Georg Schweinfurth: Afrikanisches Skizzenbuch. Georg Schweinfurth
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Der Viehstand der in diesen Einöden hausenden Ababde ist sehr gering und besteht ausschließlich aus elenden Ziegen, die selbst bei der gegenwärtigen Üppigkeit der Vegetation mager erschienen, denn die einjährigen Kräuter, die sie bevorzugen, waren noch nicht gehörig entwickelt. Rinder fehlen natürlich überall und Schafe sind verhältnismäßig selten. Sie gehören der Nilrasse an. Solche mit starren, nicht wolligen Haaren und buschigem Schweif kommen nur aus dem Lande der Bischarin, wo sie äußerst häufig sind, und finden sich auch im Hedschas. Nur das Kamel, das alles zu fressen imstande zu sein scheint, was da wächst und grünt, erfreut sich einer gewissen Wohlhäbigkeit; alle übrigen Geschöpfe, vor allem der Mensch, sind durch eine der gesamten Wüstennatur eigentümliche Dürre gekennzeichnet.
23. Januar gegen Mittag verließ ich den Brunnen und verfolgte von den Hütten der Ababde aus den nach SO abgehenden Arm des Uadi Hendosse, in dem ich nach 30 Minuten zwei Ababde-Hütten antraf. Alsdann verengt sich das Uadi, während die Spitzen des Abu Tiur hervorgucken. Felsen von Gneis und Glimmerschiefer rahmen das schöne Gebirgsbild ein, das dieser Bergkoloss mit seinen 3 majestätischen jäh abstürzenden Zacken darstellt. Nach weiteren 15 Minuten in SSO und SO abwechselnd marschierend, biegt man zur Linken in das große ½ Stunde breite Uadi Abu Tiur ein, während nach S und auf den Gebel Ssubah gerichtet das vorige Tal sich zwischen hohen Vorbergen hin und her gewunden weiter zieht.
In 50 Minuten wurde das breite Uadi nach SO durchzogen, bis wir uns unter der mittleren Spitze des Abu Tiur befanden. Resedastauden von einer Größe und Üppigkeit, als wären sie kultiviert, bedecken die breite Talfläche, die auch nach NO durch eine Kette hoher Vorgebirge begrenzt erscheint. Einige riesige Lassafdickichte (Capparis galeata Fres.) fanden sich voller birnförmiger gelber Früchte, die von der Größe eines Hühnereies breiige Pulpa voller Kerne enthalten, die süßlich und hanfartig schmeckend als Erfrischung wohl genossen werden können. Dieses den Küsten des Roten Meeres eigentümliche Gewächs darf indes nicht mit der den Felsen des Niltals eigenen Capparis aegyptiaca D. verwechselt werden, das auch Lassaf genannt wird, aber völlig abweichend organisiert und ein Zwerg in allen seinen Teilen im Vergleich zu diesem ist. Am Fuß des Abu Tiur fand ich einige Ziegenherden der hier hausenden Ababde, die im Winter und Frühling, solange die Wasservorräte des Berges und die Vegetation es erlauben, hierselbst ihre Herden weiden. An einer Stelle, die durch die Üppigkeit ihrer Staudenvegetation einem künstlichen Garten nicht unähnlich erschien, wurde gelagert, im Schatten von Moringabäumen, die Kasuarinen zum Verwechseln ähnelnd, ihre graziösen Zweige über mich neigten.
24. Januar. Am folgenden Morgen machte ich mich sogleich an die Besteigung des Abu-Tiur, denn in dieser kühlen Jahreszeit hoffte ich endlich einmal ein solches Unternehmen ganz und nicht bloß halb wie während meiner vorjährigen Reise bei mehreren Gelegenheiten bewerkstelligen zu können. Diese Tour bot mir zwar außerordentliche Schwierigkeiten und sehr geringe Resultate, jedoch wenigstens die Befriedigung dar, längst gehegte Wünsche endlich einmal realisiert, und mich von der Beschaffenheit einer solchen Bergspitze überzeugt zu haben.
Um 8 Uhr morgens begann ich das Steigen in einer der sich mir zunächst darbietenden Schluchten südwärts zu der mittelsten und höchsten Spitze des Berges emporstrebend. Ganz unten am Fuße des Berges treten einige Tonschieferfelsen zutage, die ganze übrige Masse des Berges besteht aus einem hellen grobkörnigen Granit, der dieselbe Beschaffenheit besitzt, wie die übrigen von mir bestiegenen südlichen Berge. Mit dem Gebel Ferajeh bei Berenike besitzt der etwa 500 Fuß niedrigere Abu-Tiur (4.000 Fuß) die größte Ähnlichkeit. Hier dieselben jäh abstürzenden Granitplatten, die die Spitzen darstellen, dieselben Riesenblöcke in den Rinnsalen und Schluchten, dieselbe Beschaffenheit des Granits mit seinen grubigen Löchern oder gneisartigen abblätternden Außenflächen der Blöcke, dieselben schmalen Gänge von Urtonschiefer, die sich von dem Kamme aus nach unten senken, und wahrscheinlich zur Bildung der wenigen Rinnsale, die der Berg aufzuweisen hat, Veranlassung gaben, boten sich hier meinen Blicken dar, dieselben Schwierigkeiten meinem Emporklimmen, nur dass gegenwärtig Hitze und Durst nicht in dem Maße die Kräfte beeinträchtigten.
Eine Bergtour unter solchen Verhältnissen ist gewiss ein dreimal größeres Stück Arbeit, als unter ähnlichen in Europa, und eine Höhe von 4.000 Fuß erklimmen, heißt daselbst mindestens 10.000 Fuß. In den europäischen Alpen führt der Pfad bis 8.000 Fuß durch Wälder über Wiesen, oder wenigstens auf Gneis- und Gemssteigen aufwärts, weiterhin gewähren Eis und Schnee sicheren Anhalt den Füßen und gleichen die zu jähen Abstürze aus. Hier dagegen heißt es mühsam von dem Fuß bis zur Spitze jede Stufe riesiger Felsblöcke erobern, sich über haushohe Wände zu schwingen oder in engen Spalten zu den jäh abstürzenden Kämmen sich emporarbeiten. Kein Strauch, kein Kraut, nicht einmal Flechten, die die Glätte des Felsens verringern, bieten den Füßen und Händen des Wanderers erwünschte Ruhepunkte. Überall erweisen sich unsere Arme zu kurz, die Füße zu steif. Dazu kommt noch der missliche Umstand, dass in dieser Zone die höheren Granitspitzen von einer dicken Kruste gänzlich verwitterten Gesteins, das sich im Laufe der Zeiten bildete, bedeckt erscheinen, da kein häufiger Regen das Zersetzungsprodukt wegräumt, und nachstürzendes Gestein erst durch den Fall in die Tiefe das lose Gewordene mit sich reißt. Zu allen diesen Hindernissen gesellt sich noch die Glut der Sonne, die diese Massen nicht selten in dem Grade erhitzt, dass die nackte Hand sich vor jeder Berührung mit ihnen scheut, und schließlich die Gewalt des Durstes und die beschleunigte Erschöpfung der Kräfte des in diesen Breiten weniger ausdauernden Europäers.
Mit einer Pflanzenmappe unter dem Arm, einer Wasserflasche an der Seite, brauchte ich 3 volle Stunden, um die etwa 3.000 Fuß hohe Schlucht bis unter die eigentlichen Spitzen des Berges zu erklimmen. Schönes reines Regenwasser fand ich an mehreren Stellen in muldenförmigen Vertiefungen erhalten, und selbst unten am Fuß befindet sich eine natürliche Zisterne, von der die Hirten dieses Tales zehren. Steinböcke klettern nur bis gegen 500 Fuß diese Abstürze hinan, wie ausgetretene Wechsel und Kotballen mir bewiesen. Weiter oberhalb verringert sich auffallend die Vegetation, ohne bedeutende Unterschiede gegen die in den Tiefen darzutun. Die Moringa („lesser“) steht in der Schlucht bis hoch hinauf in üppigen bis 30 Fuß hohen Bäumchen, deren vorjährige Früchte, lange Schoten, noch überall am Boden herumlagen. Auch die Lassaf-Kapper überzieht große Blöcke mit ihren stachligen Dickichten. An vielen Stellen musste ich haushohe senkrechte Abstürze auf Seitenwegen umgehen, mühsam über wild zusammengewürfelte Blöcke kletternd.
Oben angelangt handelte es sich nun darum, einen Pfad zu den aufrecht steil und meist mit glatten Flächen abstürzenden Spitzen ausfindig zu machen, die noch dazu gänzlich verwittert waren. Rechts und links von der höchsten Ecke des Rinnsals zeigten sich mehrere Zacken in der Richtung nach Süden, eine hinter die andere gesetzt und an Höhe zunehmend. Die zwei höchsten auf der Ostseite waren durch eine Scharte getrennt, zu der ich zunächst hinan klomm. Nur wer den Terglou kennt, kann sich eine richtige Vorstellung dieser steilen Wände und scharfen Felsrisse machen, in denen der menschliche Fuß nimmer sich festzusetzen vermag. Von der Scharte aus machte ich einen vergeblichen Versuch, die Ersteigung des östlichen Piks zu ermöglichen, da ich nirgends eine Spalte zum Emporklimmen finden konnte, und ich mich auf die geneigten Platten nicht wagen wollte. Leichteres Fortkommen verhieß mir die gegenüberliegende westliche Spitze, von der eine wild zerklüftete Schlucht zu dem Hauptrinnsal des Berges hinunter führte, und deren oberster Teil einige Spalten darbot. Ich kletterte daher wieder hinunter, und an der gegenüberliegenden Wand hinauf, wo mir die großen Steinblöcke, die starke Neigung und der Mangel kleineren Gerölls große Schwierigkeiten in den Weg legte. Endlich war ich oben, wieder am Fuße eines der eigentlichen Piks angelangt, und stand abermals ratlos vor den