Männerphantasien - Fotomanien. Yupag Chinasky

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dass sie nur fiktiv waren. Auch seine Fotos, die sowohl eine glückliche, zufriedene Frau und ein vergnügtes Kind auf dem Spielplatz als auch detaillierte Körperpartien ohne jegliche Verletzungen oder Spuren von Gewalt zeigten, waren ohne Beweiskraft. Irgendwann im Laufe des Nachmittags, so würde das Biest aussagen, habe sich ihre Beziehung grundlegend verändert. Ganz plötzlich habe er sich auf sie gestürzt und ihr Gewalt angetan. Ja, sie gebe zu, dass sie ihn durch ihre Nacktheit und ihre gespielte Geilheit erregt habe, aber dieses Spiel habe er ja gewollt. Den Zeitpunkt, an dem die harmlose Aktfotografie in eine brutale Vergewaltigung umschlug, würde man sogar exakt an Hand der exif-Daten der digitalen Bilddateien ermitteln können. Denn ab diesem Zeitpunkt gab es nur noch Bilder, die von Gewalt zeugten, mit Wunden und Verletzungen. Bilder, auf denen sich statt Freude und Vergnügen nur noch Angst und Wut und Scham im Gesicht der Frau spiegelten. Es gab kein Bild, in dem der Schminkvorgang dokumentiert war, kein Bild, auf dem die scheinbar misshandelte Frau beim Abschied ihren angeblichen Peiniger anlächelte, kein Bild mit einem freundlich winkenden Kind im Hochstuhl. Hätte er doch wenigsten noch ein harmloses Abschiedsbild gemacht. Dafür dieser verdammte, auffallende Rucksack auf dem Fußboden, den nicht nur seine Frau kannte, auch die Fotofreunde, die ihn deswegen schon geutzt hatten, wenn er ihn auf den gemeinsamen Fototouren dabei hatte. Das Ding einfach wegwerfen, war also auch keine Lösung.

      Je mehr er sich ärgerte und sich in seine Ängste hineinsteigerte, umso weiter entfernt war er von einer Lösung. Er zerbrach sich den Kopf, was er tun sollte, um ungeschoren aus der verfahrenen Sache herauszukom­men. Keine Polizei, das war klar. Das Ganze zu ignorieren und nichts zu bezahlen war aber auch riskant. Die Tussi würde mit Sicherheit aus Rache eine Anzeige wegen Vergewaltigung erstatten und als Beweis seine eigenen Bilder vorlegen. „Ich weiß, ich hätte gleich kommen müssen, aber ich konnte nicht. Ich habe mich so geschämt. Ich war so geschockt. Ich musste die Schande erst mal verarbeiten. Aber jetzt will ich, dass dieser Mistkerl bestraft wird, dass er eingelocht wird.“ So oder ähnlich würde sie jammern. Doch je mehr er nachdachte, umso weniger wollte er glauben, dass dieser Plan von der Frau allein ausgeheckt worden war. Nein, so sehr konnte er sich in ihr nicht getäuscht haben. Es konnte nur so gewesen sein, dass ihr Freund, dieser Fiesling, die Finger im Spiel hatte. Er war es, der die Sachlage auszuschlachten versuchte. Er war mit Sicherheit die treibende Kraft, weil er eine einmalige Chance sah, an Geld zu kommen, an viel Geld. Wer einmal zahlt, muss immer zahlen. Erpressungen hören nie auf, das weiß man doch aus den Krimis, das kriegt man doch in all den Fernsehserien mit.

      Mitten in der schlaflosen Nacht kam ihm sogar eine ganz abstruse Idee. Er würde am frühen Nachmittag zum Spielplatz fahren, sein Auto, das die Frau ja nicht kannte, am Ausgang parken, sich mit Schal und Mütze vermummen und in den dichten Büschen verstecken. Wenn die Frau dann mit dem Kinderwagen käme, würde er hervor stürzen, sich das Mädchen schnappen, zu seinem Auto rennen und davon brausen. Er würde Gleiches mit Gleichem vergelten, Erpressung mit Entführung, Geldforderung mit Aufhörforderung. Er würde dem Kind natürlich nichts antun, es nur eine Weile bei sich behalten, bis die verzweifelte Mutter bereit wäre, die Erpressung zu unterlassen. Doch noch ehe er richtig zu Ende gedacht hatte, wurde er wieder vernünftig und sein Kopf wieder klar. „Entführung, das ist doch genau so ein Kapitalverbrechen wie Vergewaltigung, Mann! Lass den Unsinn, sonst bis du nur noch tiefer in der Scheiße.“ Die Nacht war vorbei und er lag immer noch ratlos im Bett.

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