Ich bin nicht depressiv! Oder etwa doch?. Sandra Mularczyk

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Ich bin nicht depressiv! Oder etwa doch? - Sandra Mularczyk

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wie jeder meint, das weiß ich nicht. Es interessiert mich auch nicht weiter. Sie ist meine Zimmergenossion, mehr nicht. Ich habe mich eben an sie gewöhnt, so wie ich mich an diese Psychiatrie allmählich gewöhnt habe, an die anderen Patienten, an die Pfleger… Woran ich mich nur nicht so wirklich gewöhnen kann, das ist mein Leben. Kann das wirklich mein Leben sein? Ich wage es zu bezweifeln. So habe ich mir mein Leben zumindest nicht vorgestellt. Früher, als ich noch Vorstellungen davon hatte, wer oder was ich einmal werden wollte. Na ja, jetzt bin ich hier.

      Eine neue Freundin

      "Sollen wir reden?", fragt Veronica plötzlich und steht auf. Völlig perplex starre ich das Mädchen an. Träume ich? "Kneif mich mal…", wisper ich. "Du träumst nicht!", sagt sie und kneift mich nicht. "Also los, hast du Bock?", fragt sie noch einmal, doch aus meinem Mund kommt kein einziges Wort. Das gibt es doch nicht. Ich habe mich so an das große Schweigen von Veronica gewöhnt, dass ich nicht weiß, wie ich jetzt damit umgehen soll. Aber sie ist schon Veronica, oder? Das Mädchen, das so lebt, als würde es gar nicht existieren? Es geht nicht einmal darum, dass sie gerade mit verschränkten Armen und grinsendem Gesicht vor mir steht, es geht mehr darum, dass sie überhaupt nicht mehr teilnahmslos wirkt, ganz im Gegenteil. Sie wirkt wie das sprühende Leben. So als würde sie tagtäglich nichts Anderes tun, als solche Einladungen auszusprechen. "Veronica?", frage ich unsicher. "Kannst mich ruhig Roni nennen!", sagt sie und schmunzelt noch mehr. "Was denn los? Bist doch sonst nicht so auf den Mund gefallen!", neckt sie mich. Mit wackligen Beinen stehe ich auf und ziehe mir Jacke und Schuhe an. "Darfst du überhaupt raus...äh...so ganz ohne Betreuer?", frage ich. "Du kannst ja auf mich aufpassen!", entgegnet sie frech und stupst mich leicht an. "Oder hast du etwa Angst?" " 'türlich nicht!", murmle ich in meinen Jackenärmel hinein und traue mich nicht, sie anzusehen. Wie alt ist sie überhaupt, frage ich mich, während sie wie selbstverständlich zum Schwesterzimmer geht und sich abmeldet. Wie ein Trottel dackel ich ihr hinterher. "Bin auch draußen!", murmle ich. "Zum Abendessen zurück sein!", antwortet Schwester Beate, woraufhin ich nicke. Draußen angekommen, traue ich mich endlich, meine Zimmergenossin genauer unter die Lupe zu nehmen. "Du warst doch noch nie draußen!", sage ich verblüfft. "Doch!", sagt sie und schaut mir mitten in die Augen. "Ich habe regelmäßig Freigang!" Und dann prusten wir beide los.

      Einfach nur Menschen

      Nach dem großen Gelächter, stehen wir uns schweigend gegenüber. Zum ersten Mal, seit wir uns gezwungermaßen ein Zimmer teilen, sehen wir einander in die Augen. "Das war schön!", sage ich schließlich. "Habe schon lange nicht mehr so befreit gelacht!" "Ja!", sagt Veronica mit ernster Stimme. Soll ich sie jetzt eigentlich Roni nennen? Ich weiß nicht. Es erscheint mir so intim… so nahe… Stehen wir uns nahe? Ich meine, bis vor wenigen Minuten haben wir uns kaum beachtet und nur ein paar oberflächliche Floskeln miteinander gewechselt… "Ja", sagt Veronica noch einmal und seufzt schwer. "Wollen wir bisschen laufen?" Ich nicke und wir laufen los. Keine Ahnung wohin, Richtung Park wahrscheinlich. "Es ist beschissen! ", sagt Veronica. "Beknackt!", sage ich. "Die haben keinen Plan...", beginne ich. "Denken aber, sie wüssten alles…", fährt Veronica fort. "Schlaumeier!", sage ich. "Volltrottel!", sagt Veronica. "Möchte-Gern-Wissende, Lackaffen, Nerds, Bekloppte…" "Spinner!", unterbreche ich Veronicas Auflistung. Sie nickt hefig. "Aber mega!" Dann grinsen wir beide. Boah, hat das Spaß gemacht. Ich spreche nicht gerne so über andere Menschen. Ich bin nicht so der Urteils-Mensch, aber das gerade war so erleichternd. Es war ein liebevolles und doch abgrenzendes Urteilen. Ein: Die Anderen wissen gar nicht mehr Bescheid als ich. Die sind genauso dumm wie ich. Wir sind alle dumm. Keiner ist besser als der Andere. "Doch!", sagt Veronica und bleibt stehen. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, sagt sie: "Du bist ein besserer Mensch!" Skeptisch sehe ich sie an. "WENN es so etwas wie bessere Menschen gäbe, dann wärst du ein besserer Mensch. Da es so etwas aber nicht gibt, bist du genauso bekloppt wie die Anderen!", erklärt Veronica. Ich nicke. "Verstehe. Du auch… Glaub ich… Meine ich zu wissen… Ach, kein Plan. Einigen wir uns auf Menschen. Wir sind alles Menschen. Mit den Urteilen, das kann ich nicht so gut." "Einigen wir uns auf Lebewesen?", schlägt Veronica einen Kompromiss vor. Ich nicke und wir laufen weiter.

      Aber ihr Leben funktioniert doch

      "Vielleicht bin ich ja doch depressiv!", sage ich und fühle diese Schwere in meinem Herzen. Und diesen Stein auf meiner Brust, den kann ich auch fühlen. "Ich glaube, du bist nur traurig!", sagt Veronica. "Und ein bisschen hoffnungslos…" "Bedeutet hoffnungslos nicht depressiv?", frage ich. "Nein!", sagt Veronica. "Glaub mir. Depressiv sind die Menschen, die lächelnd durch die Welt laufen und klar kommen." "Im Ernst jetzt?", frage ich völlig verblüfft. "Aber klar doch. Die sind doch innerlich tot. Die haben sich selbst völlig aufgegeben!" "Aber sie pflegen sich und stehen morgens auf!", gebe ich zu bedenken. "Ja, aber nicht, weil es ihnen Freude bereitet. Sie tun es, weil sie nichts anderes kennen. Sie tun es täglich, sie stehen immer auf, einfach, weil man es so macht. Auch ihr Leben, es funktioniert, weil es funktionieren muss . Mehr nicht. Glücklich sind sie schon lange nicht mehr. Vielleicht waren sie als Kind mal glücklich. " "Ich weiß nicht…", gebe ich zu und streiche mir eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. Früher hatte ich ähnliche Gedankengänge wie Veronica. Sie erscheinen mir auch heute noch irgendwie plausibel, aber seit geraumer Zeit glaube ich nicht mehr an sie. Irgendetwas stimmt nicht an meiner Weltsicht… Was ist, wenn sie doch glücklich sind? Glücklich mit ihrer Stumpfsinnigkeit, glücklich mit ihrer Blindheit? Vielleicht wollen sie ja blind sein. Vielleicht gefällt es ihnen sogar. Vielleicht geht es ihnen sogar richtig gut damit. "Ich weiß nicht, was Depressionen sind!", sage ich schließlich. "Depressionen haben so viele Gesichter, dass sie letztlich wieder alles sein können. Alles, was es gibt." "Man kann es nennen, wie man will!", sagt Veronica grinsend und setzt sich auf eine Parkbank. Sie zeigt auf eine Bude. "Willst'n Eis? Ich geb dir was aus!" "Gerne!", antworte ich wie aus der Pistole geschossen und freue mich. Irgendwie schön, diese kleine Auszeit mit Veronica. Der Spaziergang fühlt sich tatsächlich an wie eine Auszeit. Auszeit wovon? Auszeit von dem täglichen Wahnsinn? "Ich mag dich!", sage ich und spüre, wie Wärme in mir aufsteigt. "Ich mag dich schon lange!", erwidert Veronica und befiehlt mir, sie ab sofort, Roni zu nennen. "Das macht man so, wenn man jemanden mag!", erklärt sie fachmännisch. "Und du tust also gerne Dinge, die man so macht?", entgegne ich. Veronica antwortet nicht und geht zur Bude. Ich bleibe auf der Bank sitzen und denke nach. Komische Welt. Gerade eben wurde ich noch aus der Gruppe heraus geworfen, jetzt sitze ich hier mit diesem mir fremden und doch vertrauten Mädchen und...ja, ich genieße es. Zum ersten Mal seit langer Zeit kann ich davon sprechen, dass ich etwas genieße. Wow.

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