Starship Ardon - Gesamtausgabe. Nolan McCalleb

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Starship Ardon - Gesamtausgabe - Nolan McCalleb

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musste immer ein Besatzungsmitglied wach sein, um im Ernstfall eingreifen zu können.

      Die ersten drei Monate begnügte Kyle sich mit den Sendungen der Erde, spielte mit dem Bord Androiden Schach und machte Experimente im Wissenschaftsbereich. Ihm war bewusst, dass diese Experimente keinen wissenschaftlichen Nutzen bringen würden, sie dienten scheinbar ausschließlich der Beschäftigung während der Wachzeit. Kurz bevor er schlafen ging, übergab er das Kommando dem nachfolgenden Kapitän und berichtete über die Zeit seines Kommandos. Der neue Komandant brachte ihn zur Kryokammer, bereitete ihn vor und verschloss die Kammer. Der Schlaf in der Kryoeinheit ist nur mit wenigen Träumen gesegnet. Die Träume selbst kommen nur in den ersten drei Monaten, danach schaltet auch das Unterbewusstsein in den Schlafmodus, und wenn man aufwacht, glaubt man, dass nur wenig Zeit seit dem Einfrieren vergangen sei.

      Als Kyle aus seinem Kryoschlaf erwachte, und feststellte, dass er außerplanmäßig erweckt wurde, fand er das Schiff in einem nahezu makellosen Zustand vor. Jeder Vorgänger behandelte das Schiff äußerst pfleglich. Lediglich die Matratze im Ruheraum war wohl nicht ordnungsgemäß alle 10 Perioden gewechselt worden. Er hielt in einem Moment, der absoluten Ruhe, inne. Würde sein Vater sehen, wo er war? Brachte ihn das tatsächlich näher an seine Familie? Die Zweifel wuchsen. Wo auch immer er im Weltraum sein würde, an den Schleier des Totenreichs würde er niemals anklopfen können. Dennoch war er froh dort zu sein, wo er war. Einen Schritt näher an den Gedanken seines Vaters. Insgeheim bedauerte er sogar, dass die Komandantin nicht seine direkte Nachfolgerin war. Bei jedem Schichtwechsel, informiert man seinen Nachfolger über die Ereignisse und wird von ihm für den Kryoschlaf vorbereitet. Oft hatte er sie in ihrer Kryokammer beobachtet. Starr und reglos lag der perfekte Körper mit den braun gelockten Haaren vor ihm. Der Anblick ihrer zarten Haut sowie ihres zufriedenen Gesichtsausdrucks brannte sich ihm nahezu auf die Innenseite seiner Augenlieder. Samantha Reefes lautete ihr Name. Die Akte zu der schlafenden Frau kannte er auch schon fast auswendig. Und was er nicht wusste, konnte er anhand der Datenverbindung, die er als Einziger an Bord noch zur Erde nutzen konnte, in Erfahrung bringen. Sportlich war sie, das zeigten viele Bilder in den sozialen Netzwerken, Bilder, wie sie an Klippen mit nur einem dünnen Seil gesichert hing. Start-Ziel Bilder von verschiedenen Marathonläufen und auch Bilder von professionell betriebenem Bogenschießen. Viele Einträge von Freunden, fanden sich in ihrem Profil, wie traurig sie alle waren, sie nie wieder zu sehen und auch ein trauriges Schicksal fand sich zu ihr. Ebenfalls wie er war sie Waise. Aufgewachsen an einer Elite Universität für Weltraummedizin. Militärische Verdienstorden zierten ihre Brust in ähnlicher Anzahl wie die Seine.

      Wie jeder Kommandant in den fast 220 Jahren setzte auch Kyle einen täglichen Statusbericht per Lichtfunk zur Erde ab. Es kam auch jeden Tag eine Antwort von der Erde zurück, leider jedoch mit einer Verspätung von bis zu 40 Jahren. So erfuhr er auch, dass ein Schwesterschiff gestartet war. Baugleich jedoch mit einem leistungsfähigeren Antrieb als der der Ardon. Sie brach vor rund 89 Jahren zum Gliese System auf. Der Funkkontakt riss aber laut den Logbüchern ab und die Ardon versuchte seither, sie zu kontaktieren. Die Time of Free wie das Schiff genannt wurde, hätte vor fast acht Jahren bei Gliese eintreffen sollen. Was mit ihr geschehen war, konnte weder die Erde noch die Kommandanten der Ardon je herausfinden.

      2

      Am siebten Tag nach der Erweckung, passierte das erste Unglück. Kyle war gerade bei den Hydro-Nahrungskulturen, die extra an Bord gezüchtet wurden, um alle 220 hungrigen Mäuler nach der Ankunft für mindestens 3 Monate ohne weiteren Anbau versorgen zu können. Niemand auf der Erde wusste, wie einfach ein Anbau auf Gliese 1214 b sein würde und daher erachtete man dies als mindest Nahrungsmittelvorrat, der nach dem Aussetzen des Portals und nach der Landung vorgehalten werden sollte. Der Computer meldete eine Kollision und eine Kursabweichung. Den veränderten Kurs konnte Kyle problemlos wieder korrigieren, bei der Kollision mit dem vermeintlichen Komet riss aber die Langstreckenantenne an der Rückseite des Schiffes ab. Der Funkkontakt zur Erde war somit unterbrochen. „Verdammter Mist“, kommentierte Kyle die Misere. „220 Jahre lang nichts und kaum sitz ich wieder am Steuer passiert natürlich so etwas“, murmelte er noch hinterher. Und tatsächlich, er studierte die Logbuch Einträge. Am Ende jeder Jahresschicht legten die jeweiligen Kommandanten einen zusammengefassten Bericht ab. Kleinere Schwierigkeiten bei den Nahrungsmittelkulturen waren das Schlimmste, was in all der Zeit passierte. Da aber ein kompletter Kulturausfall durch die zusätzlich geladene Trockennahrung auffangbar gewesen wäre, stellte auch dies keine extrem ernstzunehmende Gefahr dar. Kyle schickte sofort den Androiden in die Druckkammer. Soll sich der Schachcomputer drum kümmern!

      Der Android kletterte an der Außenwand des Schiffs entlang zur defekten Antenne. Kyle beobachtete die Arbeiten vom Überwachungsmonitor aus. Ein heller Lichtbogen flammte auf und die Antenne war repariert. Unglücklicherweise gab es dabei einen Rückstoß und sein Schachkumpane verschwand im Dunkel des Alls. „Verdammter Mist! Mein Schachcomputer. Herrgott, hoffentlich kann einer der anderen Schach!“, fluchte er lautstark, als hätte er Zuhörer. Ob ein Antennenverlust wohl der Time of Free passierte?

      Seither lief das Schiff trotz defektem Langstreckenfunk reibungslos weiter. Die Scanner lieferten rund um die Uhr einen Lagebericht über herumschwirrende Gesteinsobjekte in einem Radius von 15.000 km. Das System konnte bis zu 30.000 km erfassen, Kyle kalibrierte es jedoch neu, um auch kleinere Objekte zu erfassen. Dies senkte aber die Reichweite der Scanner. Besser als eine neue Kollision. Dieser Gedanke rechtfertigte seine Aktion, mehr als genug – davon ging er zumindest aus.

      Kyle wollte gerade die neueste Nachricht der Erde öffnen, als der Computer einen Asteroid in näherer Umgebung meldete. „Autokorrektur nicht möglich“, verkündete das Schiff, mit einem Alarm hinterlegt. Kyle schwang sich umgehend in den Steuersessel, schaltete von Autosteuerung zur manuellen Steuerung um, und lenkte das Schiff mit einem großen Haken um die Gefahr herum. Fünf Minuten später setzte er zurück auf den alten Kurs. Morgen schon kann ich die anderen Wecken.

      Als hätte das Schicksal seine Gedanken gelesen, ging ein heftiger Ruck durch das Schiff. „Was zum Teufel …“, schrie er. Der Antrieb setzte aus. „Alarm … Alarm … Hüllenriss!“, brüllte es neben dem allgemeinen Alarm aus den Lautsprechern. „Hüllenriss?“, echote er den Computer.

      Jetzt steckte er im Anzug mit einer Fangleine gesichert, einem Reparaturkit in der Hand und wartete, bis sich die Schleuse, die ihn zur Außenhaut des Schiffs lassen würde, öffnete. Langsam schob er die schwere Luke zur Seite auf. Schon im ersten Moment, als der Spalt noch ganz klein war, setzte die Schwerkraft aus. Nachdem die Luke vollständig auf war, beugte er seine Knie und stieß sich mit einem kräftigem Satz von der Wand ab. Ruckartig passierte er das Tor in den freien Raum. Die Leine straffte sich und zog ihn wieder zum Schiff. Jetzt konnte er sich an den Streben, die außen angebracht waren, festhalten und sich langsam zur Beschädigung der Hülle voranziehen. „Fürs Protokoll. Ich Idiot hätte die Antenne lassen sollen. Dann hätte sich klein Kasparov jetzt um den Riss der Hülle kümmern können“, flüsterte er in seinen Helm. Kurz verdrehte er die Augen, als ob er in diesem Moment erst wieder realisierte, dass er allein war und ihn niemand beipflichten konnte.

      Was würde sein Vater von ihm denken, wenn er das jetzt sehen könnte? Würde er stolz auf seinen Sohn sein, dass er sich allein einer solchen Gefahr aussetzte? Oder würde er über soviel Leichtsinn den Kopf schütteln? Fragen, die er sich selbst nicht beantworten konnte. Für Samantha. Sie war ihm wichtig geworden, obwohl er sie noch nie gesprochen hatte. Für sie nahm er das Risiko auf sich. Außerdem wusste er nicht, ob die Rettungskapsel bis zum Planeten reichen würde.

      Mühsam schob er sich immer weiter zum Leck. Je näher er kam, umso deutlicher konnte er die Beschädigung sehen. Er ließ den Sonnenschild auf seinem Visir herunter, um mehr Kontrast auf den glänzend stählernen Rumpf des Schiffs zu bekommen. Jetzt blendete ihn die verchromte Oberfläche der Ardon nicht mehr und das Ausmaß der Zerstörung wurde sichtbar. Auf den ersten Blick erinnerte es ihn an ein Straßenschild, das von einem Schrotgewehr

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