Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen. Wilhelmine von Bayreuth

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Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen - Wilhelmine von Bayreuth gelbe Buchreihe

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dass unser Geschreibe sehr oft satirisch war, wobei der Nächste nicht verschont wurde. Ich erinnere mich, dass die Lektüre von Scarrons humoristischem Roman uns zu einer komischen Anwendung auf die kaiserliche Clique veranlasste. Wir nannten Grumbkow den Ränkeschmied, Seckendorff den Plünderer und den König den Brummer. Gewiss war es strafbar von mir, die Ehrfurcht, die ich dem König schuldete, so zu verletzen; aber ich habe nicht die Absicht, mich selbst zu schonen noch mich zu entschuldigen. Wenn Kinder auch noch so viele Gründe zur Klage wider ihre Eltern haben, so dürfen sie doch nicht die schuldige Achtung vergessen. Ich machte mir seitdem die Fehler meiner Jugend in dieser Hinsicht oft zum Vorwurf, aber die Königin, statt uns zu rügen, ermunterte uns durch ihren Beifall, die schönen Satiren fortzusetzen. Ihre Hofmeisterin Frau von Kamecke blieb darin nicht verschont, obwohl wir große Achtung für die Dame hatten, konnten wir nicht umhin, ihre Lächerlichkeiten wahrzunehmen und sie zu bespötteln. Da sie äußerst dick war, nannten wir sie Madame Bouvillon, eine andere, ihr ähnliche Figur in jenem Roman. Wir trieben mehrmals in ihrer Gegenwart damit Scherz, so dass sie sehr neugierig wurde, wer denn diese Madame Bouvillon, von der so viel die Rede war, sei. Mein Bruder machte ihr weis, es sei die Camera Major der Königin von Spanien. Als eines Tages nach unserer Rückkehr nach Berlin Cercle gehalten wurde und vom spanischen Hofe die Rede war, ließ sie sich gar einfallen, zu bemerken, dass die Camera Majors alle aus der Familie der von Bouvillons seien. Alles lachte ihr ins Gesicht; und ich wusste vor Lachen gar nicht, wie ich mich halten sollte. Sie merkte wohl, dass sie eine Dummheit gesagt hatte, und informierte sich bei ihrer Tochter, die sehr belesen war, was denn damit sei. Diese enthüllte ihr das Geheimnis. Sie wurde sehr böse auf mich, da sie einsah, dass ich nur Possen mit ihr getrieben hatte; und nur mit Mühe konnte ich sie wieder versöhnen. Ein satirischer Charakter ist wenig achtenswert; man gewöhnt sich unmerklich daran und verschont dann weder Freund noch Feind. Nichts ist leichter, als die lächerlichen Seiten des Nächsten herauszufinden. Jeder hat die seinen. Es ist freilich unterhaltend, eine Person, die uns gleichgültig ist, auf geistreiche Weise zu foppen; aber zugleich ist es hart, zu denken, dass es einem selbst vielleicht einmal so ergehen wird. Wie sind wir Menschen doch blind! Wir reiten auf den Fehlern der anderen, während wir der eignen nicht achten. Ich habe mich von diesem Hange gänzlich befreit und verspotte nur noch gerne diejenigen Leute, die einen schlechten Charakter haben und durch ihre böse Zunge verdienen, dass man ihnen Gleiches mit Gleichem vergilt. Aber ich komme zu meinem Gegenstand zurück.

       Da die Ankunft des Markgrafen von Ansbach nahe bevorstand und er die Blattern noch nicht gehabt hatte, hielten es der König und die Königin für ratsam, mich nach Berlin zurückzuschicken. Bevor ich abreiste, ging ich aber zum König. Er empfing mich wie gewöhnlich, das heißt sehr ungnädig, und sagte mir die härtesten Dinge. In ihrer Angst, er könne noch weitergehen, kürzte die Königin meinen Besuch ab und geleitete mich selbst in mein Zimmer zurück. Tags darauf begab ich mich nach Berlin, wo ich die Gräfin Amalie als die Braut des Staatsministers von Viereck antraf. Herr von Wallenrodt, ihr früherer Liebhaber, war gestorben. Es war einige Zeit her, dass man ihr eines Tages diese Nachricht mitteilte, als eben Cercle bel der Königin gehalten wurde. Da sie nicht einmal von seiner Krankheit etwas gehört hatte, machte ihr diese plötzliche Nachricht von seinem Tode einen solchen Eindruck, dass sie angesichts des ganzen Hofes in Ohnmacht fiel, wodurch ihr Verhältnis zu ihm ans Licht kam. Seit dieser Begebenheit hatte sie an Einfluss bei der Königin sehr verloren, und diese war recht froh, sie loszuwerden. Indes trafen der König und die Königin ein paar Tage nach mir in Berlin ein. Die Hochzeit meiner Schwester wurde mit großem Prunk gefeiert; und sie verließ uns vierzehn Tage später.

       Nunmehr trat ich aus meiner Abgeschlossenheit hervor und folgte einige Zeit darauf der Königin nach Wusterhausen. Dort fingen die Streitigkeiten wegen meiner Verheiratung von neuem an. Den ganzen Tag gab es nur Zank und Ärger. Der König ließ meinen Bruder und mich beinahe Hungers sterben. Er verwaltete selbst das Amt des Tranchiermeisters; er servierte allen, nur uns beiden nicht; und wenn zufällig auf der Platte etwas übrigblieb, spie er hinein, um uns das Essen zu verleiden. Wir nährten uns beide nur von Kaffee und gedörrten Kirschen, wodurch mein Magen gänzlich verdorben wurde. Dafür wurde ich mit Schmähworten und Beschimpfungen gespeist, denn es wurden mir den Tag über alle erdenklichen Benennungen zuteil, und noch dazu vor allen Leuten. Der Zorn des Königs ging sogar so weit, dass er meinen Bruder und mich davonjagte und uns streng gebot, nur noch zu den Mahlzeiten vor ihm zu erscheinen. Die Königin schickte heimlich nach uns, während der König auf der Jagd war. Sie hielt dabei nach allen Richtungen Spione aufgestellt, die ihr meldeten, wann er wieder in Sicht war, damit ihr Zeit blieb, uns wegzuschicken. Durch die Nachlässigkeit ihrer Leute wären wir eines Tages auf ein Haar bei ihr ertappt worden. Ihr Zimmer hatte nur einen Ausgang; und er erschien so plötzlich, dass wir ihm nicht mehr ausweichen konnten. Die Angst machte uns entschlossen. Mein Bruder verbarg sich in einer Nische, die eine gewisse Bequemlichkeit bot, und ich kroch unter das Bett der Königin, welches so niedrig war, dass ich es kaum aushalten konnte und in eine sehr peinliche Lage geriet. Kaum hatten wir uns in diese schönen Zufluchtsorte zurückgezogen, als der König eintrat. Da er von der Jagd sehr ermüdet war, schlief er ein und schlummerte zwei Stunden lang. Ich erstickte fast unter dem Bette und konnte nicht umhin, von Zeit zu Zeit meinen Kopf hervorzustrecken, um Atem zu schöpfen. Wenn diese Szene einen Zuschauer gehabt hätte, wäre sie lächerlich genug gewesen. Endlich ging sie zu Ende. Der König entfernte sich, und wir kamen schnell aus unsern Höhlen hervor, indem wir die Königin beschworen, uns solchen Vorgängen nicht wieder auszusetzen. Es mag wohl seltsam erscheinen, dass wir nichts unternahmen, um uns mit dem König auszusöhnen. Ich sprach mehrmals mit der Königin darüber, aber sie wehrte es auf das bestimmteste ab und sagte, der König würde mir antworten, dass ich nur dann wieder seine Gnade erlangen könnte, wenn ich den Herzog von Weißenfels oder den Markgrafen von Schwedt heiratete, was die Lage nur verschlimmern würde und mich in größte Verlegenheit brächte. Diese Gründe waren einleuchtend, ich musste mich fügen.

       Nach all diesen Kümmernissen kamen einige frohe Tage. Der König begab sich nach Lübben, um mit dem König von Polen zusammenzukommen. Dort nun gelang es Grumbkow und Seckendorff, meinen Vater zu bewegen, mich in aller Form dem Herzog von Weißenfels zur Ehe zu versprechen, dem ich feierlich verlobt wurde. Der König von Polen wollte ihm einige Vorteile bewilligen, und der König von Preußen erachtete, dass ich mit 50.000 Talern jährlich sehr standesgemäß mit ihm würde leben können. In Dahme, einem kleinen Marktflecken, der dem Herzog gehörte und sein Erbteil war, machte der König halt; er wurde dort mit herrlichem Ungarwein bewirtet, was seine Freundschaft für den Herzog nur steigerte. Dieser aber hielt alle seine Ränke so geheim, dass wir erst einige Zeit darauf etwas davon erfuhren.

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