DAS BUCH ANDRAS II. Eberhard Weidner

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DAS BUCH ANDRAS II - Eberhard Weidner DAS BUCH ANDRAS

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auf der Toilette hinter der Tür zu verstecken und Gehrmann, sollte er auch nur den Kopf hineinstrecken, mit einem geeigneten Gegenstand eins überzubraten. Das konnte ich mir jetzt natürlich abschminken. Nun hieß es, ein anderes geeignetes Versteck zu finden. Die Auswahl war allerdings nicht besonders groß, und die Chance, dass Gehrmann mich dennoch nicht entdeckte, eher gering. Andererseits wollte ich mich den Männern, die mich umbringen wollten, auch nicht wie auf dem Präsentierteller darbieten. Vielleicht nahm sich Gehrmann gar nicht so viel Zeit bei seiner Suche und konnte, um nicht alle Insassen aufzuwecken, auch nicht in jedem Winkel nachsehen, sodass er mich unter Umständen übersah. Und genau darauf setzte ich alle Hoffnungen, die ich noch hatte, denn etwas anderes blieb mir im Augenblick nicht übrig.

      Da ich weder in den Schrank noch unter das Bett kriechen wollte und auch nicht das Bedürfnis hatte, mich neben den unbekannten Schläfer ins Bett zu legen, um meinen Verfolger auf diese Weise in die Irre zu führen, entschied ich mich für die einzige Möglichkeit, die übrigblieb. Ich beschloss, mich in den etwa zwanzig Zentimeter breiten Spalt zu zwängen, der sich zwischen der von der Tür abgewandten Seite des Schranks und der dahinterliegenden Wand befand, und zu hoffen, dass Gehrmann mich dort nicht entdeckte.

      Doch vorher nahm ich mir noch die Zeit, auf Zehenspitzen lautlos um das Bett herumzugehen und das Nachtlicht aus der Steckdose zu ziehen. Sofort wurde es stockfinster im Zimmer. Ich konnte nichts mehr sehen. Nur noch das regelmäßige Schnarchen war zu hören und half mir zumindest, mich akustisch zu orientieren.

      Ich wusste nicht, wer dieses Zimmer bewohnte und in dem Bett lag. Außer van Helsing kannte ich bislang ohnehin nur wenige der anderen Insassen, diese auch nur vom Sehen, und hatte nicht die geringste Ahnung, wer in welchem Raum der Station untergebracht war. Allerdings war das auch nicht von Belang. Solange die unbekannte Person weiterschlief und nicht plötzlich aufwachte und das Licht anmachte, war ich verhältnismäßig sicher.

      Da ich mir, bevor ich das Nachtlicht entfernt hatte, meine Umgebung eingeprägt hatte, bereitete es mir nun keine Schwierigkeiten, mich bis zu dem von mir ins Auge gefassten Versteck vorzutasten. Ich hatte Glück und stieß auch nicht gegen irgendwelche Hindernisse, die mir aufgrund der unzulänglichen Beleuchtung verborgen geblieben waren.

      Ich schob mich tief in die Lücke zwischen Schrank und Wand und wartete dann ab. Da sich meine Atmung wieder normalisiert hatte, bereitete es mir keine Mühe, flach und geräuschlos durch den geöffneten Mund zu atmen. Und falls ich doch versehentlich ein Geräusch verursachte, würde es vom Schnarchen des Schläfers übertönt werden.

      Ich erschrak, als das schnarchende Geräusch plötzlich abbrach und die Person im Bett sich raschelnd bewegte. Doch anscheinend hatte sie im Schlaf nur eine andere Position eingenommen, denn unmittelbar danach lag der Schläfer wieder still und begann auch sogleich wieder damit, lautstark imaginäre Bäume umzusägen.

      Allerdings blieb mir nicht viel Zeit, mich wieder zu beruhigen, denn nur wenige Augenblicke später begann mein Herz erneut schneller zu schlagen, als auf dem Gang vor der Tür Schritte ertönten, rasch lauter wurden und unmittelbar vor der Tür verstummten. Ich hielt den Atem an. Zunächst herrschte – bis auf die Geräusche des Schnarchers – wieder Stille, und ich dachte schon, ich hätte mich getäuscht und mir die Schritte nur eingebildet. Doch im nächsten Moment wurde die Tür geöffnet.

      Die Tür schwang nach innen, bis sie mit dem Türgriff beinahe gegen die Wand stieß, und ließ das matte Licht der Gangbeleuchtung hereinfallen, die ein verzerrtes, schiefes Viereck auf den Boden malte, das nicht ganz bis zum Bett reichte. Inmitten dieses hellen Rechtecks ragte tiefschwarz und bedrohlich der Schatten einer schlanken Gestalt in den Raum.

      Ich hatte um die Ecke des Schranks gespäht und alles beobachtet. Doch nun beschloss ich, dass ich mehr als genug gesehen hatte, und zog den Kopf vorsichtig zurück, damit Gehrmann mich nicht sehen konnte. Vielleicht gab er sich mit einem Blick von der Tür ins Zimmer zufrieden und ging anschließend weiter. Doch da der Einsatz mein Leben war, verzichtete ich darauf, zu wetten, dass die Sache so leicht werden würde.

      Ich konnte zwar nicht mehr zur Tür sehen, wo Gehrmann schweigend und bedrohlich in der hellen Öffnung stand, doch ich sah von meinem Versteck aus das Bett und seinen Schatten auf dem Boden. Sosehr ich mir auch wünschte, er möge sofort wieder verschwinden und die Tür hinter sich schließen, erfüllte sich dieser Wunsch jedoch nicht.

      Gehrmann harrte mehrere Sekunden lang regungslos auf der Schwelle aus. Womöglich, um sich einen Überblick zu verschaffen, auf verdächtige Geräusche zu lauschen oder auch nur aus Vorsicht, damit er nicht aus der Dunkelheit heraus angefallen werden konnte. Dann betrat er das Zimmer. Beinahe lautlos kam er herein und ging geradewegs auf das Bett zu, aus dem unverändert die lauten Schnarchgeräusche kamen.

      Als er das Bett erreichte, konnte ich deutlich die Umrisse der Pistole in seiner Hand erkennen. Er hielt sie allerdings so, dass die Mündung mit dem aufgesetzten Schalldämpfer nach oben zur Zimmerdecke zielte.

      Mein Pulsschlag und das Geräusch meiner flachen Atmung dröhnten mir plötzlich wieder überlaut in den Ohren. Ich befürchtete, dass Gehrmann, der nur wenige Meter von mir entfernt stand, beides deutlich hören könnte. Am liebsten wäre ich mit der Wand in meinem Rücken verschmolzen, um mich dadurch vollständig unsichtbar zu machen. Ich presste mich unwillkürlich noch fester dagegen, doch das harte Material gab natürlich kein bisschen nach.

      Doch Gehrmann konnte weder mein Herz, das in meiner Brust wummerte wie ein alter Dieselmotor, noch meine nahezu lautlosen Atemzüge hören. Und selbst wenn sie tatsächlich so laut gewesen wären, wie ich in meiner Panik befürchtete, wären sie aufgrund der Geräusche, die der Schläfer verursachte, dennoch nicht zu hören gewesen.

      Aus der Dunkelheit meines Verstecks heraus beobachtete ich, wie Gehrmann sich über die schlafende Gestalt im Bett beugte, um deren Gesicht ansehen zu können, das von ihm abgewandt war. Möglicherweise dachte er, ich hätte mich einfach ins Bett gelegt, würde mich nun schlafend stellen und den dazu passenden Soundtrack produzieren. Aber was hätte ich in diesem Fall mit dem ursprünglichen Bewohner des Zimmers anstellen sollen. Hätte ich ihn einfach in meine Hosentasche stecken sollen?

      Doch da fiel mir wieder ein, dass Gehrmann aufgrund des mutigen Widerstands der Nachtschwester gar nicht wusste, welches Zimmer ich bewohnte. Er musste daher bei jedem Zimmer, das er kontrollierte, davon ausgehen, dass es mir gehörte, und deshalb jede schlafende Person in jedem einzelnen Bett überprüfen. Eine derartige Vorgehensweise kostete natürlich jede Menge Zeit. Viele andere wären deshalb möglicherweise schneller und damit auch weniger sorgfältig vorgegangen. Allerdings gehörte Gehrmann nicht zu diesem Menschenschlag. Er war – diesen Eindruck hatte ich bereits bei der Besprechung mit ihm im Beisein von Dr. Jantzen und Gabriel gewonnen – penibel bis ins Mark und nahm alles peinlichst genau. Halbe Sachen gab es für ihn vermutlich nicht, und deshalb war es für seinen Kollegen Klapp wahrscheinlich auch nicht leicht, den älteren Mann halbwegs zufriedenzustellen, weshalb ich den Übereifer und die übertriebene Sorgfalt, die Klapp zeitweise an den Tag legte, nun ein wenig besser verstand.

      Und weil Gehrmann eine Sache lieber zweimal kontrollierte und nicht zur Schlamperei neigte, überprüfte er auch in diesem Moment besonders gewissenhaft, ob es sich bei dem Schläfer im Bett nicht doch vielleicht um mich handelte. Dazu beugte er sich so weit nach vorn, dass ich schon befürchtete, er könnte das Gleichgewicht verlieren und vornüber aufs Bett kippen, und betrachtete aufmerksam das im Schatten liegende Gesicht der schlafenden Gestalt. Als er – möglicherweise aufgrund der Farbe oder Länge des Haars, der Form oder Farbe des Gesichts oder anderer leicht erkennbarer Merkmale – zu seiner Zufriedenheit festgestellt haben musste, dass der Schläfer nicht die Person war, die er suchte, begann er wieder damit, sich möglichst behutsam aufzurichten, ohne die Person im Bett dabei zu wecken.

      Doch bevor er die Bewegung beenden und sich vollständig aufrichten konnte, ertönte urplötzlich ein ohrenbetäubender,

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