Unerwünscht. Sylvia M. Dölger

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Unerwünscht - Sylvia M. Dölger

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Isabelle?«

      »Herr Breitling. Was sollen wir denn tun, damit Ihre Prüfung gut wird?«

      Ein nettes Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus.

      »Nicht viel. Ich wollte heute mit euch diese Stunde durchsprechen. Dann wisst ihr schon, worauf es ankommt, okay?«

      »Verschießen Sie nicht Ihr ganzes Pulver, aber legen Sie endlich los!«, rief Mic in die Klasse.

      »Okay, also das Thema ist die Französische Revolution.«

      »Nee, nicht schon wieder!« Ein Teil der Klasse protestierte. Ich wollte auch lieber Pause machen und Greg treffen. Der Breitling ging mir auf die Nerven. Warum hatte auch ausgerechnet er in meine Klasse kommen müssen?

      »Schaut euch mal dieses Foto an. Was fällt euch dazu ein?«

      Ich konnte die quälenden Gedanken nicht mehr unterdrücken, musste mit jemandem sprechen. Genau in dem Moment wurde mir ein Zettel zugeschoben.

      was ist mit dir los? I.

      Man konnte mir die schlechten Nächte wohl trotz der Schminke ansehen. Isi kannte mich einfach zu gut und machte sich Sorgen um mich. Warum sollte ich meiner besten Freundin etwas verheimlichen? Ich durfte mich nur nicht erwischen lassen. Allerdings wurde es so echt, als ich es auf Papier schrieb. Viel zu echt. Bisher waren es nur Gedanken gewesen, Sorgen, die mich nicht mehr schlafen, beinahe nicht mehr atmen ließen. Ich nahm einen Zettel und legte ihn über den anderen und schrieb:

       meine tage bleiben aus

      Den beschriebenen Zettel warf ich in meinen Rucksack, den anderen faltete ich doppelt und ließ ihn unauffällig zu Isi hinüberwandern. Die guckte etwas merkwürdig, konnte dann aber wohl doch die Buchstaben entziffern. Diese Spielchen hatten wir als Kinder schließlich oft genug geübt.

       nein, wirklich, vielleicht nur verspätet

      Gute Isi, sie spielte mit.

       Ist aber schon länger her

      Ich schluckte hart. Isi wusste und ahnte bestimmt nicht, dass ich ein paar Mal mit Greg im Bett gewesen war. Was das betraf, verhielt sich Isabelle etwas komisch. Nicht, dass sie schüchtern war oder hässlich, eher altmodisch. Sie wollte sich für den »Richtigen« aufheben. Was immer das bedeutete. Und Mic konnte extrem neugierig sein, was das betraf. Auch er musste nicht alles wissen.

       warst du erkältet?

      Ja, das stimmte. Eine heftige Erkältung mit Fieber hatte mich ins Bett gezwungen. Ob es daran lag?

       ja, es könnte aber auch was anderes sein *panik*

       ehrlich. Ihr habt schon?

       jep

       oh, :-0 dann musst du wohl einen test machen *drück*

      Mit einem Plumps landete der Zettel auf meinem Tisch. Was guckte der Breitling so dämlich? Schnell ließ ich das leere Papier in der Hosentasche verschwinden.

      Bald würde es zur Pause klingeln. Schnell kritzelte ich die Hausaufgabe auf einen Block. Die Anderen, darunter auch die aufgebrezelten Mädchen und die ach so coolen Typen, verließen den Klassenraum. Nur Mic, Isi und ich blieben zurück. Ich holte mein Pausenbrot aus dem Rucksack und nagte lustlos daran herum.

      »Welche Laus ist dir denn heute über die Leber gelaufen?«, fragte Mic, der es liebte, entweder in Rätseln oder Sprichwörtern zu sprechen. Natürlich passten die nicht immer.

      »Schlecht geschlafen. Und ihr? Was geht bei euch?« Was laberte ich da? Im Moment war mir ganz bestimmt nicht danach, über meine Sorgen zu sprechen.

      »Nichts geht«, sagte Isi. »Keine Lust auf gar nichts heute.« Sie verdrehte die Augen und warf mir einen vielsagenden Blick zu.

      »Wollen wir an die Luft?«, fragte Mic.

      »Klar.« Gute Idee. Dann treffe ich vielleicht Greg.

      Wir liefen die Treppe hinunter.

      »Guck mal, die drei von der Tankstelle!« Ben wieder. Seit ich dem Typen in der Siebten eine Abfuhr erteilt hatte, nervte der. Und die Anderen auch.

      »Is was, brauchste Sprit?«, konterte ich und Mic steckte den Typen den Stinkefinger entgegen. Die konnten mich alle mal zehnfach. Mindestens. Von den Anderen hatte ich schon seit Jahren die Nase voll. Die machten einen auf obercool, hatten aber von nichts ne Ahnung. Vor allem nicht davon, wie out sie waren. Wenn die Anderen dabei waren, formten wir den Stinkefinger und Daumen zu einer null. Klar wussten nur wir drei, was das bedeutete. So was wie Nullchecker. Das machten sie auch jetzt. Irgendwie machte das auch Spaß. Normalerweise. Aber heute nicht. Isi zog mich am Arm weiter. Mic folgte uns.

      »Schon seltsam, dass der Breitling die Stunde mit uns einübt. Findet ihr nicht?«, meinte Isi draußen.

      »Hast recht.« Mic nickte. »Hoffentlich lassen diese Nullen ihn nicht auflaufen. Das fänden die Prüfer bestimmt nicht cool.« Er sah mich an. »Oder was meinst du?« Er tippte mich an. »Erde an Ally! Was ist denn mit dir los? Nur noch den Ami im Kopf!«, neckte er mich auf seine Art.

      »Lass Ally doch in Ruhe!« Isi sah Mic flehend an. Hoffentlich übertrieb sie es nicht. Nicht, dass sie sich noch verriet.

      »Nichts ist, mir ist nur kalt.« Wir standen auf dem Pausenhof herum. Genau in der anderen Ecke als die Raucher. Die Sonne zeigte sich so früh am Morgen noch nicht in voller Stärke. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und fror. Die Osterferien waren vorbei, aber die langen warmen Tage ließen noch auf sich warten. Möglichst unauffällig hielt ich Ausschau nach Greg. Bei dem Gedanken daran, dass er mich in wenigen Minuten berühren würde, zuckte ich zusammen und mir wurde gleich etwas wärmer.

      »Hey, wie läuft’s eigentlich mit Greg?«, fragte Mic. Klar, der war die ganzen Ferien mit seinen Eltern im Urlaub gewesen. »Erzähl. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen.« Mics blaue Augen leuchteten.

      »Greg ist in Ordnung.« Da waren wir uns einig. Greg war älter und ging in die zehnte Klasse. Wir konnten uns nur in den Pausen sehen.

      »Läuft da nu was, oder nicht?«, hakte Mic nach.

      Eigentlich hatte ich keine Lust mehr, über Gregory zu sprechen. Ich wollte ihn sehen. Ich versuchte ein Lächeln und sagte: »Greg ist süß, aber ich werde nicht schlau aus ihm. Wie wär‘s? Machen wir heute Abend was zusammen?« Ein anderes Thema konnte nicht schaden.

      »Wie wäre es mit Bowling?«, schlug Mic vor.

      »Coole Idee. Das haben wir länger nicht gemacht«, antwortete Isi. »Was ist mit dir, Ally? Bist du dabei? Kannst ja Greg fragen, ob er mitkommt.« Isi legte mir einen Arm um die Schulter und flüsterte mir »Alles wird gut« ins Ohr.

      »Okay. Ich bin dabei.«

      »Hey, wenn man vom Teufel spricht!« Mic zeigte mit dem Finger auf den großen Jungen, der mit ein paar anderen über den Schulhof lief. Plötzlich bekam ich weiche Knie. Was würde Greg zu meinem Problem sagen?

      Ich beschloss, dass er nichts davon erfahren durfte.

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