Die Fünfundvierzig. Alexandre Dumas

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Die Fünfundvierzig - Alexandre Dumas

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den langen Armen und den langen Beinen wandte, der inzwischen, ohne seine Hand von dem Gesichte zu nehmen, eine Viertelschwenkung gemacht hatte und nun das Tor zum Zielpunkte seiner Aufmerksamkeit wählte.

      »Wie beliebt?« fragte dieser, als ob er ebensowenig den Anruf, der an ihn gerichtet war, wie die vorhergehenden, an den zweiten Bürger gerichteten Worte gehört hätte.

      »Ich sage, es wird heute auf der Grève nichts vorfallen.«

      »Ich glaube, daß Ihr Euch täuscht und daß die Vierteilung von Salcède vorfallen wird,« antwortete ruhig der Mann mit den langen Armen.

      »Ja, allerdings, aber ich sage, es werde keinen Lärm dabei geben.«

      »Es wird den Lärm der Peitschenhiebe geben, die man den Pferden verabreicht.«

      »Ihr begreift mich nicht. Unter Lärm verstehe ich Aufruhr, und ich sage, es werde kein Aufruhr losbrechen. Wenn ein Aufruhr zu erwarten wäre, so würde der König nicht eine Loge im Stadthause haben schmücken lassen, um mit den beiden Königinnen und einem Teile des Hofes der Hinrichtung beizuwohnen.«

      »Wissen die Könige je vorher, wann es zu Meutereien kommt?« sagte mit einer Miene erhabenen Mitleids der Mann mit den langen Armen und den langen Beinen.

      »Oh! oh!« machte Meister Miton, sich an das Ohr des andern Bürgers neigend.» »Das ist ein Mensch, der in einem seltsamen Tone spricht. Kennt Ihr ihn, Gevatter?« – »Nein,« antwortete der Kleine. »Nun, warum redet Ihr dann mit ihm?« – »Ich rede mit ihm, um mit ihm zu reden.«

      »Und Ihr habt unrecht; Ihr seht wohl, daß er nicht gesprächiger Natur ist.« – »Mir scheint jedoch,« versetzte der Gevatter Friard laut genug, um von dem Mann mit den langen Armen gehört zu werden, »daß es das größte Glück des Lebens ist, seine Gedanken auszutauschen.«

      »Mit denen, die man sehr gut kennt, aber nicht mit denen, die man nicht kennt.« – »Sind nicht alle Menschen Brüder, wie der Pfarrer von Saint-Leu sagt?«

      »Was heißt, sie waren es ursprünglich; doch in Zeiten wie die unsrigen hat sich die Verwandtschaft merkwürdig gelockert, Gevatter Friard. Schwatzt also mit mir, wenn Ihr durchaus schwatzen wollt, und überlaßt diesen Fremden seinen Gedanken.«– »Euch kenne ich seit langer Zeit, wie Ihr sagt, und weiß zum voraus, was Ihr mir antworten werdet, während mir dieser Unbekannte dagegen vielleicht etwas Neues zu sagen hätte.«

      »St! er horcht auf Euch.« – »Desto besser; wenn er auf uns horcht, so wird er mir vielleicht antworten. Ihr denkt also, es werde auf der Grève Lärm geben?« fuhr er, sich an den Unbekannten wendend, fort. – »Ich habe kein Wort davon gesagt.«

      »Ich behaupte nicht, daß Ihr es gesagt habt,« versetzte Friard mit einem Tone, den er fein zu machen suchte, »ich behaupte nur, daß Ihr das denkt.« – »Und worauf gründet Ihr diese Gewißheit? Solltet Ihr ein Zauberer sein, Herr Friard?«

      »Halt! er kennt mich,« rief der Bürger, im höchsten Maße erstaunt, »und woher kennt er mich?« – »Habe ich Euch nicht zwei- oder dreimal genannt, Gevatter?« sagte Miton, die Achseln zuckend, wie ein Mensch, der sich vor einem Fremden des geringen Verstandes seines Gefährten schämt.

      »Ah! es ist wahr,« sagte Friard, der sich anstrengte, um zu begreifen, und infolge dieser Anstrengung auch wirklich begriff; »bei meinem Wort, es ist wahr. Nun! da er mich kennt, wird er mir wohl antworten. Nun! mein Herr,« fuhr er fort, indem er sich wieder an den Unbekannten wandte, »ich denke, Ihr denkt, es werde auf der Grève Lärm geben, da Ihr, wenn Ihr es nicht dächtet, dort wäret, indes Ihr hier seid ... ha...«

      Dieses »ha« bewies, daß der Gevatter Friard in seiner Folgerung die äußersten Grenzen seiner Logik und seines Geistes erreicht hatte.

      »Aber Ihr, Herr Friard, der Ihr das Gegenteil von dem denkt, was Ihr denkt, daß ich denke,« erwiderte der Unbekannte, »warum seid Ihr nicht auf der Grève? Mir scheint doch, das Schauspiel ist ergötzlich genug, daß sich die Freunde des Königs dort drängen. Ihr werdet mir vielleicht antworten, Ihr gehörtet nicht zu den Freunden des Königs, sondern zu denen des Herrn von Guise, und Ihr erwartetet hier die Lothringer, die, wie man sagt, in Paris einfallen sollen, um Herrn von Salcède zu befreien.«

      »Nein, mein Herr,« antwortete rasch der Dicke, sichtbar erschrocken über die Voraussetzung des Unbekannten; »nein, mein Herr, ich erwarte meine Frau, Nicole Friard, die vierundzwanzig Tischtücher in die Priorei der Jakobiner getragen hat, da sie sich der Ehre erfreut, die Privatwäscherin von Dom Modeste Gorenflot, dem Abte der genannten Priorei der Jakobiner, zu sein...«

      »Gevatter, Gevatter,« rief Miton, »schaut doch, was vorgeht.«

      Meister Friard folgte der durch den Finger seines Gefährten angegebenen Richtung und sah, daß man außer den Schlagbäumen auch noch das Tor schloß, worauf sich ein Teil der Schweizer vor dem Graben aufstellte.

      Beim Anblick dieser neuen Maßregel erhob sich ein langes Gemurmel des Erstaunens und hin und wieder ein Schrei des Schreckens aus der sich drängenden Menge.

      »Laßt den Kreis bilden!« rief die gebieterische Stimme eines Offiziers. Dies wurde auf der Stelle ausgeführt, doch nicht ohne Schwierigkeit; genötigt, zurückzuweichen, zerquetschten die Leute zu Pferde und die auf den Karren da und dort einigen die Füße, oder sie drückten rechts und links ein paar Rippen ein. Die Weiber schrien, die Männer fluchten, die fliehen konnten, flohen, einander über den Haufen werfend.

      »Die Lothringer! die Lothringer!« rief eine Stimme mitten unter diesem Getümmel, und der furchtbarste Schrei, aus dem Wörterbuch der Angst entlehnt, hätte keine raschere und entschiedenere Wirkung hervorbringen können, als dieser Ruf.

      »Nun! seht Ihr? seht Ihr?« rief Miton zitternd, »die Lothringer, die Lothringer, fliehen wir!« – »Fliehen, und wohin?«

      »In dieses Gehege,« erwiderte Miton, der sich die Hände zerriß, indem er die Dornen der Hecke faßte, auf der der Unbekannte ganz bequem saß.

      »In dieses Gehege,« rief Friard, »das ist leichter gesagt als getan. Ich sehe kein Loch, durch das man hinein gelangen könnte; und Ihr werdet doch wohl nicht über die Hecke setzen wollen, die höher ist, als ich.«

      »Ich werde mich bemühen,« erwiderte Miton unter neuen Anstrengungen.

      »Ah! nehmt Euch doch in acht, meine gute Frau,« rief Friard in dem schmerzlichen Tone eines Menschen, der den Kopf zu verlieren anfängt, »Euer Esel tritt mir auf die Fersen. Uff! Herr Reiter, paßt doch auf. Euer Pferd schlägt aus. Ho! ho! Kärrner, mein Freund, Ihr rennt mir die Gabel Eures Karrens in die Seite!«

      Während sich Meister Miton an die Zweige des Hages anklammerte, um darüber zu kommen, und der Gevatter Friard vergebens ein Loch suchte, um durchzuschlüpfen, stand der Unbekannte auf, öffnete ganz einfach den Zirkel seiner langen Beine und stieg mit einer Bewegung, ähnlich der eines Reiters, der sich in den Sattel setzt, über die Hecke, ohne daß ein Zweig seine Hosen streifte.

      Meister Miton ahmte ihm, die seinigen an drei Stellen zerreißend, nach, aber nicht so ging es beim Gevatter Friard, der weder darüber noch unten durchkommen konnte und, immer mehr bedroht, von der Menge erdrückt zu werden, ein herzzerreißendes Geschrei ausstieß. Da streckte der Unbekannte seinen langen Arm aus, packte ihn zugleich bei seiner Halskrause und beim Kragen seines Wamses, hob ihn auf und setzte ihn auf die andere Seite der Hecke mit einer Leichtigkeit, als ob er es mit einem Kinde zu tun gehabt hätte.

      »Oh! oh! oh!« rief Meister

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