Gar greuliche Thaten. Erik Schreiber

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Gar greuliche Thaten - Erik Schreiber

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gingen an mir vorüber und schlugen wie schneidende Messer in meine Brust. Zwischen einem Leben voll rastloser Todesfurcht und einer gewaltsamen Entleibung war mir jetzt eine schreckliche Wahl gelassen, und ich mußte wählen. Ich hatte das Herz nicht, durch Selbstmord aus der Welt zu gehen, und entsetzte mich vor der Aussicht, darin zu bleiben. Geklemmt zwischen die gewissen Qualen des Lebens und die ungewissen Schrecken der Ewigkeit, gleich unfähig zu leben und zu sterben, brachte ich die sechste Stunde meiner Flucht dahin, eine Stunde, vollgepreßt von Qualen, wovon noch kein lebendiger Mensch zu erzählen weiß.

      In mich gekehrt und langsam, ohne mein Wissen den Hut tief ins Gesichte gedrückt, als ob mich dies vor dem Auge der leblosen Natur hätte unkenntlich machen können, hatte ich unvermerkt einen schmalen Fußsteig verfolgt, der mich durch das dunkelste Dickicht führte – als plötzlich eine rauhe befehlende Stimme vor mir her: „Halt!“ rufte. Die Stimme war ganz nahe, meine Zerstreuung und der heruntergedrückte Hut hatten mich verhindert, um mich herum zu schauen. Ich schlug die Augen auf und sah einen wilden Mann auf mich zukommen, der eine große knotigte Keule trug. Seine Figur ging ins Riesenmäßige – meine erste Bestürzung wenigstens hatte mich dies glauben gemacht – und die Farbe seine Haut war von einer gelben Mulattenschwärze, woraus das Weiße eines schielenden Auges bis zum Grausen hervortrat. Er hatte statt eines Gurts ein dickes Seil zwiefach um einen grünen wollenen Rock geschlagen, worin ein breites Schlachtmesser bei einer Pistole stak. Der Ruf wurde wiederholt, und ein kräftiger Arm hielt mich fest. Der Laut eines Menschen hatte mich in Schrecken gejagt, aber der Anblick eines Bösewichts gab mir Herz. In der Lage, worin ich jetzt war, hatte ich Ursache, vor jedem redlichen Mann, aber keine mehr, vor einem Räuber zu zittern.

      „Wer da?“ sagte diese Erscheinung.

      „Deinesgleichen,“ war meine Antwort, „wenn du der wirklich bist, dem du gleich siehst!“

      „Dahinaus geht der Weg nicht. Was hast du hier zu suchen?“

      „Was hast du hier zu fragen?“ versetzte ich trotzig.

      Der Mann betrachtete mich zweimal vom Fuß bis zum Wirbel. Es schien, als ob er meine Figur gegen die seinige und meine Antwort gegen meine Figur halten wollte – „Du sprichst brutal wie ein Bettler,“ sagte er endlich.

      „Das mag sein. Ich bin’s noch gestern gewesen.

      Der Mann lachte. „Man sollte darauf schwören,“ rief er, „du wolltest auch noch jetzt für nichts Bessers gelten.“

      „Für etwas Schlechteres also“ – Ich wollte weiter.

      „Sachte Freund! Was jagt dich denn so? Was hast du für Zeit zu verlieren?“

      „Ich besann mich einen Augenblick. Ich weiß nicht, wie mir das Wort auf die Zunge kam: „Das Leben ist kurz“, sagte ich langsam, „und die Hölle währt ewig.“

      Er sah mich stier an. „Ich will verdammt sein“, sagte er endlich, „oder du bist irgend an einem Galgen hart vorbeigestreift.“

      „Das mag wohl noch kommen. Also auf Wiedersehen, Kamerad!“

      „Topp, Kamerade!“ – schrie er, indem er eine zinnerne Flasche aus seiner Jagdtasche hervorlangte, einen kräftigen Schluck daraus tat und mir sie reichte. Flucht und Beängstigung hatten meine Kräfte aufgezehrt, und diesen ganzen entsetzlichen Tag war noch nichts über meine Lippen gekommen. Schon fürchtete ich, in dieser Waldgegend zu verschmachten, wo auf drei Meilen in der Runde kein Labsal für mich zu hoffen war. Man urteile, wie froh ich auf diese angebotne Gesundheit Bescheid tat. Neue Kraft floß mit diesem Erquicktrunk in meine Gebeine und frischer Mut in mein Herz, und Hoffnung und Liebe zum Leben. Ich fing an, zu glauben, dass ich doch wohl nicht ganz elend wäre; so viel konnte dieser willkommene Trank. Ja, ich bekenne es, mein Zustand grenzte wieder an einen glücklichen, denn endlich, nach tausend fehlgeschlagenen Hoffnungen, hatte ich eine Kreatur gefunden, die mir ähnlich schien. In dem Zustande, worein ich versunken war, hätte ich mit dem höllischen Geiste Kameradschaft getrunken, um einen Vertrauten zu haben.

      Der Mann hatte sich aufs Gras hingestreckt, ich tat ein gleiches.

      „Dein Trunk hat mir wohlgetan!“ sagte ich. „Wir müssen bekannter werden.“

      „Er schlug Feuer, seine Pfeife zu zünden.

      „Treibst du das Handwerk schon lange?“

      Er sah mich fest an. „Was willst du damit sagen?“

      „War das schon oft blutig?“ Ich zog das Messer aus seinem Gürtel.

      „Wer bist du?“ sagte er schrecklich und legte die Pfeife von sich.

      „Ein Mörder wie du – aber nur erst ein Anfänger.“

      Der Mensch sah mich steif an und nahm seine Pfeife wieder.

      „Du bist nicht hier zu Hause?“ sagte er endlich.

      „Drei Meilen von hier. Der Sonnenwirt in L…, wenn du von mir gehöret hast.“

      „Der Mann sprang auf wie ein Beseßner. „Der Wildschütze Wolf?“ schrie er hastig.

      „Der nämliche.“

      „Willkommen, Kamerad! Willkommen!“ rief er und schüttelte mir kräftig die Hände. „Das ist brav, dass ich dich endlich habe, Sonnenwirt. Jahr und Tag schon sinn’ ich darauf, dich zu kriegen. Ich kenne dich recht gut. Ich weiß um alles. Ich habe lange auf dich gerechnet.“

      „Auf mich gerechnet? Wozu denn?“

      „Die ganze Gegend ist voll von dir. Du hast Feinde, ein Amtmann hat dich gedrückt, Wolf. Man hat dich zu Grund gerichtet, himmelschreiend ist man mit dir umgegangen.“

      Der Mann wurde hitzig – „Weil du ein paar Schweine geschossen hast, die der Fürst auf unsern Äckern und Feldern füttert, haben sie dich Jahre lang im Zuchthaus und auf der Festung herumgezogen, haben sie dich um Haus und Wirtschaft bestohlen, haben sie dich zum Bettler gemacht. Ist es dahin gekommen, Bruder, dass der Mensch nicht mehr gelten soll als ein Hase? Sind wir nicht besser als das Vieh auf dem Felde? – Und ein Kerl wie du konnte das dulden?“

      „Konnt’ ich’s ändern?“

      „Das werden wir ja wohl sehen. Aber sage mir doch, woher kömmst du denn jetzt, und was führst du im Schilde?“

      Ich erzählte ihm meine ganze Geschichte. Der Mann, ohne abzuwarten, bis ich zu Ende war, sprang mit froher Ungeduld auf, und mich zog er nach. „Komm, Bruder Sonnenwirt“, sagte er, „jetzt bist du reif, jetzt hab’ ich dich, wo ich dich brauchte. Ich werde Ehre mit dir einlegen. Folge mir.“

      „Wo willst du mich hinführen?“

      „Frage nicht lange. Folge!“ – Er schleppte mich mit Gewalt fort.

      Wir waren eine kleine Viertelmeile gegangen. Der Wald wurde immer abschüssiger, unwegsamer und wilder, keiner von uns sprach ein Wort, bis mich endlich die Pfeife meines Führers aus meinen Betrachtungen aufschreckte. Ich schlug die Augen auf, wir standen am schroffen Absturz eines Felsen, der sich in eine tiefe Kluft hinunterbückte. Eine zwote Pfeife antwortete aus dem innersten Bauche des Felsen, und eine Leiter kam, wie von sich selbst, langsam aus der Tiefe gestiegen. Mein Führer kletterte zuerst hinunter, mich hieß er warten, bis er wiederkäme. „Erst muß ich den Hund an Ketten legen lassen“, setzte er hinzu, „du bist hier fremd, die Bestie

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