Vorm Mast. Wolfgang Bendick

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Vorm Mast - Wolfgang Bendick Zu Wasser und zu Lande

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liegt dort! Ich erkenne es an der roten Brückenreling. Es heißt, sie seien die zurzeit modernsten Schiffe. Wie eine Jacht sieht es aus. Ganz in Weiß, ohne Rost. „Läuft aber nur 16 Knoten (Seemeilen pro Stunde. 1,85 × 16 = 30 km/Std)“, spottet jemand. „Immerhin 4 mehr als unsere Rostbeule!“ Dann erschallt in den Wechselsprechanlagen der Ruf „Klar vorn und achtern!“, und wir huschen zurück zu unserem Arbeitsplatz.

      Der Fischereihafen liegt an Backbord achteraus. „Es geht doch nichts über einen guten Fisch, nach einer durchgemachten Nacht!“, höre ich einen Matrosen sagen. Er hat wohl gerade seinen Bericht vom letzten Landgang zum Besten gegeben. Landungsbrücken, Überseebrücke. Hier hat ein englisches Kriegsschiff festgemacht. Pfiff von der Brücke. Ein Wachgänger eilt aufs Deckshaus und holt den Lappen zu 1/3 herunter. Der Engländer reagiert nicht. Der Wachgänger schaut fragend zum Bootsmann. „Die Limys (Spitzname für Engländer. Kommt daher, dass sie auf ihren Segelschiffen Limonen im Proviant hatten, gegen Skorbut) können uns mal am Arsch lecken! Zieh das Tuch wieder hoch!“ Vor uns ragt ein schwarzer Gasspeicher empor. Die Schlepptrossen spannen sich, Wasser tropft heraus. Hier dreht das Schiff mit Schlepperhilfe und bewegt sich dann langsam rückwärts in das Hafenbecken. Langsam dreht die Schraube. Bis an Deck hören wir das Weinen der Rudermaschine. Die Schlepper haben voll zu tun. Die Maschine kann nur unterstützen. Nach ein paar kurzen Maschinenmanövern nähern wir uns langsam der Pier.

      „Achterleine an Land!“, bellt der Lautsprecher. Ein erfahrener Matrose wirft die Wurfleine, die er vorher sorgfältig klar zum Laufen aufgeschossen hat, mit einem lauten „Kiek ut!“ zum Kai. Einer der Festmacherleute da unten schnappt sich diese und zu zweit ziehen sie die erste Festmacherleine an Land. Eine weitere Wurfleine. Der Knoten verfehlt den Kopf des Festmachers um wenig. Der ist sauer. Er denkt, der Matrose hat das extra gemacht. Das kann schon sein... Dann geht die erste Manila an Land. „Hoffentlich verklemmt sich kein Kinken am Poller“, flüstert mir Schmidchen zu. Dann stecken wir seitlich die Spring (Leine, die von hinten Richtung mittschiffs geht) aus. Die Festmacher an Land können sie so ergreifen. „Zwei Achterleinen fest, Spring fest!“, meldet der Offizier. „Spring durchhieven“, sagt die Wechselsprech. „Hievt Spring!“, ruft der Bootsmann, der über die Reling gebeugt den Abstand zwischen Kai und Schiff beobachtet. Mit der erhobenen Hand macht er eine kreisende Bewegung zum Matrosen an der Windenbedienung. „Spring festhieven!“ Er macht eine Faust. Der Windenmann hält an. „Beleg Spring!“ Einer klemmt die Spring mit einem Kettenstopper ab. Der Matrose am Spill wirft die Buchten ab. Wir Junggrade holen die Lose herbei, während einer die Trosse auf dem Poller in 8er-Schlingen belegt.

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      Reger Betrieb auf dem Kai

      „Schlepper los!“, ertönt es von oben. Der Haken des Schleppers klickt auf und gibt die Manila frei. Da die 2 Spillköpfe in Betrieb sind, holen wir sie per Hand ein: „Hol weg! Hol weg!“, gibt ein Matrose den Takt an. Dann stecken wir diese Manila auf der Backbordseite, der Landseite aus. Aufs Spill damit und hieven. Seilstopper und belegen. Wir rennen ganz schön hin und her. Das heißt, vor allem die anderen. Ich versuche das Durcheinander zu verstehen und nicht den Fuß in einen Kinken zu setzen. Jetzt verstehe ich, was es heißt, wenn jemand sagt: „Geh aus die Kinken!“ Auf bayrisch: „Schaug dass 'd wegkimmscht!“ Die Schlepper entfernen sich mit einem kurzen Gruß mit dem Nebelhorn. Wir haben alle Leinen fest. Vier Achterleinen und eine Spring. Die Festmacher haben die Schmeißleinen nicht zurück an Bord geworfen. Weil sie sich rächen wollen für den knappen Wurf. Zum Glück haben sie sie nicht geklaut. Also muss einer von uns runter, und sie holen. Hoffentlich machen sie keinen Stunk! Da kommt die Order durch, dass das Manöver beendet ist. Wir denken, es ist Feierabend. Nein! „Achterschiff aufklaren, aber picobello!“ Nur ich darf weggehen. Zum Aufdecken fürs Abendessen...

      Hamburg im Winter. Die kalte Dunkelheit wandelt sich erst spät in ein kaltes Grau. Eiskristalle sind über Nacht an den Drähten gewachsen, das Deck glänzt vor Glätte. Wir streuen etwas Sand an den strategischen Stellen. An Land rollen die Kräne in Position, Waggons werden rangiert. Die Arbeiter wärmen sich mit einer Zigarette. Wir reißen ein paar Luken auf. Zum Glück habe ich meine Arbeitshandschuhe, sonst würden die Hände an den Leitersprossen kleben bleiben. Der Ladebetrieb beginnt. Der dafür verantwortliche Offizier spricht von 800 Tonnen. Also fast nichts für unser Schiff, das 7000 tragen kann. Langsam tauchen die restlichen Crewmitglieder wieder auf. Die, welche Familie haben, waren zu Hause gewesen. Von den Ledigen haben manche, laut ihren Berichten, währen der freien Tage und Nächte eine größtmögliche Zahl an Kneipen und Frauen durchgemacht. Dementsprechend sehen sie auch aus! Wenn das alles wahr ist, was sie erzählen, bin ich noch seemeilenweit davon entfernt, ein echter Seemann zu sein... Mein ehemaliger Seemannsschulkumpel Hans-Dieter trifft ein. „Noch eine Ratte!“, grummeln die Matrosen, „Wieviel mokt dat insjesamt? söß? Do heff wir ja noch mehr Arbit. Den halben Tog aufm Ors sittn! School, heff we ok nich brukt...“

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      Hans-Dieter und Fronzl, der Leichtmatrose aus Österreich am Anker- und Verholspill

      Abends sitzen wir Decksjungen oft bei irgendeinem in der Bude, mit einer Flasche Bier, oder machen uns, was seltener ist, über eine Flasche Whisky her. Manchmal schaut ein Matrose herein, fragt nach Feuer oder sonst was. Selten setzt sich einer zu uns. Jetzt, wo sie den Schlaf nachgeholt haben und den Kopf entnebelt, merke ich, dass sie eigentlich gar nicht soo schlimm sind. Der Einzige, der öfters mit uns ist, ist Seubert, der Leichtmatrose. Ansonsten trinken oder unterhalten sich die verschiedenen Dienstgrade in ihren entsprechenden Ecken in der Mannschaftsmesse. In unseren Zimmern ist wenig Platz. Man sitzt auf dem harten Kojenrand, dem einzigen Hocker, auf dem Minitisch, auf dem Rand einer halb herausgezogenen Schublade, auf dem Boden. Die Tür lässt sich, zum Glück, auf einen Haken blockieren. Dadurch ist sie etwa ein Fußbreit offen, und wir ersticken nicht in unserem Zigarettenqualm. In den Tropen sei das die Dauerposition, dazu das Bullauge offen, wenn möglich mit einem „Eselsohr“ darin, einem halbrunden Blech, das den Fahrtwind herein leiten soll. Klimaanlage besitzt das Schiff keine.

      Wie ist es schön, von den Tropen zu reden, während es draußen arschkalt ist und hier drinnen eine Elektroheizung die Luft verstinkt. Von den Anderen erfahre ich die bordeigenen Preise für Zigaretten und Spirituosen. Etwa 1/3 der Preise an Land! Da soll einer nicht Alkoholiker oder Lungenkrebsler werden! Mickymaus sagt mir, dass in Afrika meist mit Zigaretten bezahlt wird. Möglichst mit amerikanischen. 1 Paket für drei Ananas, 3 Pakete für eine Staude Bananen. Wir sitzen dichtgedrängt in seiner Kammer und rupfen gerade die letzten Bananen von seiner Staude. Wie schmecken die gut! Viel besser, als die aus dem Geschäft, weil sie reif geerntet worden sind. Bei all diesen Erzählungen kann ich es kaum erwarten, dass wir die Leinen loswerfen und die norddeutsche Wintersuppe weit hinter uns lassen. Doch vorerst heißt es noch volle Pulle aufklaren. Massenweise Bretter, das Stauholz, aufstapeln. Auf Stroppen, Seilschlingen. Das alles verschwindet in den Luken, um später als Unterlage, Spalier genannt, für Sackgut zu dienen, damit dieses nicht direkt den Lukenboden berührt. Die Persenninge, riesige Planen aus Segeltuch, wasserdicht imprägniert, müssen zusammengelegt werden. Die anderen Ratten zeigen mir wie. Wichtig ist, dass man sie jederzeit, auch im Dunkeln, ausbreiten kann, selbst alleine. Man faltet von außen her je eine Hälfte bis zur Mitte; das, was bleibt, wiederum bis zur Mitte, dann nochmal dasselbe, je nach Größe der Plane. Den breiten Streifen, der so entsteht, klappt man ebenfalls nur bis zur Mitte, beidseitig, und nochmal und nochmal, bis ein „handliches“ Paket übrig bleibt, das dann mit einem Bändsel zugeschnürt wird, bereit zum Gebrauch. Das wird dann in einem der Deckshäuser gelagert. Alles Tauwerk wird „fachmännisch“ von uns Lehrlingen aufgeschossen (aufgewickelt, aufgerollt) und seefest verstaut oder aufgehängt. Vieles an der Seemannsschule Gelernte wird jetzt plötzlich verständlich und kommt zur Anwendung. Immer wieder taucht ein Matrose oder der Scheich auf und motzt. „Alles Pfusch! Da merkt man, dass der Unterricht zu nichts taugt!“ und immer dieselbe Schlussfloskel

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