Deutschland 1800 - 1953. Jürgen Ruszkowski

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Deutschland 1800 - 1953 - Jürgen Ruszkowski gelbe Buchreihe

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San. Sie hatten eine hellbraune bis gelbliche Hautfarbe und waren etwas kleiner als die Herero, dafür aber umso kriegerischer veranlagt. Auch sie waren ein Nomadenvolk, aber, bedingt durch den klimatisch ungünstigen, trockenen Lebensraum, ging es ihnen materiell nicht so gut wie den Hereros. Sie mussten den Gürtel enger schnallen. Statt mit fetten Rinderherden mussten sie sich mit Ziegen- und Schafherden zufrieden geben, die im Tauschhandel mit den durchziehenden burischen „Ossentrekkern“ nicht viel einbrachten. Die Nama wurden von den Buren auch verächtlich „Hottentotten“ genannt. Ursache dafür waren ihre beim Sprechen auftretenden merkwürdigen Schnalzlaute, worüber sich die Buren lustig machten.

      Burische Ossentrekker zogen schon weit vor den ersten dort niedergelassenen Deutschen durch die Landschaft. Weiterhin traf man auch burische Großwildjäger, die sich oft Jacobs und Willem nannten, hier an. Außer den burischen Ossentrekkern kamen auch Vertreter der englischen Gesellschaft und Forscher aus der Kapkolonie über den Oranjefluss ins Land und nahmen die Geologie unter die Lupe, natürlich im Interesse der Krone. Leider fanden sie nichts entsprechend Lohnendes, weshalb man diese Einöde in den Besitz der Krone nehmen sollte.

      Doch zum Lobe des Allmächtigen reiste aus der Kapkolonie auch Gottes Bodenpersonal ein. Da gab es den Ex-Bankier und Kaufmann Johan Keetman, der seinen Missionar Schröder im Auftrage der „Rheinische Mission“ die Station Keetmanshoop für die schwarzen Heidenkinder gründen ließ, weiterhin Carl Hugo Hahn und Heinrich Kleinschmidt, die im Namen des gelobten Herrn Jesus Christus über den Oranjefluss paddelten und nach Bethanien reisten, um Heidenkinder zu taufen.

      Südwest, gleich nördlich des Oranjeflusses, ist trocken, trostlos und auch feindselig. Südwest ist Kaffernland, „Kaffern“, welches die Buren aus dem arabischen „Kafir“, ableiteten und was „Ungläubige“ bedeutete. „Verkaffern“ steht für „das Herabsinken des Europäers auf die Stufe eines Eingeborenen“, weiter, „Kaffernarbeit ist etwas, zu dem sich Weiße nicht herab lassen dürfen.“ Das war die damalige Situation. Aber gerade die Missionare legten den Grundstein für die spätere Kolonie. Gottes Sendboten wurden anfangs von den Hererostämmen immer wieder enttäuscht. Doch sie fassten immer wieder Mut, gründeten auf ihren Kreuzzügen fernab jeglicher Zivilisation Missionsstationen zusammen mit Handelsposten und Viehtransportstationen und bahnten durch die allmähliche Erschließung des Landesinneren den Weg für eine gezielte Besiedlung durch Weiße. Als erstes deutsches Siedlerpaar kam der Missionshandwerker Eduard Hälbich, ein 28 Jahre alter Schlesier mit seiner Braut Amalie Bartel in dieser von Gott verlassenen Gegend an, die sich „Otjimbingwe“ nannte. Er baute neben einem Schlachthaus das Warenhaus, baute eine Wagenmacherei neben der Schmiede, und so wurde Otjimbingwe zum wichtigsten Rastplatz für den gesamten Ochsengespannverkehr zwischen dem Landesinneren und der Küste. Es sollten noch viele andere Missionsstationen kombiniert mit Handelsposten und Rastplätzen folgen.

      Das Hereroland, also das innere Hochland nördlich des Swakop bis in die weiten Weidelandschaften am Waterberg, erlaubte den Hererostämmen die Großviehzucht. Das Namaland dagegen, südlich des Swakop bis zum Oranje, war trockenes Land, es dominierte der reinste Steppencharakter mit verbuschtem Land. Die Wasserstellen sind dort seltener anzutreffen, der Pflanzenwuchs dürftig. Die Küstenhottentotten hatten den Vorteil, Robben, Delphine und Pinguine verspeisen zu können. Die Binnenlandhottentotten dagegen mussten schon mal auf Schlangen, Eidechsen und Käfer zurückgreifen. Und natürlich hatte sich bei den Hottentotten herumgesprochen, dass die Herero fette Rinderherden besaßen. „Der kühne Handstreich nach einer Hereroherde hatte Tradition, Rinder stehlen ist so viel wie eine offizielle Kriegserklärung. Orlog machen war ein Dauerzustand.“ (Die deutschen Kolonien..., S. 104, 105)

Grafik 118

      Kapitän Jonker in der Hottentotten-Häuptlingsfamilie der Afrikaaner

       Quelle: Längin B.: Die deutschen Kolonien, In Treue fest, Deutsch Südwest

      Und an dieser Stelle kam Kapitän Jonker aus der Hottentotten-Häuptlingsfamilie der Afrikaaner im Pontok ins Spiel, denn dieser Fuchs setzte auf den geregelten Nachschub von Feuerwaffen, Kugeln, Pulver und Pferden (S.105). Er war ein echtes Pokerface, hart im Nehmen und verschlagen. Kapitän Jan Jonkers Handelsbeziehungen zu den burischen Wanderhändlern, den Ossentrekkern, waren gut. Die Buren gaben ihm Waren auf Kredit, woraufhin er sich von ihnen aber auch abhängig und manipulierbar machte. Elfenbein als Zahlungsmittel war knapp geworden. Diese Umstände zwangen ihn zum Handeln und zwangen ihn in das Räuber- und Kriegerleben. Es waren die Hererorinder, die er mit seinen Unterhäuptlingen immer wieder den Buren zutreiben musste. Und Jonkers besiegte ständig die Hererohäuptlinge. Als Jonkers 1861 starb, änderte das am Waffen-Rinder-Handelskreislauf nichts. Erst sein Enkelsohn Christian unterlag einem Hererohäuptling bei Otjimbinwe. Er wurde getötet. Die Hottentotten griffen Otjimbinwe erneut an, alle weißen Siedler und Missionsangehörigen mussten sich durch die Flucht retten. Die Hottentotten (Nama) tauschten damals in einem Monat zirka 4.000 Rinder bei den Buren gegen Waffen und sonstige Waren ein. Die Hererostämme besiegten die Nama erst bei Okahandja und bei Otjikango. Orlog führen war ein verdammter Kreislauf von biblischer Brutalität, war aber auch ein lohnendes Geschäft für die durchtriebenen Burenhändler.

      Leute, wie die Missionare Hahn oder Kleinschmidt sahen darin etwas wie eine Vorstufe zum Jüngsten Gericht. 1885 stellte sich „Kamaherero“, der Häuptling der Akahandja-Herero, unter den Schutz deutscher Siedler. Düstere Zeiten in Süd-West. Noch gab es die legendäre Schutztruppe des Kaiserreichs nicht, doch es sollte nicht mehr lange dauern, bis sie in Erscheinung traten und an dieser Küste landeten.

Grafik 60

      Adolf Lüderitz an Bord seiner Brigg TILLY, 1883

       Quelle: Bernd G. Längin, Die deutschen Kolonien, Schauplätze und Schicksale 1884-1918, Verlag E.S. Mittler & Sohn GmbH, Hamburg, Seite 109

      Erst jetzt tauchte die legendäre Gestalt namens Adolf Lüderitz auf der Bühne der Geschichte auf, eine Mischung aus Geschäftsmann, Handelsreisender und Marketing-Abenteurer. Als junger Mann hatte er sich in der „Neuen Welt“, also den Vereinigten Staaten von Amerika, umgesehen. Er hatte den Tabakmarkt in Virginia studiert, dann in Mexiko eine Farm geführt, wurde Opfer einer Revolution und kehrte abgebrannt nach Deutschland zurück. In Bremen heiratete er eine steinreiche Hanseatenbraut, übernahm das Tabakgeschäft seines verstorbenen Vaters und investierte das geerbte Geld in eine „Faktorei“ in Lagos–Nigeria. Dieser Schritt führte ihn in den westafrikanischen Handel ein. Lüderitz lernte einen weiteren Abenteurer kennen, nämlich den abgebrannten Kapitän zur See Timpe. Auf dessen Vorschlag, mit westafrikanischen „Wilden“ Geschäfte zu machen, kaufte er sich die 260-to-Segelbrigg „TILLY“. Vordergründig dachte man an den Ankauf von Elfenbeinzähnen, doch der „Erwerb von herrenlosem Land“ wurde auch ins Visier genommen.

      Als dritter Heißsporn gesellte sich zu den beiden der 21jährige Handelsgehilfe Heinrich Vogelsang, auch ein Bremer, eine Art Marketingstratege (würde man heute sagen) und Fantast, der sich zutrauen wollte, Togo als deutsche Kolonie zu gewinnen. Von hier bis zur Erkenntnis, dass Südwestafrika das gesündere Klima hat, war es nicht weit. Man einigte sich also auf den Südwestteil des Kontinents. Die Reise konnte losgehen.

Grafik 61

      Heinrich Vogelsang

      1983 traf die Brigg „TILLY“ unter dem Kommando von Kapitän Timpe und dem Bevollmächtigten der Firma F.A.E. Lüderitz, Heinrich Vogelsang, in der Bucht Angra Pequena (die enge Bucht) ein. Eng war die Bucht tatsächlich, denn auf den vorgelagerten Inseln hatten sich bereits die Kapholländer und Briten als Seehundsjäger niedergelassen. Der 21jährige Vogelsang ließ sich jedoch nicht verdrießen. Immer positiv denken und optimistisch bleiben! Nach dem Ankern ließen sie abends überschwänglich die Becher kreisen.

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