Feuervogel. Peter Schmidt

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Feuervogel - Peter Schmidt

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ein Kaufhaus mit einen Raketenwerfer in Schutt und Asche legen will, ist keine zwei Flaschen Aquavit wert?“, fragte Boolsen enttäuscht.

      „Wir haben nicht genug Informationen, um irgend etwas zu unternehmen.

      Aber vielleicht laufen dir die Burschen ja noch mal über den Weg? Ich gebe dir den Rest der Flasche, Harry. Hör dich mal um. Versuch ein wenig mehr über die Sache herauszufinden, ja?“

      4

      Beck hatte es sich wie immer auf seinem Platz am Fenster bequem gemacht, angeblich, weil er von dort das Hafenbecken überblicken konnte.

      Aber über Jensens Gesicht huschte sofort ein verstehendes Grinsen. Obwohl Beck nach jedem Boxkampf im Verein duschte, wurde sie nicht müde, sich über seine „animalischen Gerüche“ lustig zu machen.

      „Was du da riechst, Kleines, sind nur seine Sexualhormone“, juxte Klinger. „Seit seine Ehe in die Brüche gegangen ist, war er nie wieder mit einer Frau zusammen.“

      „Unsinn“, widersprach sie. „Hab’ gehört, dass er jede Woche mindestens einmal ins Bordell geht …“

      „Also bitte“, mahnte Victor Jacobi. „Wir haben zwei Tote – etwas mehr Takt, ja? Der Innensenator versucht mir weiszumachen, dass es sich um die Anschläge eines Irren handelt.

      Die Behörden haben eine Nachrichtensperre verhängt. Angeblich soll es sich bei dem zweiten Opfer um einen aus der Psychiatrie entflohenen Verrückten handeln.“

      „Vielleicht der Täter selbst?“, fragte Beck.

      „Nein, unwahrscheinlich. Der Mann saß beim Essen. Niemand macht es sich genau da gemütlich, wo er gerade zwei Bomben platziert hat. Die anderen Gäste hielten sich glücklicherweise im Nebenraum auf.“

      „Reichlich viele Verrückte, oder?“

      „Und warum sollte uns der Innensenator eigentlich hinters Licht führen wollen?“, erkundigte sich Jensen.

      „Ihr kennt ja seine Animositäten gegen Omega“, sagte Jacobi.“

      „Oder es steckt mehr dahinter als sie zugeben wollen?“, fragte Klinger.

      „Möglich, ja.“

      „Politische Hintergründe?“

      „Durchaus denkbar.“

      „Schon irgendeinen Verdacht?“

      „Nein, kein Ahnung. Hansen war kein Politiker. In der Politik ist er ein völlig unbeschriebenes Blatt. Ich möchte, dass du zum Flughafen fährst und dich dort umhörst“, sagte Jacobi an Klinger gewandt. „Wen hat man in den Fall eingeschaltet? Sind wirklich nur die örtlichen Polizeibehörden damit befasst? Warum wurde eine Nachrichtensperre verhängt? Wer war der Tote im Restaurant?

      Und du, Jensen, beschäftigst dich mit unserem Fernsehmoderator. Lassen sich in Hansens letzten Sendungen Hinweise auf einen möglichen Attentäter finden? Gab es Drohungen? Wie waren seine familiären Verhältnisse. Soviel ich weiß, hatte er eine sehr attraktive Freundin – Sarah. Sie war erst vor kurzem wieder zu ihm zurückgekehrt.

      Beck kümmert sich um die Behörden und die örtliche Presse. Wer hat die Vermutung ‘Tat eines Verrückten’ lanciert – und aus welchen Gründen? Wen genau haben sie dabei im Auge? Was ist dran an den Gerüchten, dass es sich um Erpressung handelt?“

      Nach ihrer Lagebesprechung im Slomann-Haus fuhr Victor Jacobi in die Innenstadt, um seine Theaterkarten für Samstag Abend abzuholen. Elisabeth hielt gar nichts davon, dass er das den Bodyguards überließ.

      Sie argwöhnte immer, nur er höchstpersönlich bekäme die besten Plätze. Nach seinem Geschmack war er in der Stadt schon zu bekannt – bekannt wie ein bunter Hund.

      Natürlich war das auch seinen öffentlichen Aktivitäten zuzuschreiben:

      Lehrstuhl, Mäzen der Literaturszene. Er hätte viel lieber ein unauffälligeres Leben geführt und sich der Restaurierung seiner Sammlung alter englischer Sportwagen gewidmet. Aber dazu war es ohne Gesichtsoperation und falsche Pass inzwischen wohl zu spät.

      Jacobi parkte am Ostausgang des Hauptbahnhofs und ging durch die Bahnhofspassage zur anderen Seite, bis er die Fassaden der Häuser in der Mönckebergstraße sehen konnte. Er umrundete eine Gruppe Halbwüchsiger, die ihn um ein paar Groschen anbettelten.

      „Demolieren wir dir eben deinen Wagen, Alter“, rief ihm ein dünnbeiniges Mädchen in schwarzer Lederkleidung nach. „Das kostet dich dann tausendmal soviel …“

      Am Eingang der Straße blieb er stehen und musterte gedankenverloren die Geschäftsfassaden der alten Kontorhäuser.

      Die meisten waren nach dem Kriege wiederaufgebaut worden. Hier hatte sich alles niedergelassen, was glaubte in der Altstadt präsent sein zu müssen, von der WALL STREET CLEARING BÖRSENBERATUNG über LLOYD'S REGISTER OF SHIPPING bis zur PENSIONSKASSE der Hamburger Hochbahn AG und der Staatliche Lotterieeinnahme.

      Und es gab zu beiden Seiten der Straße Kaufhäuser. Unmöglich zu sagen, welchem der Anschlag gelten könnte.

      Gab es überhaupt irgendeinen plausiblen Grund, anzunehmen, dass beide Fälle irgend etwas miteinander zu tun hatten? Victor schüttelte unschlüssig den Kopf.

      Sein Blick glitt wieder über die Backsteinfronten.

      Das warme nachmittägliche Sonnenlicht – der berüchtigte Rotstich in den Erinnerungsfotos – spielte zusammen mit dem Dunst der Abgase aus den benachbarten Durchgangsstraßen auf den Fassaden, als seinen sie mit einem Weichzeichner aufgenommen worden.

      Aber diese Idylle trog wie fast überall auf der Welt.

      Hinter den altertümlichen Mauern wurden genauso erbarmungslos Geschäfte getätigt wie in den Hochhaustürmen der modernen Viertel.

      Wenn man einen Raketenwerfer benutzte, konnte das Projektil von vielen Punkten in der Umgebung abgefeuert werden. Von irgendeinem Hinterhof, einen Lastwagen, einem Park, ja sogar vom Hafen oder von der Binnenalster aus.

      Aber vielleicht war das Ganze ja nur Harrys umnebelten Säuferhirn entsprungen? Oder seinem übergroßen Durst? Harry hatte zwei Probleme. Das eine bestand darin, gerade nicht unter Sprit zu stehen. Und das andere, zuviel getrunken zu haben.

      Vor gut zwei Jahren hatte Victor Jacobi eine Stiftung ins Leben gerufen, die sich mit den Wirkungen des Drogenkonsums beschäftigte.

      Die Sache hatte eine Menge Geld verschlungen, ohne dass irgend etwas Nennenswertes dabei herausgekommen wäre. Und als Paradebeispiel für ihr Versagen konnte sein alter Freund Harry Boolsen gelten…

      Drogen, das waren Alkohol und Nikotin genauso wie Opium, Heroin oder Kokain. Nikotin erzeugte nach neuesten Untersuchungen einen Stoff in der Leber, der süchtig machte.

      Nikotin war gar nicht der eigentliche Suchtstoff, wie man früher geglaubt hatte. Und je nach genetischer Veranlagung produzierte der Körper mehr oder weniger von der Droge.

      Das erklärte, warum Menschen verschieden stark abhängig wurden. Seine Stiftung Sucht

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