Polstead Hall oder Die Frau in Rot. Katja Pelzer

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Polstead Hall oder Die Frau in Rot - Katja Pelzer

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„Dabei haben wir beide den Krieg erlebt, in dem Menschen jeden Alters sterben mussten.“

      „Krieg ist etwas anderes“, sagte Marie.

      „Ja, Sie haben Recht. Doch auch Maria Marten ist eines gewaltsamen Todes gestorben.“

      Marie horchte auf und wieder beschleunigte sich ihr Herzschlag.

      „Ein spektakulärer Mordfall war das damals. William Corder, ihr Liebhaber und Vater ihres mit einem Jahr auf mysteriöse Weise verstorbenen Kindes, hat sie umgebracht. Die Sache ging als Red Barn Murder in die englische Kriminalgeschichte ein. Marias Mörder wurde gehängt.“ Marie vergaß beinahe zu atmen, während sie dieser abenteuerlichen Geschichte lauschte. „Und warum hat er sie umgebracht?“, hakte sie nach und rutschte nervös auf ihrem Stuhl herum, als Mrs Cooke zum Schluss kam.

      „Darüber gibt es viele verschiedene Geschichten. Wie es wirklich war, werden wir wohl nie erfahren. Heute glaubt man, dass Marias Stiefmutter ebenfalls eine Affäre mit Corder hatte und sie das Mädchen gemeinsam loswerden wollten. Corder hatte demnach endlich eingewilligt Maria zu heiraten. Er wollte sie treffen, um die Sache mit ihr in trockene Tücher zu bringen, wie er versprach und verabredete als Treffpunkt die rote Scheune auf dem Pachtland seines Vaters, hier in Polstead. Von dort wollte er mit ihr nach Ipswich verschwinden, um sie zu ehelichen. Doch man hörte nie wieder von ihr. Die Eltern erhielten schließlich Briefe von Corder aus Ipswich, Maria habe sich an der Hand verletzt und könne daher nicht selber schreiben. Das war schon seltsam.“ Maries Herz schlug bis zum Hals, während sie Mrs Cooke zuhörte. Blass im Gesicht schenkte sie der alten Dame Tee nach, ohne den Blick von ihren Lippen lösen zu können.

      „Und dann träumte Marias Stiefmutter angeblich drei Nächte in Folge, dass ihre Stieftochter tot hinter der roten Scheune läge. Dort fanden die Polizisten dann wirklich die Leiche.“ Marie schüttelte ungläubig den Kopf. „Das ist ja ungeheuerlich“, sagte sie.

      „Ja nicht wahr, sagte Mrs Cooke, „Man glaubt heute, Marias Stiefmutter habe herausgefunden, dass Corder in Ipswich längst ein neues Leben mit einer neuen Frau begonnen hätte und habe sich an ihrem untreuen Geliebten gerächt, indem sie die Träume erfand. Egal wie es sich wirklich zugetragen hat, der Mann wurde, wie man so sagt – ,seiner gerechten Strafe zugeführt’.“

      „Eine schreckliche Geschichte“, sagte Marie schließlich.

      „Ach Kindchen, aber so lange her. Vergessen Sie es einfach wieder.“

      Doch das konnte Marie nicht. Sie dachte an die Frau im roten Kleid, die sie über den Friedhof hatte huschen sehen.

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