Tod eines Agenten. Lars Gelting

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Tod eines Agenten - Lars Gelting страница 25

Автор:
Серия:
Издательство:
Tod eines Agenten - Lars Gelting

Скачать книгу

musste Helmut anrufen. Die Firma würde die Sache übernehmen und dann wäre der Spuk bald vorbei. Aber, wer immer sich hinter diesem „Wir“ verbarg, sie meinten es ernst, und das würde nicht nur ihm Schaden zufügen. Sie mussten diese Typen irgendwie unschädlich machen.

      Helmut würde die Firma aktivieren. Er war immer noch „Führungsoffizier“ und konnte Aktivitäten in vielen Bereichen in Gang setzen. Es gab in diesem Land keine wichtige Institution, kein wichtiges Amt, in dem nicht ein Mitglied der Firma seine Aufgaben wahrnahm. Jeder Alarm, jede Suche erschien schon nach wenigen Stunden auf über hundert Smartphones und Computern. Man konnte sich auf die Firma verlassen. Das hatte die Vergangenheit gezeigt.

      Er versuchte, sich mit diesen Gedanken zu beruhigen. Wälzte sich dabei im Bett von einer Seite auf die andere. Das Gefühl der Demütigung klebte in seinem Kopf wie eine schwere, dunkle Masse. Ließ ihn nicht zur Ruhe kommen.

      Sein Kopf tat ihm weh. Der Schlaf wollte nicht kommen. Er stand auf, ging hinüber ins Bad und nahm ein Aspirin.

      Gleich am Morgen würde er Helmut anrufen.

      In den frühen Morgenstunden schlief er endlich ein, tief und fest.

      Als er erwachte, war es bereits acht Uhr.

      Auf der Bettkante sitzend rief er in der Klinik an und gab die Anweisung, alle Termine zu streichen, die für diesen Tag geplant waren, Patienten nötigenfalls telefonisch davon zu benachrichtigen. Er würde an diesem Tag nicht kommen.

      Es war noch nie vorgekommen, dass er seine Termine nicht wahrnahm oder nicht wie gewohnt in der Klinik erschien. Seine Sekretärin würde annehmen, dass er aus wichtigem Grund verhindert war. Was ja auch den Tatsachen entsprach.

      Während er ins Bad eilte und seine Morgentoilette begann, plante er sein Vorgehen. Helmut war um diese Zeit längst in seiner Praxis, wie es sich für einen ordentlichen Internisten gehörte. Er musste ihn anrufen, vor dem Frühstück noch. Danach würde er wohl oder übel nach Hamburg fahren, um sich mit Helmut zu treffen. Sie mussten diese Sache sofort angehen.

      Er wischte einen Zahnpasta-Klecks, der ihm aus dem Mund gefallen war, vom Wasserkran, sah wieder auf – und erstarrte. Einen Augenblick lang stand er ganz still, hielt die Zahnbürste im Mund, blickte in den Spiegel vor sich, senkte dann die Hand mit der Zahnbürste auf den Waschtisch.

      „Wir sind dir ganz nah. Immer!“

      Die Worte waren mit einem dicken, blauen Edding auf den Spiegel geschrieben worden. Das war schlimm genug: Der Kerl war in seinen Lebensbereich eingedrungen, war durch seine Wohnung gelaufen, während er schlief. Was ihn aber entsetzte und jäh seine Panik entfachte, war die Tatsache, dass diese Worte in der Nacht noch nicht dort gestanden hatten.

      Irgendwann in der Nacht hatte er eine Brause-Aspirin genommen und hatte in den Spiegel geschaut, während er das Glas austrank. Im Spiegel hatte er nur sein Gesicht mit den dunklen Schatten unter den Augen gesehen. Nichts anderes!

      Der war noch immer im Haus! Es war noch nicht vorbei!

      Er ließ die Zahnbürste im Waschbecken liegen, spuckte den Zahnpasta-Schaum aus, hastete zurück ins Schlafzimmer und nahm die „Glock“ aus der Schublade.

      Es war die pure Verzweiflung, die ihn jetzt antrieb, die ihm die Luft zum Atmen nahm, Verzweiflung und eine unbändige Wut. Nur mit seiner Pyjamahose bekleidet, den Zahnpasta-Schaum noch im Gesicht und die entsicherte Pistole in der Hand hetzte er von Raum zu Raum.

      Wie am Abend zuvor durchsuchte er jeden Winkel des Hauses, stand endlich schwer atmend im Abstellraum und blickte durch ein geöffnetes Fenster in den blauen Himmel.

      Sie spielten ihr Spiel mit ihm!

      Er hatte das Fenster am Abend geschlossen, den Tisch an seinen eigentlichen Platz zurück geschoben. Alles hatte wieder seine gewohnte Ordnung gehabt.

      Jetzt stand der Tisch unter einem anderen, dem mittleren der drei Fenster, das Fenster selbst stand weit auf.

      Für einen langen Augenblick starrte er auf die Fensteröffnung. Sein Körper bebte unter dem Gefühl der Machtlosigkeit, der Furcht, aber auch des Zornes. Er wünschte sich, jetzt, in diesem Moment, würde ein Kopf in der Fensteröffnung auftauchen.

      Um dreizehn Uhr traf er sich mit Helmut im Restaurant „Zum Mühlbach“.

      Das Lokal lag gut erreichbar wenige Kilometer vor Hamburg, in der Nähe gab es einen Golfplatz. Eine ausgezeichnete Küche und die Möglichkeit, das bestellte Gericht in einem separaten Raum einzunehmen, machten dieses Lokal zu einem idealen Treffpunkt.

      Helmut erwartete ihn auf dem Parkplatz. Einem kreisrunden Platz, der von Bäumen und dichtem Buschwerk umgeben war, als befände er sich in einem Wald. Er hatte seinen Wagen in einer Nische hinter Büschen geparkt. Von der Straße aus war dieser Bereich nicht einsehbar.

      In seinem tiefsten Inneren mochte er Helmut nicht. Helmut war gut einen Kopf größer als er selbst, wirkte immer ziemlich grobschlächtig auf ihn, und er war noch fülliger geworden. Wie schon bei ihrem letzten Treffen trug Helmut einen Anzug in dunklem Anthrazit, dazu ein blaues Hemd mit rostbrauner Krawatte. Das Jackett trug er offen.

      Er mochte dieses Grobschlächtige, Proletenhafte nicht, diese Art, wie Helmut jetzt mit großen, gewichtigen Schritten auf ihn zukam und ihm seine fleischige Hand entgegenstreckte. Aber Helmut war und blieb „Helmut“, und es wäre sehr unklug, ihm nicht mit dem erwarteten Respekt zu begegnen. Sein grobes Äußeres und sein derbes Auftreten täuschten schon immer darüber hinweg, dass Helmut ziemlich scharfsinnig und skrupellos gerissen war. Übergewichtig war er erst in den letzten Jahren geworden.

      „Mein Lieber, du siehst ja aus, als wärest du ein paar Tage lang versackt.“ Helmut stand jetzt vor ihm und betrachtete ihn mit seinem Internisten-Blick. Er nickte mit dem Kopf zum Lokal hinüber. „Komm, lass uns erst einmal was Vernünftiges essen. Danach knacken wir die Nuss. Ich muss erst um sechzehn Uhr wieder in der Praxis sein. Wir haben also Zeit.“

      Während des Essens sprachen sie nicht über das anstehende Problem. Die Abwesenheit der Frauen, die eine war zur Elchjagd in Schweden, die andere weilte zur Entspannung auf Sylt, war das Thema, mit dem sie ihr Gespräch eröffneten. Sie waren sich einig, dass solch eine zeitweilige Abwesenheit durchaus auch ihre Vorteile hatte.

      Ein weitaus wichtigeres Thema waren die zwei Kongresse, zu denen sie als Ärzte eingeladen waren und an denen sie auch teilnehmen würden. Der erste Kongress fand Anfang November in Hamburg statt, und Helmut war an den Vorbereitungen beteiligt.

      Für den zweiten Kongress mussten sie nach Zürich fliegen. Die Erfahrung ließ drei interessante und sehr unterhaltsame Tage erwarten.

      Nach dem Essen bestellten sie noch einen Kaffee.

      Helmut lehnte sich weit auf seinem Stuhl zurück, legte seine großen Hände übereinander auf den Tisch und wartete, bis die Bedienung den Raum verlassen hatte.

      „So, erzähl mal: Du bist überfallen und beraubt worden?“

      „Keineswegs. Ich bin nicht beraubt worden. Meine Geldbörse, mein Smartphone, Papiere, alles lag frei herum. Es fehlt nichts. Und das ist für mich das eigentlich Bedrohliche: Die Kerle meinen es ernst. Die haben offensichtlich meine Identität ausgegraben. Sie drohen damit, mich bzw.

Скачать книгу