Jedem Tag folgt ein Abend. Wilma Burk

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Jedem Tag folgt ein Abend - Wilma Burk

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und sie?

      „Komm! Sonst fliegt der Hubschrauber ohne uns los“, riss mich Mark aus meinen Gedanken.

      Hand in Hand rannten wir zu den andern. Das Leben hatte uns wieder.

      *

      Vorsicht, nicht stolpern!

      Bereits in seiner Kindheit war Henrik ein Heißsporn. Während er bei jeder Treppe gleich zwei Stufen auf einmal nehmen musste, stieg sein Freund Knut Stufe für Stufe nach oben.

      „Erster!“, rief Henrik jedes Mal, wenn er oben ankam.

      „Wenn dir das wichtig ist“, antwortete Knut stets und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

      „Mann, bist du langweilig!“

      „Ich komme auch so oben an und laufe nicht Gefahr, zu stolpern, fehlzutreten und runterzufallen.“ Nein, Knut war der Besonnene.

      Vielleicht hielt diese Freundschaft gerade deshalb, weil sie so verschieden waren. Möglicherweise riss Henrik dabei den ruhigen Knut manchmal mit, während Knut mitunter den übereifrigen Henrik abbremste. Das war gut für beide.

      Ihr Studium absolvierten sie noch an der gleichen Universität. Doch danach verloren sie sich aus den Augen.

      *

      Jahre waren vergangen, beide im besten Alter, als sie sich wiedersahen. Knuts Haare hatten sich bereits ein wenig von der Stirn zurückgezogen und der Gürtel seiner Anzughose drückte sich in ein darüber vordrängendes Bäuchlein. Er hatte noch seinen Doktor gemacht und es in einer Firma zu einer leitenden Stellung gebracht.

      Auch Frau und Kind gab es inzwischen für ihn.

      Gedankenverloren saß er eines Nachmittags vor einem Cafe an einem der Tische auf der Straße, rührte in seinem Milchkaffee und betrachtete dabei die vorübereilenden Leute. Plötzlich stutzte er. Den, der dort kam, den kannte er doch. War das nicht …?

      Schon hatte der ihn auch erblickt. „Mensch Knut, bist du das?“, rief Henrik und kam auf ihn mit federndem Schritt zu. Flott war sein Auftreten. Kein Pfund zu viel wurde von seiner sportlichen Kleidung eingeengt. Kurz fuhr er sich durch sein noch immer störrisches, dichtes Haar, ehe er ihm erfreut beide Arme entgegenstreckte.

      Die Freunde umarmten sich, schlugen sich freundschaftlich gegenseitig auf den Rücken und setzten sich.

      „Was machst du?“

      „Wie geht es dir?“

      Die Fragen gingen hin und her. Mit viel fremdem Geld hatte sich Henrik selbstständig gemacht und tätigte noch immer Geldgeschäfte. Heiraten, Familie, das hatte Zeit. Natürlich gab es da jemand an seiner Seite, „Tolle Freundin! Fotomodell“, schwärmte er. „Doch daneben … Na, ja!“ Er lachte vielsagend und zwinkerte Knut zu. Dann zog er ein Bild von ihr aus seiner Jackentasche und dazu noch andere. Die schlug er vor Knut einzeln auf den Tisch: „Mein Haus - mein Pool - mein Auto - mein Pferd- mein Ferienhaus in Spanien und meine Jacht! Na, was sagst du dazu?“

      Knut war für einen Moment sprachlos. „Und das alles gehört dir?“

      „Was denkst du?“

      „Ich meine, so richtig?“

      Erst schaute Henrik verblüfft, dann lachte er. „Verstehe, was du meinst. Sei beruhigt, unterm Strich gehört mir alles.“

      „Unterm Strich?“

      „Die Geschäfte laufen natürlich noch, müssen laufen, und sie laufen gut. Stillstand wäre Rückgang.“

      „Und das geht ohne Risiko?“

      „Na, gut! Etwas Risiko ist immer dabei. Aber ohne Risiko kannst du strampeln, wie du willst, du kommst zu nichts.“

      Nachdenklich sah Knut ihn an. „Dann bist du also die Treppe hinaufgefallen.“

      „So kann man es nennen, ja!“ Henrik sonnte sich in seinem Erfolg. Es war nicht zu übersehen, wie wohl er sich dabei fühlte, Knut so imponieren zu können. „Du warst ja immer der Meinung, Stufe für Stufe könne man sein Ziel auch erreichen. Erinnerst du dich?“

      „Ja, ich erinnere mich sehr gut daran!“, betonte Knut.

      „Die Geduld hätte ich nicht.“ Henrik machte dabei lachend eine wegwerfende Bewegung. Er schob die Bilder zusammen und steckte sie ein. Dann tauschten sie Adressen und Telefonnummern aus. „Lass mal was von dir hören“, sagte Knut noch, ehe sie sich trennten.

      *

      Wieder vergingen Jahre, in denen sie längst vergessen hatten, sich anzurufen. Knuts Haare begannen grau zu werden und die Stirn war noch höher geworden. Als die Firma, in der er angestellt war, in Schwierigkeiten geriet und in Insolvenz zu gehen drohte, bot sich ihm die Gelegenheit, sie zu übernehmen. Er wagte es. Mit seiner Erfahrung, seinem Ansehen und einer glücklichen Hand schaffte er es dann, sie wieder zu einem erfolgreichen und soliden Mittelstandsunternehmen aufzubauen. Jetzt war auch er auf seiner Treppe oben angekommen. Er hat allen Grund, sich zufrieden in seinen Chefsessel zurückzulehnen.

      *

      Das tat er auch an jenem Morgen, an dem seine Sekretärin vor ihm stand und ihm mitteilte, dass ein Bewerber um die neu ausgeschriebene Stelle gleich selbst vorbeigekommen sei. „Wollen Sie ihn empfangen?“, fragte sie.

      Knut sah nur kurz auf. „Nicht jetzt. Lassen Sie sich seine Unterlagen geben und machen Sie mit ihm einen Termin aus.“

      Bis zu ihm herein hörte er danach den lebhaften Wortwechsel im Vorzimmer. Es schien für den Bewerber besonders wichtig zu sein, diese Stelle zu bekommen.

      Und richtig, die Sekretärin kam noch einmal herein. „Er bittet darum …“

      Knut ließ sie nicht ausreden. „Nun schicken Sie ihn schon herein“, sagte er kurz.

      Noch hat die Sekretärin den Raum nicht verlassen, da stand der Bewerber in der Tür. „Ich bitte um Entschuldigung, aber …“ Dann brach er ab und blieb wie erstarrt stehen. „Du?“

      Auch Knut blieb zunächst das Wort im Hals stecken. Für einen Moment verharrte er überrascht in seinem Sessel, während die Sekretärin die Tür leise schloss. „Ja, ich, Henrik“, murmelte er dann, stand auf, ging auf den alten Freund zu und umarmte ihn. „Komm, setz dich!“

      Einen Moment schauten sie sich schweigend an, der eine im Chefsessel, der andere auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch.

      ‚Was ist mit ihm’, fragte sich Knut, ‚ist sein Blick verzweifelt?’

      Henriks noch volles Haar war schneeweiß. Seine Haltung wirkte gebeugt. Wie krampfhaft hielt er seine Unterlagen auf seinem Schoß. „Bist du hier der Boss?“, fragte er und es klang ungläubig.

      „Ja, der bin ich.“

      „Und der Laden – gehört er dir?“

      „Ja.“

      „Wenn ich das gewusst hätte, wäre

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