Karfreitagabend. Cristina Fabry

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Karfreitagabend - Cristina Fabry

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Schlag ging tief, denn Philippus hatte sich schon oft gefragt, was die engsten Vertrauten des Meisters hatten, das er nicht besaß, schließlich stammte er genauso aus Betsaida wie Simon Petrus und Andreas, ihr Vater war mit seinem Vater zusammen fischen gegangen. Doch er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und antwortete: „So oft hat er gesagt, dass wir uns gegenseitig unterstützen sollen. Und Liebe und Frieden gehörte zu seinen größten Anliegen. Man muss nicht der Lieblingsjünger Jesu sein, um zu wissen, dass er das so gewollt hätte.“

      Bei diesem Stichwort klopfte es wieder an der Tür, das Losungswort ertönte, Maria von Bethanien öffnete und ließ Johannes eintreten.

      „Wenn man vom Teufel spricht.“, zischte Thomas.

      „Hör auf solchen Unsinn zu reden.“, wies Philippus ihn zurecht. Dann wandte er sich an den Lieblingsjünger Jesu: „Wo kommst du so spät her Johannes? Gibt es etwas Neues?“

      „Ich hab die Mutter des Meisters nach Hause gebracht.“, antwortete der Gefragte. „Sie war sehr mitgenommen, darum bin ich noch eine Weile bei ihr geblieben. Ihre Kinder sind jetzt bei ihr und kümmern sich. Ich war wirklich in Sorge, dass sie vor Kummer direkt sterben könnte. Aber sie ist eine starke Frau.“

      „Sie ist die Mutter des Messias.“, sagte Martha. „Warum sollte Gott dafür eine schwache Frau ausgewählt haben?“

      „Auf jeden Fall bin ich auf dem Rückweg über den Friedhof gelaufen und da habe ich gesehen, dass die Römer bewaffnete Wächter am Grab des Meisters haben aufstellen lassen. Sie wollen wohl verhindern, dass wir seinen Leichnam stehlen und dann behaupten, er sei von den Toten auferstanden.“

      „Vielleicht wollen sie auch einfach nur einen Volksaufstand verhindern, denn es gibt immer noch mehr als genug Leute in Galiläa, die vollkommen empört sind, dass die Römer Jesus hingerichtet haben.“, meinte Martha.

      „Kann nicht mal einer den Weibern den Mund verbieten?“, fragte Thomas leise.

      „Komm, wir gehen nach hinten, weit weg vom Herd.“, beschwichtigte Philippus ihn. „Ich verstehe ja, dass du aufgewühlt bist. Das sind wir alle. Aber sag jetzt nichts, was dir hinterher leidtut.“

      „Ich frage mich tatsächlich.“, erklärte Thomas, nachdem sie sich in eine etwas stillere Ecke zurückgezogen hatten, „warum ich all die Jahre Jesus von Nazareth gefolgt bin, obwohl ich die ganze Zeit geahnt habe, dass es genauso endet.“

      „Vielleicht, weil du gehofft hast, dass du nicht Recht behältst?“

      „Ja. Vielleicht. Aber ich habe Recht behalten.“

      „Wer weiß, was noch kommt.“, stellte Philippus in den Raum.

      „Verhaftung? Folter? Hinrichtung?“, schlug Thomas vor.

      „Das ist nicht ausgeschlossen, aber ich denke, so wichtig sind wir nicht.“, erwiderte Philippus. „Wenn wir eine Weile den Kopf einziehen, werden sie uns schneller vergessen, als das Gras auf einem Grabhügel wächst.“

      „Aber wozu sind wir drei Jahre in die Lehre gegangen, wenn wir jetzt den Kopf einziehen und da weitermachen, wo wir aufgehört haben?“

      Nathanael näherte sich den beiden, dicht gefolgt von Simon Kananäus. „Was höre ich da gerade?“, fragte er, „Weitermachen wo wir aufgehört haben? Was habt ihr vor?“

      „Gar nichts.“, antwortete Thomas. „Das ist es ja. Wir können nichts machen, dabei wäre so viel nötig. Aber wir sind vollkommen kaltgestellt.“

      „Früher hätte ich vorgeschlagen, einen Überfall zu planen.“, schlug Simon Kananäus vor. „Aber den Weg der Gewalt hat Jesus mir ausgeredet, er hatte immer die besseren Ideen.“

      „Und jetzt ist kein Jesus mehr da, den wir fragen könnten.“, warf Nathanael ein.

      „Aber er hat doch gesagt, dass er wiederkommt.“, sagte Philippus leise.“

      „Ach ja?“, zischte Thomas. „Wie denn? Sollen wir uns an seinem Grab versammeln, wenn die Wachen abgezogen sind? Meint ihr, die Gegenwart seines Leichnams wird unseren Geist beflügeln? Ich weiß nicht, ob du es schon verstanden hast, Philippus. Jesus ist tot. Der kommt nicht wieder. Sein Körper hat schon angefangen zu verfaulen und seine Seele ist im Totenreich gefangen, genauso wie die Seele von Johannes dem Täufer. Der macht auch nichts mehr und kommt auch nicht zurück. Die Mächtigen zertreten jeden, der ihnen in die Quere kommt. Das war schon immer so. Eine Zeitlang kannst du ihnen lästig sein und das Leben schwer machen, dann beenden sie dein Leben.“

      Die bitteren Worte verhallten in einem resignierten Chor des Schweigens, während draußen die Abendsonne wieder hervorkam, um sich kurz vor der Dämmerung ein letztes Mal zu zeigen.

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