Palmer :Black Notice. Stephan Lake
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Mark schüttelte den Kopf. Billiges Fertigessen, tiefgefroren, in der Mikrowelle aufgewärmt? Er verlangte einen Jasmintee.
Der Kellner ging.
Minuten später stellte ihm eine junge Chinesin wortlos eine große Tasse mit heißem Wasser und einem Teebeutel hin, daneben legte sie eine Handvoll Servietten. Mark warf ihr einen Blick zu. Er schätzte die junge Frau auf nicht älter als siebzehn, und sie schien ziemlich müde zu sein, denn ohne ihn anzusehen setzte sie sich wieder auf ihren Platz neben der Theke und schloss die Augen. Eine Studentin vielleicht, deren Familie nicht zu den Besserverdienenden gehörte; eine der vielen, die abends für ihren Lebensunterhalt arbeiten mussten, tagsüber studierten und dabei auf einen Sechzehnstundentag kamen. Vielleicht eine Studentin seiner Universität, vielleicht sogar eine seiner Studentinnen, die ihn vor lauter Müdigkeit nicht erkannt hatte.
Er musterte sie.
Vielleicht.
Der Anruf aus seiner Vergangenheit hatte ihn am Mittag erreicht, kaum, dass er nach der Vorlesung sein Büro betreten hatte. Seine Sekretärin hatte den Kopf zur Tür hereingesteckt und gesagt, ein Mann wäre am Telefon und wünschte mit ihm zu sprechen.
„Ein Mann?“
Sie hatte mit ihren schmächtigen Schultern gezuckt.
„Wie heißt der Mann?“
„Er wollte mir seinen Namen nicht nennen.“
„Chinese?“
„Ja.“
„Hm.“
„Er ruft aus Hong Kong an, sagt er.“
„Aus Hong Kong?“
„Hong Kong.“
„Und er wollte seinen Namen nicht nennen?“
„Er wollte mir seinen Namen nicht nennen.“
Schnell hatte sich herausgestellt, wer der anonyme Anrufer war und ebenso schnell war klar, warum er seinen Namen nicht genannt hatte. Die Entscheidung, ob Mark ihm helfen wollte, hatte ihm der Anrufer abgenommen. Du schuldest mir das. Sie hatten gesprochen, dann hatte Mark seine Sekretärin angewiesen, alle Termine für die kommenden Tage abzusagen. Ihren fragenden Blick hatte er unbeantwortet gelassen.
Er hatte von seinem Konto eine größere Summe Bargeld abgehoben, war damit nach Chinatown gefahren und hatte das Geld deponiert. Dann war er nach Hause.
Beim Abendessen hatte er Linda von einem Anrufer berichtet, für den er in den nächsten Tagen einige Dinge tun musste. Die wenigen Einzelheiten, die er selbst kannte, auch den Namen des Anrufers, sparte er aus. Es gab keinen Grund, sie zu beunruhigen. Linda war seit fast fünfunddreißig Jahren seine Frau. Sie wusste von vielen Dingen, die er getan hatte, von noch mehr Dingen aber wusste sie nichts. Und Linda hatte gelernt, nicht zu fragen, sondern mit der Angst um sein Leben zurechtzukommen. Weil er es so von ihr verlangte.
„Wann sehen wir uns wieder?“
Er hatte den Revolver eingesteckt und nicht geantwortet. Er wusste es selbst nicht.
Mark drehte das Handgelenk. Seine Uhr zeigte zehn. Der Anrufer war spät. Er fischte den Teebeutel aus dem Glas, legte ihn, da er nicht wusste, wohin sonst, auf die Servietten, nippte an seinem Getränk, war überrascht und nippte erneut.
Musterte wieder die Menschen um ihn herum und draußen.
Er sah den Anrufer auf das Café zukommen.
2
Zwei Tische von Mark entfernt saß Carolin Yu vor einem Glas Latte Macchiato mit viel Schaum. In der Hand hielt sie ein Modemagazin, in das sie scheinbar vertieft war. Sie war zwei Stunden zuvor nach einem mehr als zwanzigstündigen Flug aus New York kommend in Singapur gelandet und auf direktem Weg vom Flughafen zu diesem Café gefahren. Ihre Zielperson wollte sich hier mit einem Mann namens Mark Li treffen. Li, so stand in dem Dossier ihrer Abteilung, war chinesischer Staatsbürger und ehemaliger Spion des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit. Und er war der ehemalige Chef ihrer Zielperson.
Carolin streckte ihren müden Rücken, nahm wieder ihr Telefon aus der Handtasche und guckte auf das Display und steckte es wieder ein.
Sie hatten sie für diese heikle Mission ausgesucht, weil sie drei besondere Eigenschaften besaß: Erstens fiel sie aufgrund ihrer Herkunft in Singapur nicht auf, zweitens sprach sie, wie ihre Zielperson, Mandarin und Kantonesisch. Und drittens – und als ihr Boss das sagte, war sie schon ein bisschen stolz – „bist du eine der verdammt besten Mitarbeiterinnen, die die amerikanische Heimatschutzbehörde je hatte“.
Ihr wurde gerade der zweite Latte serviert, da war Mark Li ins Café gekommen, hatte sich an den Ecktisch gesetzt, das Gesicht mit einem Tuch abgewischt, bestellt, die Ärmel seines Hemdes hochgekrempelt, an seinem Tee genippt. Schlank, drahtig, die gebräunte Haut nahezu faltenlos, schwarzes, volles Haar, nur wenig Grau. Li sah jünger aus als die sechzig Jahre, die er ihren Informationen nach war.
Obwohl seit fast neun Jahren Soziologieprofessor an einer der Universitäten der Stadt und ebenso lange nicht mehr aktiv, musste sie davon ausgehen, dass Mark immer noch Profi genug war, ihr den Job schwer zu machen. Für sie bedeutete das, vorsichtig zu sein und so zu tun, als ob sie sich für nichts auf dieser Welt interessierte außer für ihr Modemagazin und ihr Getränk.
Ihr fiel das nicht schwer. Sie hatte eine Schwäche für Latte Macchiato, die einzige Ausnahme in ihrer ansonsten kalorienarmen Diät, sie liebte Modemagazine, und sie war entspannt, wofür es einen guten Grund gab.
Denn wenn alles gut gegangen war, und daran zweifelte sie nicht, dann war ihre Zielperson bereits vor einer knappen Stunde festgenommen worden und saß jetzt in einem Flugzeug mit Kurs in ein Land, das keine Fragen stellte, wenn Agenten der Heimatschutzbehörde mit einem Gefangenen einreisten.
Li würde dann vergebens warten und nie erfahren, was ihre Zielperson erfahren hat.
Und sie, ja, sie könnte sich einen freien Tag in einer der schönsten Städte der Welt gönnen und vielleicht sogar das eine oder andere Kleidungsstück aus diesem Magazin anprobieren, das sie aus dem Flugzeug mitgebracht hatte. Sie wartete nur auf die Meldung ihrer Leute.
Und zum vierten Mal innerhalb der vergangenen Stunde guckte sie auf ihr Telefon. Und zum vierten Mal hatte sie keine Nachricht.
Was war los, verdammt?
Und dann unterlief ihr ein dummer, dummer Fehler.
Denn noch während sie ihr Telefon wieder einsteckte sah sie ihre Zielperson in das Café kommen.
Und Carolin Yu, eine der verdammt besten Mitarbeiterinnen von Homeland Security, konnte für einen kurzen Moment ihr Erstaunen nicht unterdrücken.
Mark hatte die Chinesin wahrgenommen, selbstverständlich. Dreißig Jahre alt, sehr schlank, elegant gekleidet mit einem Kostüm aus dunkelblauer Seide und passenden dunkelblauen Stiefeletten mit hohen Absätzen. Eine sehr