Gold!. Gerstäcker Friedrich
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gold! - Gerstäcker Friedrich страница 5
„Doctor," flüsterte da eine leise, ängstliche Stimme an seiner Seite.
Rasch fuhr er empor, denn an der Stimme hatte er Mrs. Hetson, die Frau des Amerikaners, erkannt.
Die junge Dame stand auch wirklich, fest in ihren Shawl gehüllt, dicht neben ihm, und erstaunt rief er aus:
„Mrs. Hetson? und was führt Sie noch so spät in der feuchten Nachtluft hier allein an Deck? - wo ist Mr. Hetson?"
„Er schläft, Doctor,"' antwortete ihm die Frau, sichtlich erregt, „und ich habe den Augenblick benutzt, Sie einmal allein zu sprechen. Ich muß Sie sprechen, muß mit Ihnen reden, so lange das noch ungestört geschehen kann, und an Land zweifle ich fast, daß mir die Gelegenheit werden wird. Ich - ich weiß nur nicht, ob Sie Geduld haben, mir eine Viertelstunde Gehör zu schenken."
„Beste Mrs. Hetson," sagte der alte Mann freundlich - wäre - und hier also nur meine Pflicht thue - würde der Zweifel ungerecht gewesen sein. Sie wollen mit mir über Ihren Gatten sprechen?"
„Ja“, hauchte die Frau und warf einen scheuen Blick über das Deck zurück, ob auch Niemand weiter in der Nähe wäre. Nur der steuernde Matrose lehnte an den Speichen seines in Rades, konnte aber von der mit unterdrückter Stimme und in englischer Sprache geführten Unterhaltung nichts verstehen. Der Steuermann, der wieder auf das Quarterdeck gekommen /22/ war, stand vorn an einer der auf das Mitteldeck niederführenden Treppen und beobachtete den Gang des Schiffes.
„Ich dachte es mir," sagte der Arzt, „und habe mir lange gewünscht, daß er oder Sie offen gegen mich gewesen wären - ich hätte Ihnen dann vielleicht Hoffnung auf seine Heilung geben können, denn sein Leiden scheint mir tief und schwer zu sein. So leicht wir aber die meisten Krankheiten des Körpers nach ihren äußeren Erscheinungen zu bestimmen vermögen, so schwer, ja unmöglich ist es für den Arzt, den Seelenleiden eines Patienten aus die Spur zu kommen, wenn er selber uns nicht freiwillig die Hand dazu bietet - und ein Seelenleiden ist es jedenfalls, das den Körper Ihres Gatten aufreibt und auf die Länge der Zeit selbst verderblich für ihn wirken muß."
„Sie haben Recht," antwortete leise die Frau, „und oft schon bat ich ihn, aber stets vergebens, Ihnen zu vertrauen. Er hat mir sogar streng verboten, mit irgend Jemandem, wer es auch sei, darüber zu sprechen. Aber ich fühle, daß ich nur zu seinem Besten handle, wenn ich sein Gebot übertrete - ja ich muß meinethalben reden, wenn mich nicht die Sorge um ihn - um mich zuletzt aufreiben soll."
„Fassen Sie sich, beste Frau, fassen Sie sich," bat aber der alte Mann die Erregte, indem er hinüber nach dem aufmerksam werdenden Matrosen deutete. „Die Leute verstehen fast alle etwas Englisch, und wir brauchen keinen weiteren Zeugen."
„Sie haben Recht," sagte die junge Frau mit völlig ruhiger, gesammelter Stimme. „So hören Sie denn, und zürnen Sie nicht, wenn ich etwas weiter ausholen, wenn ich auf mich selbst zurückkommen muß - ich werde Sie aber mit keinem unnöthigen Wort ermüden."
„So kommen Sie hier zur Schanzkleidung," sagte der Arzt - „in die See hinausgesprochen verhallen die Worte, und Niemand an Deck kann hören, über was wir hier verhandeln."
Die Frau trat zu ihm, lehnte sich mit ihrem Arm auf die breiten Bulwarks und sagte dann, mit jetzt fast ruhiger Stimme: /23/
„Ich will Ihnen Alles ersparen, was mich selbst betrifft; nur so viel müssen Sie wissen, daß ich vor etwa zwei Jahren mit einem Landsmann von mir, einem jungen Engländer, in meinem Vaterlande verlobt wurde und ihn von Herzen liebte. Er war Seemann und wollte nur noch eine Reise nach Ostindien machen; nach seiner Rückkehr sollte dann der Kirche Segen uns verbinden. - Wenige Tage später traf uns da die Schreckenskunde, daß sein Schiff, gleich beim Auslaufen aus der Themse, auf den Goodwin Sands verunglückt und mit seiner ganzen Mannschaft untergegangen sei. Nur ein einziger Matrose war wie durch ein Wunder gerettet und wieder an die englische Küste gebracht worden. Mich warf der Schmerz um den Bräutigam auf das Krankenlager, und mein Vater nahm in jener Zeit um so lieber eine ihm gebotene amtliche Sendung nach Buenos Ayres an, als er auch für mich am leichtesten Heilung in einem Luft- und Scenenwechsel zu finden hoffte. Wir reisten dorthin ab, und schon unterwegs erholte ich selber mich vollkommen. Unser Aufenthalt in der Argentinischen Republik dauerte aber nicht lange, und die politischen Verhältnisse jenes unruhigen Landes nöthigten meinen Vater, dem ihm nicht gewogenen, allmächtigen Dictator Rosas aus dem Wege zu gehen. Von dort schifften wir uns nach Chile ein, und in Valparaiso machte ich die Bekanntschaft meines jetzigen Gatten, Mr. Hetson's. Dieser hatte nämlich meinem Vater mit der aufopferndsten Uneigennützigkeit verschiedene Dienste geleistet. Wir lernten ihn dabei Alle als einen so wackern und edlen Mann kennen, daß wir ihn lieb gewinnen mußten und ich endlich seiner Bewerbung um meine Hand nachgab. Er war unendlich glücklich und trug mich auf den Händen - ja, thut es noch, und ich durfte an seiner wahren Liebe keinen Augenblick zweifeln.
„So kam unser Hochzeitstag heran. - Wir sollten im Hause des amerikanischen Consuls getraut werden, und eben im Begriff einzusteigen, um dorthin zu fahren, bekam mein Vater noch Depeschen von Europa, die er natürlich bis nach dem Schluß der feierlichen Handlung liegen ließ."
Mrs. Hetson schwieg einen Augenblick, als ob sie erst Kräfte sammeln müsse, die Erinnerung an jene Zeit noch /24/ einmal durchzuleben; als sie der Arzt aber mit keinem Worte unterbrach, fuhr sie endlich nach kurzer Pause langsam fort:
„Als wir nach Haus zurückkehrten, wo meine Eltern ein kleines Fest für uns arrangirt hatten, fand ich auch einen Brief für mich vor, und ein eigenes Zittern durchlief schon bei dem Anblick der Aufschrift meinen ganzen Körper. - Ich will Sie aber nicht mit dem ermüden, was ich empfand und litt, sondern Ihnen nur einfach die Thatsachen mittheilen. Der Brief war von Charles -"
„Von wem?"
„Von meinem früheren Bräutigam," flüsterte die Frau. „Nach dem Schiffbruch seines eigenen Fahrzeugs von einem amerikanischen Schooner gerettet, hatte diesen der in jener Nacht und die nächsten Tage tobende Nord-Ost-Sturm verhindert, ihn an Land zu setzen. Bald ließen sie Europa hinter sich, und Charles war gezwungen, die Reise nach Brasilien, wohin der Schooner bestimmt war, mitzumachen. Dort warf ihn ein hitziges Fieber Monate lang aus das Krankenlager; schon bewußtlos wurde er an Land und in ein Spital geschafft, und als er wieder zu sich kam und an uns nach England schrieb - erhielt er von dort keine Antwort mehr. Wir waren indessen abgereist - ja hatten eine volle Woche in einer und derselben Stadt, in Rio de Janeiro, zugebracht, ohne von seinem Leben eine Ahnung zu haben. So wie er sich aber erholt, reiste er selber nach England, erfuhr unsern Aufenthaltsort und schrieb nach Buenos Ayres. Aber auch der Brief verfehlte uns, da wir indessen nach Valparaiso übergesiedelt waren, und erst als er nach langer Zeit zufällig in England unsern neuen Aufenthaltsort erfahren, schrieb er auf's Neue, schrieb von seinem Leben - von seiner Liebe - und daß er dem Briefe auf dem Fuße folgen würde."
„Und weiß Mr. Hetson von dem Briefe?" frug der Arzt.
„Ja," sagte