Die Kameliendame. Alexandre Dumas

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Die Kameliendame - Alexandre Dumas

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als er den Brief wieder an sich nahm: »Wer würde je glauben, daß ein ausgehaltenes Mädchen dies geschrieben hat?«

       Tiefbewegt von seinen Erinnerungen starrte er eine Weile auf die Schriftzüge des Briefes und preßte ihn dann an die Lippen. »Wenn ich bedenke, daß sie starb, ohne daß ich sie wiedersah, daß ich sie nie wiedersehen werde! Wenn ich bedenke, daß sie mehr für mich tat, als eine Schwester je für mich tun könnte, dann kann ich mir nicht verzeihen, daß ich sie so sterben ließ. Tot! Gestorben, in Gedanken an mich, mit meinem Namen auf den Lippen! Arme, geliebte Marguerite!« Armand ließ seinen Gedanken und seinen Tränen freien Lauf, reichte mir die Hand und fuhr fort:

       »Man wird mich sehr kindisch finden, weil ich diese Tote so innig beweine. Aber nur, weil man nicht wissen kann, wieviel Leid ich dieser Frau zugefügt habe, wie grausam ich zu ihr war und wie gut und entsagend sie dagegen gewesen ist! Ich glaubte, ihr etwas verzeihen zu müssen. Heute halte ich mich ihrer Verzeihung nicht für würdig. Oh, ich würde zehn Jahre meines Lebens geben, wenn ich eine Stunde zu ihren Füßen weinen dürfte.«

       Es ist immer schwer, jemanden zu trösten, dessen Kummer man nicht kennt. Aber der junge Mann war mir so sympathisch, so freimütig sprach er zu mir von seinem Schmerz, daß ich glaubte, meine Worte könnten ihm nicht gleichgültig sein. Ich sagte deshalb: »Haben Sie keine Eltern, keine Freunde? Fassen Sie Mut, gehen Sie zu ihnen, sie werden Sie trösten, denn ich kann Sie nur bedauern.«

       »Es ist wahr«, sagte er, erhob sich und ging mit großen Schritten in meinem Zimmer auf und ab, »ich langweile Sie. Verzeihen Sie, aber ich bedachte nicht, daß mein Schmerz Ihnen wenig bedeuten muß, daß ich Sie mit Dingen belästige, die Sie nicht interessieren können,«

       »Sie haben mich falsch verstanden. Ich stehe ganz zu Ihrer Verfügung. Ich bedauere nur mein Unvermögen, Ihren Schmerz zu lindern. Wenn meine Gesellschaft und die meiner Freunde Sie zerstreuen kann, wenn Sie mich in irgendeiner Weise brauchen können, so seien Sie überzeugt, daß es mir eine Freude sein wird, Ihnen behilflich zu sein.« »Verzeihen Sie, verzeihen Sie«, antwortete er, »Kummer macht überempfindlich. Lassen Sie mich noch einige Minuten hier verweilen, bis ich meine Tränen getrocknet habe. Die Gassenbuben sollen mich nicht wie ein Wundertier angaffen, mich, den großen Jungen, der geweint hat. Sie haben mich sehr glücklich gemacht, weil Sie mir das Buch überlassen haben. Ich weiß nicht, wie ich mich Ihnen jemals dafür erkenntlich zeigen kann.«

       »Indem Sie mir ein wenig Ihre Freundschaft schenken«, sagte ich zu Armand, »und mir die Ursache Ihres Kummers erzählen. Es ist schon trostreich, wenn man über das, was einen bedrückt, sprechen kann.«

       »Sie haben recht, aber heute würden die Tränen alles ersticken, und ich würde nur Unzusammenhängendes stammeln können. Eines Tages werde ich Ihnen alles erzählen, und Sie werden sehen, wie berechtigt meine Trauer um das arme Mädchen ist.«

       Während er sich die letzten Tränen trocknete und in den Spiegel blickte, fügte er hinzu:

       »Und jetzt sagen Sie mir noch, daß Sie mich nicht zu kindisch finden, und erlauben Sie mir, wiederzukommen.« Traurig und bewegt blickte der junge Mann mich an. Ich hätte ihn gerne umarmt.

       Abermals verschleierten Tränen seine Augen. Er sah, daß ich es bemerkte und wandte sein Gesicht ab. »Nicht doch«, sagte ich, »fassen Sie Mut.« »Adieu«, antwortete er nur.

       Und mit einer heftigen Anstrengung, um nicht erneut in Tränen auszubreiten, rannte er mehr, als er ging, davon. Ich hob den Fenstervorhang und sah, wie er in den Wagen stieg, der ihn vor der Tür erwartete. Aber kaum hatte er Platz genommen, als er von neuem zu weinen begann und sein Gesicht im Taschentuch verbarg.

       V

      Es verging eine geraume Zeit, ohne daß ich von Armand etwas hörte. Dafür war des öfteren von Marguerite die Rede. Ich weiß nicht, ob Sie nicht auch schon die Beobachtung gemacht haben: es genügt, daß der Name eines Menschen, der Ihnen unbekannt, zumindest gleichgültig war, einmal in Ihrer Gegenwart genannt wird, und sogleich erinnern Sie sich an Einzelheiten, die sich nach und nach alle um diesen Namen gruppieren. Und alle Ihre Freunde sprechen plötzlich von einer Angelegenheit, um die sich früher niemand bekümmerte. Dann stellen Sie fest, daß Sie mit diesem Menschen fast in Berührung gekommen waren, daß er einige Male in Ihr Leben getreten ist, ohne daß Sie Notiz von ihm nahmen. Sie finden in den Ereignissen, von denen man Ihnen berichtet, eine Gleichzeitigkeit, eine nahe Beziehung zu Ereignissen Ihres eigenen Lebens. Ganz so war es bei Marguerite und mir nicht gewesen. Ich hatte sie zwar gesehen, war ihr begegnet, wußte, wie sie aussah, und kannte ihre Gewohnheiten. Aber nun war mir ihr Name seit der Versteigerung so häufig zu Ohren gekommen und hing, durch die Ereignisse, die ich im letzten Kapitel berichtet habe, mit einem so aufrichtigen Kummer zusammen, daß meine Verwunderung und meine Neugier wuchsen.

       Wenn mir einer meiner Freunde begegnete, sprach ich jedesmal von Marguerite und fragte nach ihr. »Kannten Sie eine, die Marguerite Gautier hieß?«

       »Die Kameliendame?«

       »Ja, die.«

       »Sehr gut.«

       Dieses »Sehr gut« war häufig von einem bedeutsamen Lächeln begleitet, das keinen Zweifel über seine Ursache offenließ. »Was war das für ein Mädchen?« fragte ich weiter. »Ein liebes, nettes Mädchen.«

       »Sonst nichts?«

       »Mein Gott, ja, mehr Geist und vielleicht auch ein wenig mehr Herz als die anderen.«

       »Wissen Sie nichts Näheres über sie?« »Sie hat den Baron von G... zugrunde gerichtet.« »Weiter wissen Sie nichts?«

       »Sie war die Geliebte des alten Herzogs von ...«

       »War sie wirklich seine Geliebte?«

       »Man sagt so. Auf alle Fälle hat er ihr sehr viel Geld gegeben.«

       Ich erhielt immer die gleichen, wenig besagenden Antworten. Dabei war ich doch neugierig, etwas über die Beziehungen zwischen Marguerite und Armand zu erfahren. Eines Tages begegnete ich einem jungen Mann, der nahe Beziehungen zu den stadtbekannten Weiblichkeiten unterhielt. Auch ihn fragte ich: »Kannten Sie Marguerite Gautier?«

       Ich bekam das gleiche, vielsagende »Sehr gut« zur Antwort. »Was war das für ein Mädchen?«

       »Ein schönes und liebes Mädchen. Ich war sehr bekümmert über ihren Tod.«

       »Hatte sie nicht auch einen Liebhaber, der Armand Duval hieß?«

       »War das so ein großer Blonder?«

       »Ja.«

       »Ja, das stimmt.«

       »Wer war dieser Armand?«

       »Ein junger Mann, der, glaube ich, das wenige, was er besaß, mit ihr geteilt hat. Er mußte sie dann verlassen. Es heißt, er habe darüber beinahe den Verstand verloren.«

       »Und sie?«

       »Man sagte, auch sie habe ihn sehr geliebt. Aber wohl so, wie diese Mädchen eben lieben. Man darf von ihnen nicht mehr verlangen, als sie geben können.«

       »Was ist aus Armand geworden?«

       »Das weiß ich nicht. Wir kannten ihn kaum. Er hat fünf oder sechs Monate mit Marguerite zusammengelebt, aber auf dem Lande. Als sie zurückkam, reiste er ab.«

       »Und

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