Sonne Liebe Autos. Frank Christof Huth
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Georg beschließt, nach Polen zu fahren, das gerade mit der unabhängigen Gewerkschaft Solidarnosc nach Ende des Kriegsrechts im Umbruch ist. Er kommt morgens in der schönen alten Stadt Krakau an, läuft zum Glowny Rynek, dem Hauptmarkt. Im Hotel Europa trinkt er einen Kaffee. Dann geht er zum Florianska Tor, hört den blinden kleinen Zigeuner Geige spielen. In der Ulica Reformacka, der Reformationsstraße, steht ein altes Kloster. Er klingelt an der Pforte und fragt, ob jemand Englisch spricht. Dazu reichen seine mageren Polnischkenntnisse noch. Bald erscheint ein junger Mann in der braunen Kutte der Franziskaner. Er stellt sich vor:
„Metody Tomasz Bujakowski!“
Er informiert Georg über den aktuellen Stand der Reformen in Polen. Die beiden sollten Freunde werden. Einen Winter danach würden sie gemeinsam mit Achmed und anderen Freunden in der Hohen Tatra wandern. Metody empfiehlt auch, zur Universität zu gehen. Dort wären weitere interessante Gesprächspartner. So ist es auch. Georg spricht lange mit einem Dozenten, der bei Solidarnosc engagiert ist. Dieser besorgt ihm ein Quartier im Studentenwohnheim. Am nächsten Morgen bricht er Richtung Zakopane auf. Georg unterbricht die Zugfahrt in Poronin, wo er die Wirtsleute eines lange zurückliegenden schönen Urlaubs mit seinen Eltern besuchen will. Er läuft durch das Dorf und erkennt das Haus wieder. Nur die Großmutter ist da. Leider reicht sein Polnisch nicht, um sie an die herrliche Namenstagsfeier der jungen Wirtin zu erinnern. Zu dieser Feier waren auch die Hausgäste eingeladen. Dabei stand alle fünfzig Zentimeter eine Vodkaflasche auf dem Tisch. Georg hatte dann mit vierzehn seinen ersten richtigen Rausch, obwohl er nebenbei viel von den guten Speisen aß. Er war abends einmal in der Dorfdisco. Abwechselnd nur Mädchen und Jungen auf der Tanzfläche. Die Mädchen um zu tanzen, die Jungen um zu raufen. Er war befremdet.
Georg verlässt Poronin, kommt in Zakopane an. Er läuft bis zum Morskie Oko, Meeresauge, dem größten See der Hohen Tatra. In der Baude macht er Quartier. Am nächsten Tag steht die Rückfahrt nach Berlin an.
Die Mauer fällt. Georg läuft mit den Massen zum Grenzübergang Invalidenstraße. Irritierend ist für ihn die Ansprache eines entgegenkommenden Mannes, der einen Schweineschädel im Arm trägt:
„Soviel gibt es bei uns für euch!“
Er fährt mit der S-Bahn zu Antje in den Grunewald, wo sie mit den Kindern in einer Pension wohnt. Die Parties am Brandenburger Tor und am Kurfürstendamm ignoriert er. Aber in der Grunewaldpension werden sie nicht glücklich. Antje zieht in ein Einraumappartement in das Rotlichtviertel der Lietzenburger Straße. Sie beginnt eine Ausbildung zur Altenpflegerin am Olivaer Platz. Georg macht die Kinder morgens für die Schule fertig. Er hört an der Humboldt-Universität auf und wechselt zur Freien Universität in Dahlem. Neben dem Studium lernt er beim Universitätssport Jonglieren und Nahkampf.
Eines Tages haben die Kinder rote Flecke im Gesicht. Die Hausärztin stellt fest: Wanzen! Das Appartement wird geschlossen. Sie ziehen gemeinsam in Georgs Einraumwohnung in die Bergstraße. Einmal müssen sie über eine Nachbarin steigen, die betrunken im Treppenhaus liegt. Trost ist nur Oma Hildegard im ersten Stock.
Georgs Freund Paul Champagnol lädt Antje und ihn zu sich nach Lyon ein. Sie holen die Fahrkarten am Vorabend der Reise am Bahnhof Zoo. Auf dem Rückweg spazieren sie, entdecken das Lokal Terzo Mondo in der Grolmannstraße. Sie essen überbackenen Schafskäse und trinken Imiglikos rot. Andreas, der Sohn des Wirtes Kostas, spielt Guitarre und singt dazu. Später würde der Wirt Antje als Kellnerin einstellen.
Dann bietet sich Georg die Gelegenheit, anstelle der Einraumwohnung in der Bergstraße eine gasbeheizte Dreiraumwohnung in der Eichendorffstraße 4, erste Etage, auch in Mitte, zu mieten. Es sind zwei sehr hohe Zimmer, mit Stuck, zur Straße und eines zum Hof, welches sehr dunkel ist.
Mit John unternimmt Georg eine Radtour durch das Oderland. Erste Station ist das Heinersdorfer Vorwerk, wo seine Schwester Anita mit ihrem Freund Mats ein altes Landarbeiterhaus restauriert. Es geht weiter nach Neuhardenberg. Im Schlosspark veranstalten sie ein Kirschkernweitspucken. Die nächste Übernachtung finden sie im Garten bei den Künstlern Barbara und Hans in Karlshof an der Alten Oder. Das Wetter wird schlecht, und sie fahren über Wriezen nach Berlin zurück.
Trotz Regens behält John seine gute Laune. Er singt laut Torfrock:
„Wir saufen den Met, bis keiner mehr steht, unser Häuptling heißt Rote Locke…“
Bausoldatenfreund Albert hatte mit seinem querschnittsgelähmten Schwager zu DDR-Zeiten die handwerkliche Gemeinschaft Behinderter „Otto Perl“ e.V. gegründet. Dort stellten sie vor allem Tiffanyglasereien und Glasbilder her, die sich sehr gut verkauften. Um Antje zu unterstützen, ließ er ihr Aufträge zukommen. Nach Mauerfall kam die Billigkonkurrenz aus Fernost, und die Gemeinschaft musste nach neuen Betätigungsfeldern suchen. So kam Albert auf den Kapitalmarkt.
Albert schlägt Georg vor, bei der Dortmunder Geldanlagefirma Advalor mitzumachen. Georg hat mit Spekulationen bei der Währungsunion und in DDR-Silbermünzen Geld verdient und steigt ein. Das erste Treffen mit der Firmenleitung verläuft befremdlich. Von Ostseite sind Ex-Offiziere der Grenztruppen dabei. Neben der Geldanlage, als Köder, werden auch günstige Versicherungen angeboten.
Bald fliegt der Schwindel auf: Minus fünfzig Prozent für die Anleger. Georg, der nur wenige Kunden für Advalor geworben hat, beschließt, mit einem Kamenzer, der mit Albert auf einem katholischen Priesterseminar gewesen war, als Versicherungsmakler weiterzumachen. Als Beratungsgrundlage nutzen sie die Vergleichstabellen von Stiftung Warentest. Sie treten dem Maklerverband BCA bei und erhalten gute Konditionen bei vielen Versicherungen. Damit es sich lohnt, nehmen sie noch Immobilienvermittlung hinzu. Sie bekommen einen gebrauchten PC von Albert und richten ihr Büro in einem Hinterhof ein. Das Geschäft läuft gut. So studiert Georg in Berlin und betreibt parallel das Maklerbüro in Kamenz mit. Da er keinen Führerschein hat, heißt das, viel Bahnfahren. Auf einer Fahrt von Kamenz nach Dresden lernt er die blonde Anke kennen. Sie wohnt in Dresden, studiert dort Landschaftsgestaltung. Sie tauschen die Adressen aus. Er versucht oft, sie in ihrer Wohnung zu besuchen. Nie ist sie da. So bleibt es beim Briefkontakt. Dann steht eine große Reise für Georg an. In die USA! Er kam über die Quäker an die Information, dass die US Information Agency die Reise für junge europäische Führungskräfte ausschreibt. Er bewirbt sich, wird genommen, weil er dank eines Assimilsprachkurses gut Englisch spricht, aus dem Osten kommt und früher mit Antje einer Rüdersdorfer Umweltgruppe angehört hat. Er würde in Amerika mit der Dakotafrau Keneje schlafen. In Berlin wohnt Antje inzwischen für ein Jahr als Untermieterin eines Goldschmiedes in der Würzburger Straße in Berlin Charlottenhof. Später würde sie eine Vierraumwohnung in der Schrammstraße, Berlin Wilmersdorf, bekommen. Dort wohnt Georg mit. Seine Eichendorffstraßenwohnung steht meistenteils leer. Manchmal wohnt seine jüngere Schwester dort. Als er eines Abends nach einem Theaterbesuch, zu dem er allein gewesen war, in der Eichendorffstraße übernachten will, ist sie da. Spätabends, etwas wütend, muss er noch nach Wilmersdorf. Läuft die Invalidenstraße entlang, Richtung Lehrter Bahnhof. Aus einem Keller dringt Musik. Er steigt hinunter. Es ist eine Studentenparty. Come on baby light my fire von den Doors wird gespielt. Georg tanzt mit einer jungen Frau. Spannung baut sich auf. Sie verlassen gemeinsam die Party, gehen zu ihr. Die ganze Nacht tauschen sie Zärtlichkeiten aus, schlafen aber nicht miteinander. In der Ecke des Schlafzimmers steht ein Babybett. Nach dem Frühstück trennen sie sich. Georg nimmt ihre Adresse nicht mit. Erzählt Antje nichts von seinem Abenteuer.
3. Die ersten E-Mobile
Der Einsatz von Kohle war der erste Schritt hin zu unserer heutigen Zivilisation. Sie stellte deren energetisches Startkapital dar. Kohle entstand im Lauf von Millionen