Unerwünscht. Sylvia M. Dölger
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Sylvia M. Dölger
Unerwünscht
Bd. 1 der Serie fünfzehn
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Inhaltsverzeichnis
1 Die Zettelnachricht
Boah, stank Ben aus dem Mund. Hat sich wohl mit den Jungs nachts wieder volllaufen lassen. Ich befand mich zwischen seinen Armen und der Wand. Breitbeinig stand Ben vor mir und textete mich zu. Ich zitterte, wollte nur weg. Hart spürte ich die Wand in meinem Rücken. Als könnte er meine Gedanken lesen, nahm er grob meine Hände und drückte sie über meinem Kopf gegen die Wand. Mein Herz pumpte schneller. Zu schnell.
»Lass mich los! Was willst du überhaupt?« Ich spuckte auf sein T-Shirt.
»Mensch, Ally, du bist süß. Vor allem deine dicken Schenkel.« Er kam einen Schritt näher, lachte. Wollte er mich etwa küssen? Ich trat um mich, zielte genau zwischen seine Beine. Aber nun drückte er auch noch sein Bein gegen mich. Ich konnte mich kaum noch bewegen.
»Halt doch mal still. Ich tu dir doch nichts.« Er war jetzt mit seinem Gesicht so nah, dass ich den Belag auf seinen Zähnen sehen konnte. Angewidert drehte ich den Kopf weg.
Plötzlich nahm Ben seine Hand von der Wand. Was hatte er vor? Wenn er mich anfasste, würde ich so laut schreien, wie ich konnte. Doch was würde mir das bringen? Hier in der letzten Ecke hinter der Sporthalle. Niemand würde mich hören. Wenn Greg doch hier wäre. Er würde mich retten.
Ich spürte Bens kratziges Kinn auf meinem. Dann presste er seine Lippen auf meine. Ich wollte ihm eine scheuern. Doch er hielt meine Hände fest umschlossen. Alles in mir bäumte sich auf, ich spannte den Körper an, um ihm fest in die Eier zu treten. Als er seine Zunge in meinen Mund schieben wollte, hörte ich Schritte …
Dann klopfte es.
Zwei Sekunden später saß ich aufrecht im Bett. In meinem Bett. Ein Traum. Einer der Sorte, die einen sehr fahlen Geschmack auf der Zunge hinterlassen. Was war mit Ben? Warum träumte ich so grässliches Zeug? Eigentlich war er harmlos. Das redete ich mir nun ein, um mich etwas zu beruhigen. Trotzdem zitterte ich noch immer.
Obwohl Mom mich geweckt hatte, kam ich mal wieder zu spät zur Schule. Das schlechte Gefühl begleitete mich den ganzen Tag. Irgendetwas stimmte nicht. Etwas, das ich seit Tagen ahnte, das ich aber nicht wissen wollte, das ich erfolgreich verdrängt hatte. Bis zu diesem Traum. Was wollte der Traum mir sagen? Warum träumte ich ausgerechnet von Ben? Oder hatte das gar nichts mit Ben zu tun? Ging es um etwas, das passierte, ich aber nicht wollte?
In der ersten Stunde stand nur Geschichte mit Referendar Breitling auf dem Stundenplan. Der lächelte mir zu, als ich die Klasse betrat. Der Unterricht hatte noch nicht angefangen. Die einen spielten mit ihren Handys, andere warfen mit Papierkügelchen. Ben und die Jungs spielten Karten. Die Mädchen kicherten. Der Breitling stand vorne. Was machte er da nur?
Er nahm ein Blatt Papier und zerriss es langsam. Immer wieder. Einige lachten, andere ignorierten ihn. Dabei konnte er richtig nett sein, und er sah ziemlich gut aus, ganz schön jung für einen Lehrer - mit blondem Fransenschnitt und knackigem Po. Schnell blendete ich diese Gedanken aus.
Ich ging jetzt mit Greg, dem Austauschschüler aus Kalifornien. Mit seinen ganz leicht abstehenden Ohren, der ein wenig zu groß geratenen Nase und den dunkelsten Augen der Welt war er super interessant und sexy. Wenn ich eins nicht mochte, dann Schönlinge und erst recht nicht die sich selber schön fanden. Wenn ich an Greg dachte, wurde mir ganz warm und mein Herz schlug Purzelbäume. Ich war bis über beide Ohren in ihn verknallt.
Ich sah zu Isabelle, die wir alle Isi nennen. Die rollte mit den Augen, als sie aus dem Geschichtsbuch aufsah. Ihr schmales Gesicht mit den kurzen, rotblonden Fransen konnte ich von der Seite sehen. Sie schob die großen Brillengläser runter auf die Nase und machte einen auf Professorin. Sie stieß ihren Sitznachbarn Mic an. Mic hieß eigentlich Michael und gehörte schon lange zu uns. Ich wandte mich wieder dem Schauspiel zu. Der Referendar tat mir irgendwie leid.
Jetzt checkte er endlich, dass niemand das zerrissene Blatt Papier interessierte, und sprach uns an:
»Können wir nun mit dem Unterricht beginnen?« Seine Stimme war leise. Viel zu leise. Viel zu nett. Der sollte mal schreien und endlich für Ruhe sorgen. Natürlich veränderte niemand sein Verhalten. Ben legte sogar noch provozierend die Füße auf den Tisch und schaltete sein Handy ein. Linkin Park dröhnte daraus. Bens Anblick verursachte eine Gänsehaut in meinem Nacken.
»Hey, hast du auch Bruno Mars drauf?«, fragte die Schwoll.
»Stell das bitte aus, das ist verboten, Ben! Passt mal auf, in der nächsten Woche kommt jemand mit in diese Klasse.« Der Breitling sah uns alle eindringlich an. Das sah zu komisch aus, wenn sich seine Brauen berührten und die großen Knopfaugen so guckten. Er erinnerte mich an einen Teddy aus meiner Kindheit. Sein Fehler war, dass er in diese bescheuerte Klasse gekommen war. »Diese Stunde ist dann wie eine Prüfung für mich, mein erster Unterrichtsbesuch. Dann müsst ihr euch benehmen und gut mitarbeiten.« Der Breitling atmete laut. Der hatte echt Schiss.
»Warum sollten wir das tun?«, fragte Ben und grinste über das ganze Gesicht. Lallte der? Am frühen Morgen? Oder tat der nur so?
»Vielleicht weil ihr eigentlich ganz in Ordnung seid oder vielleicht auch, weil ich euch dann zu einem Drink einlade.« Oh, oh, schwerer Fehler. Isi blickte fragend aus dem