suche nach dem ganz besonderen Schnappschuss.“
„Trotzdem muss eine kleine Fotopause erlaubt sein.“ Er entfernt sich vom Boot und kommt auf mich zu. „Wie wäre es, wenn wir zurück zum Hotel gehen? Ich erwarte einen wichtigen Anruf aus München. Es wäre mir lieb, wenn ich dabei in meinem Büro wäre.“
„Natürlich.“ Ich stecke meine Kamera zurück in die Tasche. „Das Ziel ist ja, Sie bei einem ganz normalen Arbeitstag zu begleiten.“
„Eben.“ Er neigt den Kopf zur Seite und betrachtet mich, als würde er in meinen Augen die Antwort auf eine bestimmte Frage suchen. „Wer weiß, vielleicht erfahren Sie auf diese Weise ja etwas Interessantes für Ihren Bericht?“
„Was mich viel mehr interessieren würde“, entgegne ich, während wir langsam zurück zur Strandpromenade gehen, „ist Ihr Werdegang, Herr Teschner.“
„Mein Werdegang?“
„Ja. Wir sind Sie überhaupt zu Ihrem ersten Hotel gekommen? Sie sind doch noch so jung, wenn ich das so sagen darf.“
„Danke. Aber mein erstes Hotel hat weniger mit Erfolgsgespür zu tun als mit Glück. Mein Vater ist vor sieben Jahren in den Ruhestand gegangen und hat mich in seine Fußstapfen treten lassen, nachdem ich eine Ausbildung zum Hotelfachmann in ebendiesem Ursprung all meiner Hotels absolviert hatte.“
„Im Möwenzauber?“
Er nickt. „Dort fing alles an. Und von da an haben wir alles getan, um das Hotel zu dem zu machen, was es heute ist.“
„Wir?“
„Mein Bruder und ich.“
„Sie haben einen Bruder?“
„Clemens. Wobei er sich mehr auf Restaurants spezialisiert hat. In unseren Hotels, aber auch darüber hinaus. Das ist sein Steckenpferd. Er ist der beste Koch, den Sie sich vorstellen können. Die Gemüselasagne, die Sie heute gegessen haben, verdanken Sie ihm.“
„Tatsächlich? Sie war großartig.“
„Clemens hat es einfach drauf. Das Geschäftliche hingegen überlässt er lieber mir.“ Ein geheimnisvolles Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. „So wie einige andere Dinge.“
„Verstehe.“
„Na ja, und die anderen beiden Hotels in Wismar“, fährt er fort, „das hat sich einfach durch Zufall ergeben. Eines stand zum Verkauf, weil die Besucherzahlen im Sturzflug waren. Das andere war das Opfer einer bösen Scheidung. Die Besitzer waren verheiratet – bis sie ihn mit einem Zimmermädchen in flagranti erwischt hat. Und dann ging es um alles oder nichts. Sie wissen schon: Kann ich das Hotel nicht haben, kriegst du es auch nicht.“
„Beängstigend, wie schnell sich Liebe doch wandeln kann.“
„Beängstigend, ja.“ Er stupst mir mit dem Ellenbogen in die Hüfte. „Das mit dem Zimmermädchen behalten Sie aber bitte für sich, ja? Es soll mich ja niemand für eine männliche Tratschtante halten.“
„Natürlich.