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zu dem Kampfherren. Yehed besaß viel Einfluss auf die Kämpfer und Männer der Stadt, Bijana hingegen auf die Frauen und Mütter. Es wäre schwer gewesen zu entscheiden, wer über die größere Macht verfügte.

      „Yehed und dieser Korus sind im Kartenraum“, sagte sie grußlos. Diese unübliche Unhöflichkeit verriet Nahed, welche Sorgen sich seine Frau machte. „Ich glaube, sie sind sich längst einig.“

      „Das denke ich auch.“ Nahed trat zu ihr, nahm sie kurz in die Arme und rieb seinen Nasenrüssel zärtlich an ihrem. Für einen Augenblick versteifte Bijana sich, doch dann erwiderte sie die liebevolle Geste. Nahed löste sich von ihr. „Sie wollen, dass ich die Stadt in den Krieg schicke. Dass wir Elunt und das Volk nicht mehr nur verteidigen, sondern den Tod endgültig in das Inselreich der Flachgesichter tragen.“

      Bijana blickte auf die zahllosen Bücher und Schriftrollen, welche die Regale füllten. Sie enthielten das Wissen unzähliger Gelehrter, Gelehrter des Wissens und des Geistes. Doch in den letzten Jahren war nicht oft Gelegenheit zu philosophischen Betrachtungen gewesen, obwohl Bijana gelegentlich erwähnte, gerade in Zeiten des Krieges sei Philosophie besonders wichtig. Sie erwecke das Gewissen der Krieger. Nahed hatte die Erfahrung gemacht, dass sich nur sehr wenige Krieger für geistvolle Gedanken interessierten. Ihr Interesse galt dem Überleben.

      „Und?“, murmelte sie schließlich. Sie versuchte ihrer Stimme einen neutralen Klang zu geben, aber Nahed spürte ihre Anspannung. „Hast du dich entschieden?“

      Er erwiderte ihren Blick und seine Stimme klang fest. „Krieg.“

      Bijana nickte. „Ich dachte es.“ Für einen Moment schien ihr Nasenrüssel zu schrumpfen, ein Zeichen dafür, wie betroffen sie war. „Dann solltest du zu ihnen gehen und ihnen deinen Entschluss mitteilen. Sie sind bestimmt begierig, die frohe Nachricht zu hören.“

      „Du bist keineswegs froh gestimmt.“ Nahed hatte die seltsame Empfindung, sich vor ihr rechtfertigen zu müssen. „Es gibt keinen anderen Weg. Elunt ist das Symbol unseres Verlustes. Hier in der alten Stadt brennt die ewige Flamme des Unvergessens. Wenn das Volk der Shanyar in den Krieg zieht, dann darf Elunt nicht fehlen.“

      Bijana zuckte leicht mit der Nase. „Ginge es darum, unser Leben zu verteidigen, dann würde ich dir zustimmen. Aber was ihr plant, ist kein Krieg, Nahed-Sha-Elunt. Ihr plant die Ausrottung der Flachgesichter.“

      Nahed-Sha-Elunt erwiderte nichts. Er verspürte den Wunsch, sie tröstend in den Arm zu nehmen und seinen Nasenrüssel an ihrem zu reiben, aber er wusste, dass sie diese Geste ablehnen würde, denn er und sein Entschluss waren der Grund für ihre Trauer. Er fühlte sich ein wenig hilflos, als er die Bibliothek verließ und in den Gang hinaustrat.

      Der Kartenraum des Regierungssitzes lag im Obergeschoss und Nahed passierte eine metallene Schleuse, bevor er über die Treppe in das obere Stockwerk trat. Die druckdichte Tür des Kartenraums stand offen und Licht fiel in den Gang. Naheds bloße Füße spürten den Läufer aus grünem Rasen, der den Gang bedeckte. Kein gewöhnlicher Bodenbelag und Nahed hatte ihn mit Bedacht gewählt. Immer wenn er zum Kartenraum ging, in dem die Geschicke des Kampfes geplant wurden, erinnerte ihn der Rasen an das Land, von dem die Bewohner Elunts vertrieben worden waren.

      Als Nahed den Raum betrat, standen Yehed-Sha und Botschafter Korus-Sha-Dor über den Kartentisch gebeugt und taten geschäftig, dabei hatten sie Naheds Schritte sicherlich gehört. Nahed räusperte sich und die beiden Shanyar richteten sich auf. Der Botschafter zeigte ein unbeteiligt wirkendes Gesicht, obwohl gerade er die treibende Kraft hinter den Kriegsbestrebungen war. Kaum jemand hasste die Flachgesichter so sehr wie Korus-Sha. Drei seiner Söhne waren gefallen und sein Weib hatte die Last des Kummers nicht mehr ertragen. Nahed konnte den Schmerz des Botschafters verstehen, aber durfte Schmerz zu blindem Hass führen?

      Bei Yehed-Sha war das anders. Yehed war durch und durch ein Kämpfer. Er hatte als einfacher Gardist begonnen und sich durch Mut und Geschick in der Schlacht nach oben gearbeitet. Er war ein direkter und manchmal verletzender Charakter, aber er genoss den Rückhalt der Kämpfer. Korus-Sha hatte überlegt gehandelt, den Kampfherrn der Stadt Elunt sofort auf seine Seite zu ziehen. Viel war hierzu sicher nicht erforderlich gewesen. Auch Yehed war begierig auf den Krieg.

      Wie erwartet, war es Yehed, der das Wort an den Oberherrn der Stadt richtete. „Es ist alles vorbereitet, Nahed-Sha. Elunt ist bereit.“

      Nahed runzelte seinen Nasenrüssel. „Du tust gerade, als könne es an meiner Entscheidung keinen Zweifel geben.“

      Yehed sah seinen Oberherrn offen an. „Nein, ich habe keinen Zweifel. Elunt ist die Flamme des Unvergessens und sie darf im Kampf nicht fehlen.“

      Botschafter Korus-Sha-Dor nickte bestätigend. Sein Nasenrüssel blieb unbewegt und zeugte von seiner großen Beherrschung. „Ich kann im Namen der anderen Städte sprechen. Sie alle sind bereit.“

      „Die Städte des Landes und die Städte der See“, bekräftigte Yehed. Die Spitze seines Nasenrüssels kräuselte sich. „Elunt sollte nicht fehlen.“

      Nahed hatte seine Entscheidung getroffen und es gab keinen Grund, sie länger vorzuenthalten. „Elunt wird nicht fehlen.“

      „Ja.“ Yehed-Sha schlug erregt mit einer Hand auf den Kartentisch. „Ja, ich sagte es.“

      Der Botschafter begnügte sich mit einem Nicken. Er beugte sich zur Seite, wo auf einer kleinen Säule ein Tablett mit Erfrischungen stand, und reichte die Seetulpen weiter. Erneut nickte er und hob die Wasserpflanze an seinen Mund. „Auf den Krieg.“

      „Auf die Vernichtung der Flachgesichter“, stimmte Yehed ein.

      Nahed nickte stumm. Er setzte die Wassertulpe an, drückte sanft gegen den Kelch und spürte, wie der schmackhafte Symbiont der Pflanze in seinen Mund glitt. Sein Gaumen zerquetschte das Wassertier und Nahed leckte sich behaglich die Lippen, als der köstliche Brei durch seine Kehle glitt.

      Er musterte die Gesichter von Yehed und Korus. Bijana hatte recht, letztlich würde der Krieg auf die Ausrottung der Flachgesichter hinauslaufen.

      Kapitel 6

      „Blaubanner-Schwert“, schwerer Kreuzer des Blaubanners,

       auf Heimatkurs im nördlichen Meer.

      Die Heckpropeller liefen mit maximaler Drehzahl und brachten den Kreuzer auf volle fünfundzwanzig Kilometer in der Stunde. Die See rauschte am runden Bug des Schiffes vorbei. Jones war immer wieder fasziniert, wie das Licht der Sonne die Bugsee in glitzernde Fontänen verwandelte, die alle Farben des Spektrums widerspiegelten.

      Er blickte zum vorderen Mast. Alle Segel waren eingeholt und provisorisch an den Rahen festgezurrt. Die Mannschaft war darauf vorbereitet, sie bei einem Ausfall der Dampfturbine rasch zu setzen, damit das Schiff in Fahrt und manövrierfähig blieb. Über den oberen Rahen befand sich der Masttop, eine kleine Aussichtsplattform, von der zwei Matrosen Ausguck nach Gefahren hielten. Gefahr war gleichzusetzen mit Schniefern, denn in diesem Gewässer gab es kein gefährliches Riff oder Untiefen. Diese Risiken würden erst auftauchen, wenn das Land und die Heimat in Sicht waren.

      Jones blickte zur Brücke hinauf und sah Kapitän Malter und Venloe miteinander plaudern. Sie wirkten vollkommen entspannt, schienen überhaupt nicht auf die See zu achten, als könne nichts ihr Schiff bedrohen. Ihre Ruhe schien auf die Brückenbesatzung überzugreifen, während der Ausguck im Masttop aufmerksam umherspähte. Auch am Bug standen Posten, denn die Blaubanner-Schwert

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