Die Mensch-Erklärungsformel (Teil 4). K. Ostler

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Die Mensch-Erklärungsformel (Teil 4) - K. Ostler

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und stellt etwas dar.

      Den Ur-Keim für die Entstehung der Begrifflichkeit des Wortes „Wert“ mit den jeweilig zugeordneten Eigenschaften wie dessen Skalierung gehen auf die Bewusstseinsbildung und -werdung des Menschen zurück.

      Mit der Bewusstseinsbildung ist der Mensch aus der eindimensionalen, wertneutralen Funktionalität, die lediglich auf das Ziel der puren Lebenserhaltung ausgerichtet war, in eine neue Daseinsform der unterschiedlichen, bewusstseinsbeeinflussten Möglichkeiten herausgetreten.

      Diese Mehrdimensionalität hatte zwangsläufig eine Kategorisierung, Differenzierung und anschließende Bewertung respektive Einordnung der Verhaltensvarianten zur Folge, ergo was für das grundsätzliche Leben und den Alltag nützlich wie vorteilhaft ist und was nicht.

      Die Existenz wurde im Zuge der Bewusstseinsentwicklung mit einem Sinn respektive mit der Suche danach und demnach gleichermaßen mit einem Ziel und einer Wertigkeit befrachtet. Das frühere Dasein des reinen Lebens wegen (da es vorhanden ist) – wie in der Tierwelt – war passe´, die Existenz verlangte nach Bestimmung, Richtung, (Daseins) Berechtigung und Rechtfertigung/Legitimation.

      Aus dieser Befrachtung ist die Belastung Urangst mit den darauf begründeten Identitätsproblematiken entstanden, da durch die Bewusstseinsbildung vielerlei Fragen aufgeworfen wurden, wie u. a. nach der Entstehung und dem Sinn des Lebens und der Existenzform nach dem Tod, die nicht zufriedenstellend beantwortet werden konnten und so zwangsläufig zu Unsicherheit und Instabilität (auch im Sinne von Bedrohung, Beklommenheit und Zweifel) geführt haben.

      Das mit der Urangst einhergehende Grund- bzw. Primärdefizit suchte respektive brauchte ein Gegengewicht, das einen Ausgleich zur Bürde und zur Last aufgrund der – zumindest – offensichtlichen Sinn-, Kenntnis- und Orientierungslosigkeit des Lebens erzeugen sollte und überdies der metaphysischen Grundausrichtung (Gleichgewichtsherstellung) des Menschen entsprach, um die Funktionsfähigkeit des Menschen nicht zu unterminieren und auszuhöhlen.

      Dieses Gegengewicht – letztlich das Entwicklungsergebnis der Urangst - besteht aus den psychisch determinierten Ur- bzw. Grundbedürfnissen und deren zeitgerechten, qualitativ und quantitativ gebührenden Befriedigung, die schließlich die Bildung und Bedeutung des Selbstwerts hervorgebracht haben.

      Sowohl die Entstehungsgeschichte (Ursache) wie die Erzeugung des Selbstwerts (Symptom) fußt auf einem auf Kompensation angelegten Antrieb.

      Der Wert bzw. die Wertzu- und Bemessung ist als kompensatorischer Faktor von primärer und elementarer Relevanz, weil darüber die menschliche – bewusstseinsgesteuerte – Daseinsberechtigung abgeleitet und ein Gegenpol zur latenten Angst und Unsicherheit geschaffen werden kann. Das in der heutigen Zeit oft thematisierte Minderwertigkeitsgefühl bzw. -komplex ist auf diese Ungewissheit des Existenzanspruches zurückzuführen.

      Aus dieser Historie heraus repräsentiert der Wert ein Gewicht, also nichts Neutrales, jedoch etwas Substanzielles, Gehalt- und Inhaltvolles, das sich diesbezüglich allerdings unterscheiden kann.

      Wert ist demzufolge nicht gleich Wert, sondern besitzt differente Beschaffenheiten. Hieraus haben sich Einteilungen und Bewertungen ergeben, die auch das heutige Leben maßgeblich bestimmen. Als wichtigste Beispiele ist die Entstehung ethischer/moralischer, politischer und juristischer Einstellungen zu nennen.

      Die einfachsten, aber wesentlichsten Beurteilungen sind gut bzw. schlecht/böse und positiv bzw. negativ. Im weiteren Zeitlauf haben sich mannigfaltige Grau-/Zwischentöne und Nuancen zur ursprünglichen Schwarz/Weiß-Einteilung gebildet.

      Der Begriff „Wert“ ist angesichts der oben aufgeführten und ihm zugerechneten Eigenschaften grundsätzlich positiv besetzt. Ein Wert an sich stellt etwas dar. Abgeleitet werden können davon Charakteristika wie wertvoll, werthaltig und nützlich. Die Antipoden wären Wert- und Nutzlosigkeit.

      Eine Bewertung und Zumessung beinhaltet eine Orientierung und Ausrichtung, unter anderem bei der Zielsetzung und -erreichung (anzustrebender Zustand), und ist somit zum Motor vieler Entwicklungen und Neuerungen geworden.

      Wenn einem Kind von seinen Eltern im richtigen Maß Liebe, Annahme und Zutrauen entgegengebracht wird, dann fühlt es sich bedeutend, wichtig und wertvoll und kann auf dieser Basis Selbstwert und Selbstvertrauen erzeugen. Das Kind erfährt eine Aufwertung, eine Wertschätzung und kann dadurch seine prinzipiell präsenten Energiepotenziale erhöhen und starke identitätsgemäße Substanz aufbauen. Der Mensch wird psychisch stabil.

      Im gegensätzlichen Fall, falls Eltern mit Ablehnung, Gleichgültigkeit, Distanziertheit, großer Sachlichkeit, emotionaler Kälte oder sogar Gewalt und Vernachlässigung auf ihr Kind reagieren (Deprivation), führt dies zum Gefühl der Minderwertigkeit und des Misstrauens. Das Kind erlebt mittel der Geringschätzung und Demütigung eine Entwertung und deshalb eine Verminderung seiner energetischen Möglichkeiten, auch weil dann Energie in energieintensiven Ersatzhandlungen gebunden wird.

      Im Alltag wird nicht von Wertigkeit und Wertbeimessung für einen Menschen gesprochen, sondern von seiner Würde. Würdig oder würdevoll zu sein impliziert eine Anerkennung und Akzeptanz, Würdelosigkeit wiederum Ablehnung und Zurückweisung.

      Auswirkungen auf die heutigen Lebenswirklichkeiten

      Wie schon kurz erwähnt beeinflusst der Entstehungshintergrund des Wertbegriffes und die folglich entstandenen Bewertungsskalen das heutige Leben in einem außergewöhnlichen Umfang.

      Es ist in den Gesellschaften völlig normal, dass einfach alles, ob Beziehungen, Dinge, Handlungen (ebenso und besonders die Sexualität), sonstige Lebensumstände, etc. einen Wert haben müssen und einer Wertbeimessung unterliegen, da sonst im Verständnis des Menschen buchstäblich jeweils der Sinn fehlen würde. Ohne Wert würde demnach das Leben an sich keinen Sinn haben und machen, also nicht lebenswert sein. Dem Leben und damit ebenfalls der eigenen Person muss Bedeutung zugeschrieben und gegeben werden.

      Der Mensch vergibt einerseits Wertigkeiten bzw. Wertbeimessungen, um sie sich wieder auf der anderen Seite anzueignen, so den Wert auf sich selbst zu übertragen und die persönliche Wertigkeit zu steigern.

      Ein Beispiel: Produkte werden mit einem hohen Wert (Preis) versehen oder mit Bedeutung befrachtet (sinnbildlich: hohes Befriedigungspotenzial bzw. –wirkung; Marken- und keine No-Name-Artikel) und über die Besitznahme wird versucht, den Menschen mit dieser Wertigkeit aufzuladen respektive an dieser Wertigkeit partizipieren zu lassen. In diesem Zusammenhang ist auch die Idolbildung zu sehen. Je größer der jeweilige Wert, desto größer der vermutliche Befriedigungs- und Partizipationsfaktor.

      Diese Suche und Orientierung nach Wert und Nutzen hat zum Leistungsgedanken und -leitbild geführt (Motto: „besser sein als andere“, konkurrieren um Wertigkeit), die die für den Selbstwert notwendigen (Ersatz) Befriedigungen realisieren sollen.

      In der kapitalistischen Wirtschaftsform hat jenes zur Folge, dass einerseits alles (s) einen Preis haben muss und auf der anderen Seite je höher ein Preis, je bekannter eine Marke oder ein Mensch, je größer das darauf begründete Image und je erfolgreicher ein Mensch oder Produkt sind, desto wertvoller, besser, begehrenswerter, attraktiver, erstrebenswerter und vorbildhafter scheint die Sache, der Zustand oder die Person zu sein.

      Der moderne Mensch treibt diese Einteilungen und Wertzumessungen auf die Spitze und bis zum Exzess (Stichwort: Superlative), in dem er zum Beispiel in sportlichen Wettkämpfen nicht nach Sekunden, nicht nach Zehntel-, hingegen nach Hundertstel- und sogar Tausendstelsekunden misst, oder die Geschwindigkeit der Datenübertragung mit kaum vorstellbaren Dimensionen vonstattengeht, oder die Beschleunigung von Kraftfahrzeugen immer mehr steigert, oder die Kurse an der Börse, die sich sekündlich und mittlerweile nanosekündlich – teils

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